Pelagia und der schwarze Moench
hin und wieder ein unruhiger Schatten vorbei.
Polina Andrejewna umrundete das Cottage, um von der gegenüberliegenden Seite aus hineinzuspähen.
Sie warf einen Blick hinein.
Konon Petrowitsch lief hastig an der Wand entlang und malte Mondflecke, die die Erde sprenkelten, auf das › Abend‹-Bild. Das Gemälde war nunmehr vollendet, und in seiner Vollendung stand es dem Zauber des echten Abends in nichts nach, ja, es übertraf diesen vielleicht sogar. Doch Frau Lissizyna interessierte lediglich der Teil der Leinwand, wo der Künstler die längliche schwarze Silhouette auf Spinnenbeinen gemalt hatte. Poli-na Andrejewna blickte sie lange an, als versuche sie, eine knifflige Rätselaufgabe zu lösen.
Dann steckte Jessichin den Pinsel in seinen Gürtel und kletterte auf eine Stehleiter, die mitten im Raum aufgebaut war. Die Beobachterin presste Wange und Nase gegen die Scheibe, um zu erkennen, was der Künstler da oben machen würde.
Konon Petrowitsch ging nach der Vollendung des › Abends‹ sogleich daran, die › Nacht‹ zu Ende zu malen, ohne sich die kleinste Atempause zu gönnen.
Die Lissizyna schüttelte den Kopf und gab die Beobachtung auf.
Der nächste Punkt auf ihrer Route war das Cottage Nummer sieben, nebenan, wo der Physiker Ljampe mit seinem Gast wohnte.
Auch hier schlief man noch nicht. In allen Fenstern im Erdgeschoss brannte Licht. Polina Andrejewna erinnerte sich: Das Schlafzimmer lag links vom Eingang, das Laboratorium rechts. Matwej Benzionowitsch befand sich wahrscheinlich im Schlafzimmer.
Sie hielt sich mit den Händen am Fensterbrett fest, stemmte den Fuß gegen einen Mauervorsprung und spähte hinein.
Sie sah zwei Betten. Das eine war zugedeckt und leer. Neben dem anderen brannte eine Lampe, in den hoch aufgetürmten Kissen befand sich ein Mann in halb sitzender, halb liegender Lage, der seinen Kopf nervös bald nach links, bald nach rechts drehte. Berditschewski!
Die Kundschafterin reckte den Hals, um zu sehen, ob Ljampe im Zimmer war, und dabei streifte der Verschluss ihrer Kapuze mit einem leichten Klirren die Fensterscheibe; es war kaum zu hören, doch Matwej Benzionowitsch zuckte zusammen und wandte sich zum Fenster. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schreck. Der stellvertretende Staatsanwalt machte eine krampfhafte Bewegung mit dem Unterkiefer, als wolle er einen Schrei ausstoßen, doch dann rollte er mit den Augen und ließ bewusstlos den Kopf aufs Kissen sinken.
Ach, wie dumm! Polina Andrejewna schrie vor Ärger auf. Als der unglückliche Kranke im Fenster die schwarze Silhouette mit der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze erblickte, musste er natürlich annehmen, ihm sei erneut Wassilisk erschienen. Sie musste Matwej Benzionowitsch diesen Irrtum erklären, selbst wenn es ein Risiko war.
Sie versuchte nicht weiter, sich zu verbergen, sondern presste das Gesicht gegen die Scheibe, überzeugte sich davon, dass der Physiker nicht im Schlafzimmer war, und schritt zur Tat.
Das Fenster war natürlich verriegelt, doch für die Turnlehrerein war das angelehnte Lüftungsfensterchen völlig ausreichend.
Die Lissizyna ließ den Mantel zu Boden fallen, da er ihre Bewegungsfreiheit einengte, und vollbrachte ein wahres Wunder an Gelenkigkeit, als sie sich blitzschnell durch die schmale Öffnung wand. Sie stützte sich mit den Fingern auf der Fensterbank ab, vollführte einen bemerkenswerten Purzelbaum in der Luft (wobei ihr Rock sich zu einer unziemlichen Glockenform aufblähte, aber es gab ja keine Zeugen) und landete geschickt auf dem Boden. Sie machte nur sehr wenig Lärm. Polina Andrejewna wartete, ob nicht im Korridor Schritte erklangen, doch nein, es war alles gut gegangen. Der Physiker war wohl zu sehr abgelenkt von seinen merkwürdigen Experimenten.
Sie zog einen Stuhl ans Bett und strich dem Kranken behutsam über die eingefallenen Wangen, die gelbliche Stirn und die gequält zusammengekniffenen Lider. Sie befeuchtete ein Tuch mit Wasser aus einem Glas, das auf dem Nachttisch stand, und rieb dem Kranken die Schläfen ab. Seine Wimpern zuckten.
»Matwej Benzionowitsch, ich bin es, Pelagia«, flüsterte sie, dicht an sein Ohr geneigt.
Er schlug die Augen auf, erblickte das sommersprossige Gesicht mit den besorgt aufgerissenen Augen und lächelte.
»Schwester . . . Was für ein schöner Traum . . . Ist der Bischof auch hier?«
Berditschewski drehte den Kopf, offenbar in der Hoffnung, auch Vater Mitrofani zu sehen. Als er ihn nicht entdeckte, klagte er missmutig;
»Wenn ich nicht
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