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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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um die frühere Rivalität oder dumme alte Rechnungen. Polina Andrejewna zerriss es das Herz vor Mitleid.
    »Hier, sieh mal, was ich dir mitgebracht habe«, sagte sie freundlich, wie zu einem kleinen Jungen; aus ihrem Handarbeitsbeutel, den sie um den Hals hängen hatte, holte sie die Tartelettes, Canapés und Pastetchen hervor, die sie während des Essens geschickt von ihrem Teller hatte mitgehen lassen. Doktor Korowins Besucherin hatte also doch keinen so gewaltigen Appetit.
    Der entblößte Faun sog gierig den Geruch ein und sprang herunter. Er konnte das Gleichgewicht nicht halten, schwankte und fiel hin.
    Er ist ja ganz schwach, seufzte Polina Andrejewna, und sie fasste den Jungen um die Schultern.
    »So, nun iss!«
    Sie musste Alexej Stepanowitsch nicht lange bitten. Gierig packte er zwei Pastetchen auf einmal und stopfte sie sich in den Mund. Er hatte sie noch nicht hinuntergeschluckt, als er die Hand wieder ausstreckte.
    Noch eine Woche, höchstens zwei, und er stirbt, erinnerte die Lissizyna sich an die Worte des Arztes, und sie biss sich auf die Lippen, um nicht in Tränen auszubrechen.
    Und was nützte es nun, dass sie ihre Findigkeit unter Beweis gestellt und sich hierher durchgeschlagen hatte? Wie konnte sie ihm helfen? Denn es war offensichtlich, dass Lentotschkin sie bei ihren Nachforschungen nicht würde unterstützen können.
    »Gedulden Sie sich, mein armer Junge«, sagte sie und strich über seine wirren Haare. »Wenn es sich um Ränke des Teufels handelt, ist Gott stärker. Wenn es sich aber um Intrigen böser Menschen handelt, dann werde ich sie aufdecken. Ich werde Sie ganz bestimmt retten. Ich verspreche es!«
    Der Sinn der Worte war dem Verrückten wohl kaum begreiflich, aber der sanfte, freundliche Ton fand einen Widerhall in seiner verirrten Seele. Aljoscha schmiegte den Kopf an die Brust seiner Trösterin und fragte leise:
    »Kommst du auch wieder? Bitte komm. Sonst holt er mich bald. Kommst du wieder?«
    Polina Andrejewna nickte schweigend. Sprechen konnte sie nicht, die mit letzter Kraft zurückgehaltenen Tränen stiegen ihr die Kehle hoch.
    Erst als sie das Palmenhaus verlassen hatte und ein wenig in das Wäldchen hineinging, ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Sie setzte sich direkt auf den Boden und weinte um sie alle: um den unglücklichen Lentotschkin, um den apathischen, niedergeschlagenen Matwej Benzionowitsch, um Lagrange, der sich umgebracht hatte, und um das überanstrengte, kranke Herz von Bischof Mitrofani. Sie weinte lange, eine halbe Stunde, oder vielleicht auch eine Stunde, aber sie konnte sich noch immer nicht beruhigen.
    Der Mond stand schon hoch am Himmelsgewölbe, irgendwo im Wald schrie ein Uhu, in den Fenstern der Cottages erloschen die Lichter, eines nach dem anderen, aber die verkleidete Nonne vergoss noch immer ihre Tränen.
    Der unbekannte, aber schreckliche Gegner war ein schlauer Bursche, und jeder Schlag zog einen entsetzlichen, nicht wieder gutzumachenden Verlust nach sich. Das tapfere Heer des Sawolshsker Bischofs – Verteidiger des Guten, Jäger des Bösen – war geschlagen, und der Heerführer selbst lag von einer schweren, vielleicht tödlichen Krankheit ans Bett gefesselt darnieder. Von Mitrofanis ganzem Kriegsvolk war nur sie, eine schwache, schutzlose Frau, noch unversehrt. Die ganze Last der Verantwortung lag nun auf ihren Schultern, und sie konnte nicht den Rückzug antreten.
    Dieser erschreckende Gedanke ließ ihre Tränen nicht noch heftiger fließen, wie es eigentlich hätte sein müssen, sondern paradoxerweise versiegen. Frau Lissizyna steckte das feuchte Taschentuch ein, erhob sich und ging durch das Buschwerk weiter.
    Nachts in der Wohnstätte des Leidens
    Es war jetzt leichter, sich auf dem Klinikgelände zu bewegen: Polina Andrejewna hatte bereits eine bessere Vorstellung von seiner Geografie, und der Mond stand hell leuchtend hoch am Himmel. Die Kriegerin wunderte sich flüchtig über das milde Klima, das der Insel selbst im November so klare, laue Nächte bescherte, und begab sich frischen Mutes zunächst zum Haus des Klinikherrn.
    Doch die Fenster in der weißen, mit einer Kolonnade geschmückten Villa waren dunkel, der Doktor schlief schon. Die Lissizyna stand eine Weile davor und lauschte, hörte aber nichts Besonderes und ging weiter.
    Nun führte sie ihr Weg zum Cottage Nummer drei, zu der Behausung des verrückten Künstlers.
    Jessichin schlief nicht: Sein Haus war erleuchtet, und hinter dem hellen Rechteck eines Fensters huschte

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