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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.«
    Uns aber scheint, es lag außer diesem löblichen Bemühen um die Rettung einer menschlichen Seele auch noch ein psychologischer Grund vor, über den der Bischof sich wohl eher keine Rechenschaft ablegte. Mitrofani war aufgrund seines Mönchsstands die süße Bürde der Vaterschaft verwehrt, aber die entsprechenden Emotionen des Herzens hatte er noch nicht vollständig ausgelebt, und während Pelagia bei ihm bis zu einem gewissen Grade die Stelle einer Tochter einnahm, war der Platz eines Sohnes vor dem Auftauchen von Alexej Stepanowitsch nicht besetzt gewesen. Der scharfsinnige Matwej Benzionowitsch, selbst erfahrener Vater zahlreicher Kinder, war der Erste, der Schwester Pelagias Aufmerksamkeit auf diesen möglichen Grund für die ungewöhnliche Zuneigung des Bischofs zu dem vorwitzigen Jüngling lenkte, und bewies, auch wenn er im Grunde seines Herzens natürlich gekränkt war, genügend Ironie, um zu scherzen: »Seine Eminenz hätte vielleicht auch mich gerne als Sohn genommen, doch dann hätte er obendrein ein Dutzend Enkelkinder adoptieren müssen, und zu einer solchen Heldentat wird sich kaum jemand bereit finden.«
    Wenn sie beieinander waren, erinnerten Mitrofani und Aljoscha (man möge uns diesen respektlosen Vergleich verzeihen) mehr an einen großen alten Hund und sein mutwilliges Junges, das herumtollt und bald den Vater am Ohr zerrt, bald auf ihm herumklettert, bald ihn mit seinen winzigen Zähnchen in die Nase beißt; eine Zeit lang erträgt der Alte diese Neckerei mit Ergebenheit, aber wenn das Hündchen sich zu ungebärdig aufführt, bellt er es leicht an, oder er drückt es mit seiner mächtigen Pfote zu Boden – aber sachte, um es nicht zu verletzen.
    ***
    Am Tag nach der denkwürdigen Teestunde musste der Bischof in einer unaufschiebbaren Angelegenheit zu einer weit entfernten Diözese fahren, doch er vergaß seinen Entschluss nicht und rief gleich nach seiner Rückkehr Alexej Stepanowitsch zu sich, nachdem er noch zuvor nach Berditschewski und Pelagia geschickt hatte, um ihnen – nun schon ohne jedes Paradox – seine Gründe darzulegen.
    »Die Entscheidung, ausgerechnet Lentotschkin zu schicken, hat einen zweifachen Grund«, erläuterte der Bischof seinen Ratgebern. »Zum einen ist es für die ganze Sache besser, wenn sich jemand mit diesen Chimären auseinander setzt, der nicht zum Mystizismus neigt« (bei diesen Worten warf der Bischof einen Seitenblick auf seine geistliche Tochter), »sondern der ein Mensch von möglichst skeptischer, ja materialistischer Weltanschauung ist. Seinem Charakter nach neigt Alexej Stepanowitsch dazu, jedem unerklärlichen Phänomen auf den Grund zu gehen und nichts auf Treu und Glauben anzunehmen. Er ist klug, erfindungsreich und unverfroren obendrein, was sich im gegebenen Fall als sehr angebracht erweisen kann. Und zum anderen«, Mitrofani hob den Finger, »nehme ich an, dass auch für den Entsandten selbst diese Mission nicht ohne Nutzen sein wird. Mag er nur sehen, dass es Menschen gibt – und zwar viele denen das Geistige teurer ist als das Fleischliche. Mag er die reine Luft des heiligen Klosters atmen. Dort in Ararat, so habe ich gehört, ist die Luft eine ganz besondere: Die Brust fängt vor Begeisterung an zu klingen, als atme man alles Übel aus und paradiesische Ambrosia ein.«
    Der Bischof schlug die Augen nieder und fügte leise, fast unwillig hinzu:
    »Er ist ein lebhafter, wissbegieriger Junge, aber ihm fehlt der Angelpunkt, den einem Menschen allein der Glaube gibt. Wer ärmer an Verstand und schwächer an Gefühl ist, der kann wohl auch so auskommen – er wird irgendwie überleben, aber Aljoscha ist ohne Gott dem Untergang geweiht.«
    Berditschewski und Pelagia warfen sich verstohlen einen Blick zu, und aus einem plötzlichen schweigenden Einverständnis heraus widersprachen sie dem Bischof nicht – das wäre respektlos und auch grausam gewesen.
    Bald erschien auch Alexej Stepanowitsch, der nicht ahnte, welche weit reichenden Pläne der Bischof mit ihm hatte.
    Lentotschkin begrüßte die Anwesenden, schüttelte seine kastanienbraunen Locken, die ihm beinahe bis zur Schulter reichten, und erkundigte sich fröhlich:
    »Warum haben Sie denn Ihre gesamte Inquisition zusammengerufen, Torquemada? Welche Folter haben Sie sich für den Häretiker ausgedacht?«
    Der junge Mann hatte, wie gesagt, einen überaus scharfen Verstand und begriff sogleich, dass

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