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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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diese Versammlung nicht von ungefähr zustande gekommen war, so wie er auch den besonderen Ausdruck auf den Gesichtern der Anwesenden bemerkte. Und was »Torquemada« betrifft, so handelte es sich dabei um einen Scherz von Alexej Stepanowitsch, der Vater Mitrofani gerne mit dem Namen irgendwelcher historischer Personen von geistlichem Stand belegte: Bald nannte er ihn Kardinal Richelieu, bald Protopop Awwakum oder sonst wie, je nach dem Verlauf des Gesprächs und der Stimmung des Bischofs, bei dem man in der Tat bisweilen den staatsmännischen Verstand des französischen Duc, die ungestüme Leidenschaft des altgläubigen Märtyrers und wohl auch die Furcht gebietende Strenge des kastilischen Großinquisitors entdecken konnte.
    Mitrofani lächelte nicht über den Scherz, sondern berichtete mit absichtlich dürren Worten über die beunruhigenden Vorkommnisse in Neu-Ararat und erläuterte dem jungen Mann ohne überflüssige Worte den Sinn des Auftrags, um mit der folgenden Bemerkung zu schließen:
    »Ein Konsistorialauditor führt laut Dienstvorschrift nicht nur die Buchhaltung, sondern beschäftigt sich auch mit sonstigen Angelegenheiten der Eparchie, die einer besonderen Überprüfung bedürfen. Also fahr hin und überprüfe das. Ich verlasse mich auf dich.«
    Alexej Stepanowitsch hörte sich die Geschichte von dem schwarzen Mönch, der über das Wasser wandelt, zunächst mit ungläubigem Staunen an, als fürchte er, man halte ihn zum Narren; er warf sogar zweimal eine hämische Bemerkung ein, bis er begriff, dass dies eine ernsthafte Unterhaltung war, und seine Scherze unterließ, auch wenn er von Zeit zu Zeit nicht ohne Schalk eine Augenbraue nach oben zog.
    Alexej Stepanowitsch hörte den Bischof zu Ende an, schwieg dann eine Weile, schüttelte den Kopf und schien den »zweifachen Grund« für die unerwartete Entscheidung seines Gönners sehr gut zu durchschauen.
    Er lächelte mit seinen vollen Lippen, wodurch sich auf seinen roten Wangen prächtige Grübchen bildeten, und breitete begeistert die Arme aus:
    »Nun, Sie sind ein Schlaumeier, Bischof von Autun! Sie wollen wohl zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Wünschen Sie meine Meinung über diese mysteriösen Vorfälle zu hören? Ich denke, dass . . .«
    »Was du denkst, ist hier nicht von Belang«, unterbrach ihn der Bischof, dem die Anspielung auf Talleyrand noch weniger gefiel als der Vergleich mit dem Großinquisitor.
    »Ich denke aber trotzdem!« versetzte Lentotschkin kampflustig.
    Mitrofani runzelte die Stirn, um dem Spaßvogel zu verstehen zu geben, dass er seine Grenzen weit überschritten habe.
    Er schlug das Kreuz über den Jüngling und sprach leise:
    »Fahr hin. Der Herr schütze dich.«

ERSTER TEIL
    Die Expedtion nach Kanaan

DIE ERSTE EXPEDITION
    Abenteuer eines Spötters
    Alexej Stepanowitsch brauchte nicht lange, um seine Vorbereitungen zu treffen, und so begab er sich bereits am zweiten Tag nach dem Gespräch mit dem Bischof auf seine geheime Expedition, nachdem er strengste Anweisung erhalten hatte, auf jeden Fall mindestens alle drei Tage einen schriftlichen Bericht zu schicken.
    Die Reise nach Neu-Ararat nahm, wenn man das Warten auf das Schiff in Sineosjorsk und die anschließende Überfahrt einberechnet, etwa vier Tage in Anspruch, und der erste Brief traf nach genau einer Woche ein, was bedeutete, dass Aljoscha ungeachtet seines ganzen Nihilismus ein gewissenhafter Entsandter war, der seine Vorgaben genau einhielt.
    Der Bischof war sehr zufrieden, sowohl mit der Pünktlichkeit als auch mit dem Bericht selbst, und vor allem damit, dass er sich in dem Jungen nicht getäuscht hatte. Er rief Berditschewski und Schwester Pelagia zu sich und las ihnen das Schreiben laut vor, wobei er von Zeit zu Zeit über den unmöglichen, allzu forschen Stil die Stirn runzelte.
    ***
    Alexej Stepanowitschs erster Brief
    Dem glorreichen Erzbischof Turpin von seinem getreuen Paladiny der entsandt wurde, mit Zauberern und Sarazenen zu kämpfen
    O weiser; strenger Hirte,
Schrecken der verstockten Abergläubigen,
Leuchte des Glaubens und der Philokalie,
Verteidiger der Schutzlosen, Verfolger der Hoffärtigen!
Zu deinen Füßen bringe ich demütig dar Meine einfache, schmucklose Erzählung.
Ahoi!
    Als ich, auf der quietschenden Fuhre schaukelnd,
Mich schleppte zum Königreich Sawolshsk
Und zählte auf diesem betrüblichen Wege
Ausgefahrene Wagenspuren und ebenso Mulden,
Fünfzehntausendeinhunderteins an der Zahl,
    Dacht ich kein einziges Mal
Schlecht über Eure

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