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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Distanz zwischen seiner männlichen Schulter und der zarten Schulter von Natalja Henrichowna auf ein Minimum.
    Als der »Heilige Wassilisk« die schmale Einfahrt der Bucht hinter sich ließ und in die schwarze Weite hinausfuhr, wurde der Wind plötzlich heftig, wütende, weiß gezähnte Wellen klatschten gegen das Schiff, und der Oberst musste die Dame hin und wieder umfassen, wobei seine Hand mit jedem Mal länger auf der biegsamen Taille verweilte.
    Die Matrosen, alles Mönche in hochgeschürzten Leibröcken, rannten über das Deck, zurrten die tanzenden Rettungsboote fest und murmelten dabei Gebete vor sich hin. Auf der Brücke war die massive Gestalt des Kapitäns zu sehen, der ebenfalls eine Kutte trug, aber noch mit einer Lederschürze angetan war und einen breiten Ledergürtel um die Hüften gewunden hatte. Mit heiserer Bassstimme brüllte der Kapitän in sein Sprachrohr:
    »Porfiri, gleich kriegst du Salböl ins Maul! Gib zwei Schlag zu!«
    Am Heck, wo der Wind weniger wütete, hielten die Spaziergänger inne. Natalja Henrichowna ließ ihren Blick über die endlosen aufgewühlten Wasser und den tief hängenden schwarzgrauen Himmel schweifen und erzitterte.
    »Mein Gott, wie entsetzlich! Als seien wir in ein Loch zwischen Zeit und Raum gefallen!«
    Lagrange verstand: Es war Zeit, die Attacke an der ganzen Front zu beginnen. Eine verängstigte Frau war das gleiche wie ein unter Kartätschenbeschuss zitternder Feind.
    Er führte einen glänzenden Angriff. Er wechselte zu einem tiefen, vibrierenden Bariton und sagte:
    »Im Grunde bin ich ungeheuer einsam. Und manchmal, wissen Sie, verlangt es mich so nach Verständnis, nach Wärme und . . . Zärtlichkeit, ja, ja, ganz gewöhnlicher menschlicher Zärtlichkeit.«
    Er senkte seine Stirn auf die Schulter der Dame, wofür er leicht die Knie beugen musste, und seufzte tief.
    »Ich . . . Dafür bin ich nicht nach Ararat gekommen«, flüsterte Natalja Henrichowna verwirrt} sie schien seinen Kopf zurückschieben zu wollen, fuhr aber gleichzeitig mit den Fingern durch Felix Stanislawowitschs dichtes Haar. »Ich wollte keine neuen Sünden begehen, sondern um Vergebung für die alten bitten . . .«
    »So bitten Sie eben um Vergebung für alles zusammen.« Damit führte der Oberst ein in seiner Logik nicht zu widerlegendes Argument an.
    Nach weiteren fünf Minuten küssten sie einander in der dunklen Kabine – vorläufig noch romantisch, doch die Finger des Polizeimeisters tasteten bereits nach den Knöpfen an Natalja Henrichownas Kleid und öffneten ganz sacht den obersten.
    Mitten in der Nacht erwachte Felix Stanislawowitsch von einem starken Ruck, er stützte sich auf den Ellbogen und erblickte dicht neben sich die erschrockenen Augen einer Frau. Obgleich die schmale Koje nicht für zwei gedacht war, hatte der Oberst, wie immer übrigens, ausgezeichnet geschlafen, und wenn er jetzt erwacht war, so bedeutete dies, dass es sich tatsächlich um einen ernsthaften Stoß gehandelt haben musste.
    »Was war das?«, Lagrange war so schlaftrunken, dass er sich nicht erinnerte, wo er sich befand, doch er blickte sogleich zur Tür. »Ihr Mann?«
    Die Dame (wie hieß sie bloß noch?) hauchte ganz leise:
    »Wir sinken . . .«
    Der Oberst schüttelte den Kopf und erwachte nun endgültig. Er hörte das Wüten des Sturms und spürte die Erschütterung des Schiffsrumpfs – es war eigenartig, dass die Liebenden noch nicht aus dem Bett geschleudert worden waren.
    »Ihr Fleisch fressenden Missgeburten!«, ließ sich irgendwo von oben das Gebrüll des Kapitäns vernehmen. »Sodomistische Sadduzäer! Der Moloch soll euch Nattern verschlingen!«
    Von überall her, von draußen wie vom Unterdeck, erschollen nun die verzweifelten Schreie und das Schluchzen der verängstigten Passagiere.
    Natalja Henrichowna (so hieß sie) erklärte im Brustton der Überzeugung:
    »Das gilt mir, meiner Schmach! Das ist die Strafe für den Sündenfall auf dem Weg ins heilige Kloster.«
    Sie fing bitterlich und verzweifelt an zu weinen.
    Lagrange tätschelte beschwichtigend ihre feuchte Wange und kleidete sich mit militärischer Eile an.
    »Wohin wollen Sie?«, rief die Pilgerin entsetzt, doch da schlug auch schon die Tür zu. In dreißig Sekunden war der Polizeimeister bereits an Deck.
    Er hielt seine Schirmmütze fest, die schon davonfliegen wollte, und taxierte im Handumdrehen die Situation. Es war wie in einem Wasserklosett.
    Der Kapitän rannte auf der Kommandobrücke umher und versuchte vergeblich, das halbe

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