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Pelagia und der schwarze Moench

Pelagia und der schwarze Moench

Titel: Pelagia und der schwarze Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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schwindenden Bewusstseins, dass er tatsächlich den Verstand verloren hatte, und zwar nicht erst vorhin in der Hütte, sondern schon sehr viel früher. In seinem kranken Kopf vermischten sich Traum und Wirklichkeit, und er konnte nicht mehr sagen, welches der Ereignisse dieses ungeheuerlichen Tages wahrhaftig passiert und welches eine Ausgeburt seines verwirrten Verstands gewesen war.
    Den Kopf zwischen die Schultern gezogen und ein Bein nachziehend, lief der verrückte Staatsanwalt aufs Geratewohl den mondbeschienenen Weg hinunter, wobei er ununterbrochen vor sich hin murmelte:
    »Ich glaube, o Herr, ich glaube!«

ZWEITER TEIL
    Die Pilgerfahrt der Frau Lissizyna

Eine Adlige aus dem Gouvernement Moskau
    Ausgerechnet am Vorabend des Tages, an dem der zweite Brief von Doktor Korowin eintraf, kam es zwischen dem Bischof und Schwester Pelagia zu einem Gespräch über Männer und Frauen. Das heißt, der Bischof und seine geistliche Tochter disputierten häufig über dieses Thema, aber dieses Mal waren sie wie mit Absicht bei der Frage nach dem schwachen und dem starken Geschlecht aneinander geraten. Pelagia wollte beweisen, dass man die Frauen zu Unrecht als das »schwache Geschlecht« bezeichnete, das sei nicht wahr, außer vielleicht in Bezug auf die Muskelkraft, und selbst dann nicht immer. Die Nonne hatte sich in ihrem Eifer sogar dazu hinreißen lassen, dem Bischof den Vorschlag zu machen, mit ihm um die Wette zu laufen oder zu schwimmen, um zu sehen, wer schneller wäre, doch sie besann sich gleich wieder und bat um Verzeihung. Mitrofani war keineswegs verärgert darüber, sondern er fing an zu lachen.
    »Wir würden ein schönes Bild abgeben«, meinte der Bischof. »Du und ich im Sturmschritt die Bolschaja Dworjanskaja hinunter, die Kutten hochgerafft, die Beine blitzen darunter hervor, mein Bart steht im Wind wie ein Reisigbesen, deine roten Locken flattern. Die Leute würden sich das ansehen und sich bekreuzigen, aber uns wäre das alles egal – wir würden zum Fluss laufen, uns ins Wasser stürzen und kraulen, was das Zeug hält.«
    Auch Pelagia musste lachen, ließ aber vom Thema nicht ab.
    »Es gibt kein starkes Geschlecht und kein schwaches. Jedes Geschlecht ist in mancher Hinsicht stark und in anderer schwach. In Bezug auf Logik sind die Männer natürlich stärker, daher auch ihre größere Befähigung zur Naturwissenschaft, aber gerade darin liegt auch der Nachteil. Ihr Männer wollt immerzu allem mit der Geometrie zu Leibe rücken; was man nicht in geometrische Figuren und rechte Winkel pressen kann, das lasst ihr außer Acht, und daher entgeht euch das Wichtigste. Außerdem seid ihr Wirrköpfe und redet unentwegt allerlei Unsinn zusammen, und dann verheddert ihr euch! Auch der Stolz behindert euch, ihr fürchtet nichts mehr, als in eine lächerliche oder erniedrigende Lage zu geraten. Uns Frauen aber ist das egal, wir wissen sehr gut, dass diese Befürchtung albern und kindisch ist. Bei unwichtigen Dingen kann man uns leicht in Verwirrung bringen, aber bei wichtigen, wirklich bedeutsamen Dingen lassen wir uns durch die Logik nicht aus dem Konzept bringen.«
    »Warum erzählst du das alles?«, fragte Mitrofani mit einem spöttischen Lächeln. »Wozu diese Philippika? Soll das heißen, die Männer sind dumm, man muss ihnen die Macht über die Gesellschaft wegnehmen und sie euch übergeben?«
    Die Nonne schob mit dem Finger ihre Brille hoch, die ihr in der Aufregung auf die Nasenspitze hinuntergerutscht war.
    »Nein, Eminenz, Sie hören mir überhaupt nicht zu! Beide Geschlechter sind auf ihre Art klug und dumm, stark und schwach. Aber auf verschiedene Weise! Darin liegt auch die Größe von Gottes Idee, das ist der Sinn der Liebe und der Ehe, dass die Schwächen eines jeden durch die Stärken des Ehegatten gestützt werden.«
    Der Bischof war jedoch heute nicht zu einer ernsthaften Unterhaltung aufgelegt. Er spielte den Erstaunten:
    »Willst du dich etwa verheiraten?«
    »Ich spreche nicht von mir selbst. Ich habe einen anderen Bräutigam, der mich besser stützt als jeder Mann. Ich spreche davon, dass es nicht richtig ist, Vater, sich in ernsten Angelegenheiten nur auf den männlichen Verstand zu verlassen und die weibliche Stärke und die männliche Schwäche zu vergessen.«
    Mitrofani hörte zu und lachte still vor sich hin, was Pelagia nur noch mehr in Aufruhr versetzte.
    Schließlich machte sie ihrem Unmut Luft: »Am schlimmsten aber ist Ihr herablassendes Lächeln! Das ist typisch männlicher

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