Pelagia und der schwarze Moench
Besuch neben dem Ziel, die Haltung des Archi-mandriten in Bezug auf Wassilisk zu klären, noch einen weiteren Zweck verfolgte.
»Ist es wahr, was man erzählt, Vater, dass Ungläubigen der Weg nach Kanaan verboten ist, damit die heilige Erde nicht entweiht wird? Stimmt es, dass alle Bewohner der Inseln ausnahmslos eifrige Verfechter des rechten Glaubens sind?«
»Wer hat Ihnen denn diesen Unsinn erzählt?«, wunderte sich Witali. »Bei mir arbeiten viele Tagelöhner, sofern sie über notwendiges Wissen verfügen oder ein Handwerk beherrschen. Um ihren Glauben kümmere ich mich nicht, sie sollen ihre Arbeit erledigen, und damit hat es sich. Es gibt hier Fremde und Andersgläubige, sogar Atheisten. Wissen Sie, ich bin kein Anhänger des Missionierens. Gebe Gott, dass ich die Meinen hüten kann, eine fremde Herde, die noch dazu aus räudigen Schafen besteht, brauche ich nicht.« An dieser Stelle lenkte der Archimandrit ganz von selbst, ohne dass es weiterer Ermunterung bedurft hätte, das Gespräch genau dahin, wo Polina Andrejewna es haben wollte. »Hier auf der Insel lebt zum Beispiel ein Millionär, ein gewisser Korowin. Er führt eine Heilanstalt für Gemütskranke. Soll er nur, ich lege ihm keine Hindernisse in den Weg, solange er keine Gewalttäter aufnimmt und zuverlässig zahlt. Er selbst ist ein völlig gottloser Mensch, nicht einmal zum heiligen Osterfest kommt er in die Kirche, doch er verwendet sein Geld für eine gottgefällige Sache.«
Die Besucherin schlug die Hände zusammen:
»Ich habe über die Heilanstalt von Doktor Korowin gelesen! Es heißt, er vollbringe wahre Wunder bei der Heilung von nervlich-psychischen Erkrankungen.«
»Gut möglich.«
Witali schielte erneut auf die Uhr.
»Und ich habe gehört, dass er nur auf besondere Empfehlung behandelt und nicht mit sich reden lässt. Ach, ich wünschte so sehr, dass er mich behandeln würde! Ich quäle mich so, ich leide so sehr! Sagen Sie, Vater, könnten Sie mir nicht eine Empfehlung für den Doktor mitgeben?«
»Nein.« Der Hochehrwürdige runzelte die Stirn. »Das ist bei uns nicht üblich. Halten Sie sich an den üblichen Weg: Wenden Sie sich an seine Praxis in Petersburg oder Moskau, dort wird darüber entschieden.«
»Ich habe entsetzliche Visionen«, klagte Polina Andrejewna. »Ich kann nachts nicht schlafen. Die Psychiater in Moskau wollen mich nicht behandeln.«
»Was sind denn das für Erscheinungen?«, erkundigte der Klostervorsteher sich beklommen, als er sah, dass die Besucherin sich noch umständlicher auf ihrem Stuhl zurechtsetzte.
»Sagen Sie, Eure Hochehrwürden, haben Sie schon einmal ein lebendiges Krokodil gesehen?«
Witali blinzelte überrascht.
»Nein. Warum fragen Sie?«
»Ich habe eines gesehen. In Moskau, vorige Weihnachten. Eine englische Menagerie gastierte in der Stadt, und ich war so dumm, da hinzugehen.«
»Wieso denn dumm?«, seufzte der Archimandrit.
»Weil es ganz entsetzlich aussah! Grün, höckrig, ein Rachen voll riesiger Zähne, und mit diesem Rachen lächelt er, der ägyptische Pharao! Es war schauerlich! Und die winzigen, blutdürstigen Äuglein lächeln ebenfalls! Nie im Leben habe ich etwas Entsetzlicheres gesehen! Und seither träume ich davon, jede Nacht träume ich von seinem grauslichen Lächeln!«
Die Besucherin, die bis zu diesem Moment ein überaus ruhiges und vernünftiges Verhalten an den Tag gelegt hatte, verlor die Fassung und geriet in heftige Erregung, woran zu erkennen war, dass eine psychiatrische Behandlung ihr in der Tat nicht schaden könnte. Schließlich kommt es häufig vor, dass ein in jeder Hinsicht normaler, ja besonnener Mensch an einem bestimmten Punkt völlig manisch reagiert. Bei der Moskauer Witwe war offensichtlich das afrikanische Reptil der Auslöser für eine derartige Geistesverwirrung.
Nachdem er noch einige weitere krankhafte Träume angehört hatte, einer schrecklicher als der andere (und alle unweigerlich unter Beteiligung des lächelnden Schuppentiers), gab Vater Witali nach: Er ging zum Tisch und warf einige Zeilen auf ein Papier, dass die Tinte nur so spritzte.
»So, meine Tochter. Hier haben Sie eine Empfehlung. Fahren Sie zu Donat Sawwitsch, ich habe unaufschiebbare Dinge zu erledigen, verzeihen Sie.«
Frau Lissizyna sprang auf, wobei sie unwillkürlich mit der Hand an ihre auf dem Stuhl gemarterten weichen Körperteile langte, las die Notiz durch und war nicht zufrieden.
»Nein, Vater. Was ist denn das für eine Empfehlung: › Ich bitte die
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