Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
sie neben dem Feuer, das Tristal anmachte, auf der Stelle einschlief, während Tor ins Gestrüpp schlenderte und kurz darauf mit zwei Kaninchen an seinem Gürtel zurückkehrte. Er hatte die Tiere abge-balgt, ohne daß Celeste es sehen konnte, damit sie nicht erschrak oder sich ekelte, dann schnitt er – den Rücken ihr zugekehrt – das Fleisch in einen sieden-den Kessel und fügte die wilden Knollen hinzu, die sie unterwegs ausgegraben hatten. Aber Celeste schlief fest, nur ihr dunkles Haar war an der Öffnung von Tors Fellrolle zu sehen.
Am nächsten Morgen fühlte sich Celeste noch schlechter. Sie kämpfte sich hoch und ging bis Mittag, aber dann schnitt Tor mit seiner Axt einige Schößlinge ab, machte eine Bahre und legte sie hinein. Er und Tristal trugen sie bis zum späten Nachmittag, dann entschied Tor nach einem Blick auf seinen Neffen, daß auch der Junge am Ende seiner Kräfte war. Sie gingen weiter, Tor trug die Bahre vorn, und Celeste blickte nach hinten, in Tristals Gesicht, beobachtete seine schnellen Bewegungen, bemerkte seine Erschöpfung, stellte fest, daß er sie fast ohne darüber nachzudenken und ohne Protest ertrug. Sie hielt das für passiv und bewunderte ihn nicht dafür.
Am folgenden Tag schien sie noch schwächer zu sein und Fieber zu haben; wieder trugen die beiden Männer sie, und am späten Vormittag erreichten sie den Fluß. Sie holten Tors Kanu aus dem Baum, in den der Shumai es gehängt hatte, und trieben bald auf den breiten Strom hinaus.
Sie beobachtete Thor, der sie besorgt ansah, während er flußaufwärts ruderte. Sie zeigte kaum Interesse an der großen Wasserfläche, nachdem sie anfänglich davor erschrocken war, und daran erkannte er, daß sie sehr krank sein mußte. Sie konnten nur hoffen, sie sobald wie möglich nach Pelbarigan zu bringen. Celeste schlief unruhig. Sie konnte das Essen nicht bei sich behalten, das Tristal ihr eingab, während er ihren Kopf in seinen Schoß bettete.
Einmal, als sie aufwachte, sah sie nur Dunkelheit, dann kleine Lichtpunkte über sich. Sie schrie vor Angst und setzte sich auf, dann spürte sie Tors Hand auf ihrem Knöchel, und er sagte: »Leg dich hin, Kleines! Wir fahren nach Pelbarigan. Leg dich hin und schau dir die Sterne an! Da. Siehst du, wie die Win-dungen der großen Schlange über den Süden greifen?
Wenn du lange genug hinschaust, siehst du, wie eine Sternschnuppe ihr Licht über den ganzen Himmel zieht. Aber du kannst auch schlafen, wenn du willst.«
Später erwachte sie wieder. Alle Sterne hatten sich bewegt. Raran lag neben ihr, und sie merkte, daß auch Tristal, vor ihr zusammengerollt, im Bug des Kanus schlief. Tor ruderte mit gleichmäßigen Schlä-
gen hinter ihr, und als sie sich regte, sagte er: »Schau noch einmal, Kleines. Siehst du? Über dir ist die Ster-nenkrone. Es sind acht Sterne, und sie heißen Ivi, Odu, Ictu, Nod, Efen Assu, Mok und Orau. Du wirst sie kennenlernen, wenn du unser Sternenspiel lernst.«
»Wo sind wir?« flüsterte sie.
»Ein Stück südlich von Pelbarigan. Bald geht die Sonne auf, und dann brauchst du nur noch den Kopf zu drehen, um die Türme der großen steinernen Stadt zu sehen, wo man viel besser für dich sorgen wird, als wir es können.«
»Tor?«
»Ja?«
»Du hast die ganze Nacht und den ganzen Tag gearbeitet?«
»Nein. Das ist ein Spiel, Celeste. Für jeden Shumai ist es die wahre Flamme des Lebens, draußen in der Luft oder unter diesem Sternenhimmel mit Freunden unterwegs zu sein.«
»Ich verstehe es nicht. Es ist alles so fremd.«
Wie um die Fremdheit noch zu steigern, ertönte in dem trüben, allmählich heller werdenden Licht das lange Horn vom Rive-Turm von Pelbarigan, der Schall hallte klagend bis zu ihnen, warf sich dann wieder auf den Fluß hinaus, prallte immer und immer wieder von jedem herausragenden Vorgebirge der Kalkklippen ab. Tor nahm das lange Stierhorn, das er im Kanu liegen hatte, und blies lang und rund eine Erwiderung, dann ruderte er weiter, wie Tristal im Bug, der inzwischen aufgewacht war und zum Ruder gegriffen hatte.
Celeste wollte sich aufrichten, verlor aber das Interesse. Tor drehte das Kanu langsam herum, damit sie in der Dämmerung einen Blick auf die Stadt werfen konnte, dann fuhr er weiter nach Norden, wo vier Gardisten am Ufer auf sie warteten, schließlich das Boot nahmen und es den sandigen Landehang hi-naufzogen. Ahroe war bei ihnen.
»Ahroe«, sagte Tor. »Das ist Tristal. Wo ist Stel? Er hatte recht. Das ist Celeste. Sie kommt aus der
Weitere Kostenlose Bücher