Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
ihr geben müssen, was ihr fehlte.
Das war seine Pflicht als Freund und als Mann. Er hatte es nicht getan. Nun, das war töricht. Und doch war es eine Tatsache.
Am Morgen nach dem Begräbnis trat in Pelbarigan endlich wieder die Ratsvollversammlung zusammen.
Ahroe, die immer noch ausgelaugt wirkte, war anwe-send für den Fall, daß man sie als Zeugin brauchte.
Die Protektorin gebot Schweigen, dann eröffnete sie die Sitzung nach dem Gebet mit einer offiziellen Stellungnahme. »Rätinnen, seitdem wir uns zum letztenmal hier versammelt haben, ist vieles geschehen. Die ursprüngliche Frage wurde jedoch nicht ge-löst. Sie ist uns einfach ins Gesicht hinein explodiert wie ein unbewachter Topf. Wir können heute morgen in zwei Richtungen verfahren. Entweder müssen wir das Gespräch, nicht über Celeste, denn sie habe ich unter den Schutz der Protektorin gestellt, sondern über die Kuppel selbst wiederaufnehmen. Die zweite Möglichkeit wäre meiner Ansicht nach, daß ich die Sache selbst entscheide, vorbehaltlich eures Ein-spruchs. Ich würde diese zweite Möglichkeit vorzie-hen und bin sogar bereit, mein Verbleiben im Amt davon abhängig zu machen. Wenn jemand sich damit nicht einverstanden erklären will, möge er bitte jetzt sprechen.«
Der Rat hatte schon vermutet, daß die Protektorin diesen Kurs einschlagen würde, und weil alle sich darauf eingestellt hatten, war niemand erschrocken oder sprach sich dagegen aus. Der Nordquadrant sah darin die vielleicht einzige Möglichkeit, irgendwel-chen Einfluß zurückzugewinnen – wenn nämlich die Entscheidung der Protektorin schiefging. Es war eine gefährliche Entscheidung. Aber sie fühlten sich hilflos.
»Ich danke euch für euer Vertrauen. Nach Abwä-
gung des vorliegenden Materials ist mein Vorschlag folgender: Es soll eine kleine Expedition ausgeschickt werden, um einen Damm über die leere Stelle zur Kuppel zu bauen. Stel soll dafür verantwortlich sein.
Dailith aus der Garde der Protektorin wird ihn begleiten. Aus jedem Quadranten kann ein Maurer oder ein Gardist mitgehen, wenn der Quadrant das wünscht. Es wird keine größere Expedition und kein größeres Unternehmen sein. Ahroe wird hierbleiben.
Sollte dieser Expedition ein Unheil widerfahren, werden wir keine große Rettungsaktion unternehmen, außer der gesamte Rat stimmt ohne Debatte dafür.
Seid ihr damit einverstanden?«
Im Raum blieb es still. Ahroe machte ein langes Gesicht. Sie sollte also von Stel getrennt werden?
Vielleicht den ganzen Sommer über? Während er in Gefahr war? Und doch begriff sie die Argumentation der Protektorin und ließ sich ihre Besorgnis anmer-ken, überzeugt, daß einige Angehörige des Nordquadranten sich an ihrer Verwirrung weiden würden.
Die Protektorin hatte es schließlich doch geschafft, jeder Partei etwas zu geben. Aber warum mußte gerade sie sooft solche Schwierigkeiten ertragen?
Als die Angelegenheit so schnell entschieden war, wurde der Rat unruhig, aber die Protektorin bestand auf einem kurzen Schweigen von zwei Sonenbreiten, ehe sie ihn entließ. Während der Schatten der Son-nenuhr weiterwanderte, saß sie vollkommen ruhig da; ihr alter Körper war erschlafft, aber doch völlig aufrecht, die Augen geschlossen, das Gesicht seltsam verzückt. Dann hob sie die Hand, und die Gardisten verkündeten durch Klopfen die Vertagung.
Später führte Druk Ahroe zu den Gemächern der Jestana. Die Protektorin stand mit dem Rücken zur Tür und schaute, die Hände hinter sich verschränkt, aus einem Balkonfenster.
»Protektorin?« fragte Ahroe. »Ich bin hier.«
»Ja, Ahroe. Danke. Nur ein Wort an dich in dieser schwierigen Zeit. Es tut mir leid, daß ich das tun mußte. Ich weiß, daß du es verstehen wirst. Sag Stel unbedingt, er soll vorsichtig sein, nichts Unüberlegtes tun. Wenn etwas schiefgeht, kannst du natürlich gehen. Ich bin sicher, du siehst ein, wie notwendig deine Anwesenheit hier ist.«
»Ja, Protektorin. Es ist schwer für mich, aber ich se-he es ein.«
Die Protektorin hatte sich noch immer nicht umgedreht, sie tat es auch dann nicht, als sie weitersprach.
»Ahroe, ich habe dieses Amt nun schon länger inne, als mir lieb gewesen wäre. Es ist nicht leicht. Meine alten Knochen möchten sich zur Ruhe setzen. Wenn irgend etwas danebengeht, auch nur ein bißchen, trete ich zurück. Ich habe das Gefühl, daß es die nächste Protektorin nicht gerade einfach haben wird.
Ich sehe, daß unser altes Regierungssystem modifi-ziert werden muß, nachdem die
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