Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
erkennen, daß nun zwei weitere Tantal-Schiffe brannten, dann ein viertes. Er kroch zum Raketenwerfer am Heck, lud ihn, richtete ihn und löste ihn aus, als die ersten Regentropfen zu fallen begannen, dann schlugen die schweren Tropfen wie geworfeltes Korn zischend auf das schrägliegen-de Deck. Stel sah, daß auch das Tantal-Schiff, das ihnen eng auf den Fersen war, brannte. Lange Flam-menzungen leckten aus den Raketenluken im Lee.
Plötzlich brach es in einem Feuerschwall auseinander.
Die Tantal gaben die Jagd auf, weil sie spürten, daß etwas schrecklich schiefgelaufen war.
Der erste Anprall des Sturms ging vorüber, der Wind blieb aber, und als Stel kniend an der Reling lehnte und mit immer noch dröhnendem Kopf hin-
überschaute, sah er, daß alle Tantal-Schiffe bis auf zwei brannten. Der Wind wurde stärker. Die Tantal ließen voller Hektik Boote zu Wasser. Einige sanken sofort, andere hüpften wie gefüllte Schläuche in der schweren See und wurden nach Süden auf die ferne Küste zugerudert.
Stel seufzte. Er und seine Gefährten waren in Sicherheit – wenigstens im Augenblick. Wo war Sufy?
Er drehte sich um und sah mehrere Männer nieder-knien. Er wollte aufstehen, schwankte und rutschte aber, und kroch schließlich auf die Gruppe zu. Sufy lag mit verdrehtem Körper in der Mitte. Stel nahm ihr Handgelenk. Er fühlte ihren Puls.
»Hier. Streckt sie aus!« sagte er. »Langsam. Nicht den Rücken bewegen! Rollt sie!« Ihre Beine waren an einer Seite verbrannt, und eines stand merkwürdig schräg ab. Als die Männer es langsam herumdrehten, regte sie sich und schrie. Stel setzte sich mit einem Seufzer auf. Er schaute den Mann neben sich an. Es war Oad.
»Ich hätte nie gedacht, daß ich einmal froh sein könnte, jemanden vor Schmerzen schreien zu hören«, sagte Stel.
Oad antwortete nicht, sondern starrte zu Boden.
Regen oder Tränen zogen Streifen über seine Wangen.
»Steuermann, fünf Kerben nach Süden«, rief der Mann aus dem Takelwerk.
»Fünf Knoten, du Schweineschnüffler«, erwiderte der Steuermann.
»Wer ist hier ein Schweineschnüffler?« rief der andere herunter.
Der Steuermann lachte, fuhr leicht zusammen und heulte dann grölend los.
»Halt das Rad fest!« rief der Mann im Takelwerk.
»Schwenk uns nicht herum, sonst kentern wir. Was ist denn los? Bist du verrückt geworden? Willst du uns alle ertränken? Halt das Steuer ruhig! Der Wind ist etwas abgeflaut, aber es ist ein guter, blanverpißt gleichmäßiger Wind.«
»Du da oben«, kreischte eine Frau mit hoher Stimme. »Keine Tantal-Ausdrücke mehr. Wenn du schon fluchen mußt, dann auf Peshtak.«
Der Mann im Takelwerk lachte. Mehrere andere stimmten ein.
Als Stel Sufys Kleidung richtete und ihr ein zusammengerolltes Tuch unter den Kopf legte, lächelte sie schwach.
Er beugte sich dicht an ihr Ohr. »Sufy? Kannst du mich hören? Kannst du die Augen aufmachen?«
Sie runzelte verständnislos die Stirn. »Was ... was glaubt ihr denn? Wollt ihr mich hier oben liegenlas-sen ... damit ich naßgeregnet werde ... den ganzen Nachmittag? Ahhhhhh. Vielleicht wäre es besser so.
Nein. Nicht bewegen!« Sie öffnete ein Auge einen Spalt breit. »Stel, du alte Kanalratte. Was haben sie ...
mit mir gemacht?« Sie blinzelte zu ihm auf. »Was haben sie mit dir gemacht?«
»Mit mir? Oh, mir fehlt nichts.«
»Was ist mit dir? Stel, ich kann dich nicht hören.
Nein, schrei nicht! Laß nur! Wir sind frei, nicht wahr?
– Frei!«
NEUNZEHN
Während die brennenden Tantal-Schiffe zurückblie-ben, entspannte man sich auf den drei Flüchtlings-schiffen. Die Peshtak brachen zusammen, sogar zum Feiern zu müde und zu erleichtert. Die Peshtak-Matrosen, die einander über das Wasser hinweg grüßten, setzten große Segelflächen, um Abstand zwischen sich und die Tantal zu legen.
Für Stel, der auch müde war, war der Nachmittag eine Qual. Er war verletzt, wenn auch nicht schwer.
Zu seiner Angst um Sufy kam noch die um Raydi, die sich wehrte und gegen alle ankämpfte. Irgendwie war es ihm überlassen, über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
Stel hatte noch kaum angefangen, darüber nachzudenken, als die Peshtak auf dem südlich längsseits fahrenden Schiff die Meldung herüberschickten, daß sie Corpoll, die Frau des Informationsmeisters, und ihre Tochter Orsin gefangengenommen hatten und beabsichtigten, die beiden zu foltern, um für ihr eigenes Elend Rache zu nehmen. Auch Fenn war als Gefangener auf der ›Flucht‹ eingesperrt, aber ihn
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