Pells Stern
brüchigem Schritt. Die Wohnung war still, tödlich ruhig. Er wartete im dunklen Wohnzimmer und wusste nicht, was er mit den Händen machen sollte, während sein Magen immer nervöser wurde.
Stimmen erklangen aus dem anderen Zimmer. »Jon«, hörte er heraus. Alicias Stimme.
Zumindest war es die menschliche von den beiden Stimmen. Er zitterte, fühlte sich körperlich elend. Er war noch nie in diese Räume gekommen, nie. Er hatte Alicia über Sichtverbindung gesehen, zierlich und verwittert, eine von Maschinen erhaltene Schale.
Jetzt war er gekommen. Er wusste eigentlich nicht, warum, wusste es wirklich nicht. Die Wahrheit herauszufinden... Bescheid zu wissen - ob er es fertig brachte, mit Alicia Umgang zu haben; ob es noch ein lebenswertes Leben war. All diese Jahre... die Bilder, die gesendeten kalten Bilder, mit denen konnte er irgendwie umgehen, aber hier im selben Zimmer zu sein, ihr ins Gesicht zu sehen und mit ihr reden zu müssen...
Lily kam zurück, die Hände gefaltet, und verneigte sich. »Sie kommen; Sie jetzt kommen.«
Er ging los. Schaffte die halbe Strecke zu dem Zimmer mit den weißen Fliesen, das sterile, stille Zimmer, und sein Magen verknotete sich.
Plötzlich drehte er sich um und ging wieder zur Tür nach draußen. »Kommen Sie?« verfolgte ihn die verwirrte Stimme der Downerin. »Kommen Sie, Sir?«
Er drückte den Schalter und ging, ließ die Tür hinter sich zugehen, atmete tief ein in der kälteren und freieren Luft des Gangs draußen.
Er ging weg von diesem Ort, von den Konstantins.
»Mr. Lukas«, sagte der wachhabende Soldat, als er die Ecke erreichte, wobei seine Augen neugierige Fragen hinter dem Vorhang der Höflichkeit stellten.
»Sie schläft«, sagte er und schluckte, ging weiter und versuchte mit jedem Schritt, diese Wohnung und dieses schreckliche weiße Zimmer aus seinem Bewusstsein zu tilgen: Er erinnerte sich an ein Kind, ein Mädchen, irgend jemand anderen. So hielt er sie fest.
10.1. Pell: Sektor Blau Eins; Ratssaal;
6.10.52; 14:00 Uhr
Der Rat ging früh wieder auseinander, nachdem er abgehakt hatte, was zu erledigen war, während Keu von der
India
als grimmiger Zeuge dessen dabeisaß, was sie sagten und was sie taten, und sein steinernes Gesicht ein Bahrtuch über die Debatte warf. An diesem dritten Tag der Krise stellte Mazian seine Forderungen und erhielt sie bewilligt.
Kressich sammelte seine Notizen ein und kam von der äußersten Sitzreihe in das abgesenkte Saalzentrum herab, zu den Sitzen am Tisch, zögerte dort, widerstand dem Verkehrsfluss nach draußen, und blickte ängstlich zu Angelo Konstantin, der sich mit Nguyen und Landgraf unterhielt und noch einigen anderen Vertretern. Keu saß still am Tisch und hörte zu, sein bronzenes Gesicht starr wie eine Maske. Er hatte Angst vor Keu... Angst davor, sein Anliegen in dessen Gegenwart vorzubringen.
Trotzdem ging er hin, bahnte sich seinen Weg beharrlich so dicht es ging heran an diese private Gesellschaft rings um Konstantin, wiewohl er wusste, dass man ihn - den Vertreter von Q - dort nicht gern sah, den Mahner an Probleme, die zu lösen niemand die Zeit hatte.
Er wartete, während Konstantin seine Diskussion mit den anderen zu Ende brachte, und starrte ihn drängend an, damit Konstantin sich dessen bewusst wurde, dass seine besondere Aufmerksamkeit gewünscht war.
Schließlich nahm Konstantin von ihm Notiz und nahm noch für einen Moment Abstand von seiner offenkundigen Absicht, in Keus Begleitung zu gehen, denn Keu war aufgestanden.
»Sir«, sagte Kressich. »Mr. Konstantin.« Er zog die Mappe mit den von ihm vorbereiteten Papieren hervor und reichte sie Konstantin. »Ich habe nur beschränkte Möglichkeiten, Mr.
Konstantin. Computer und Ausdruck sind dort nicht zugänglich, wo ich wohne. Das wissen Sie. Die Situation dort... Er befeuchtete die Lippen, war sich Konstantins finsteren Blickes bewusst. »Mein Büro wurde letzte Nacht fast gestürmt. Bitte, Sir. Können wir meinen Wählern versichern, dass... dass die Zuweisungen nach Downbelow fortgesetzt werden?«
»Darüber wird verhandelt, Mr. Kressich. Die Station unternimmt jede Anstrengung, um wieder zu normalen Verfahrensweisen zu kommen; aber Programme werden überprüft; die Politik und die Richtlinien werden überprüft.«
»Es ist die einzige Hoffnung.« Er mied Keus starren Blick, hielt die Augen auf Konstantin gerichtet. »Ohne das... haben wir keine Hoffnung mehr. Unsere Leute wollen nach Downbelow. Oder auf die Flotte. Wo man sie
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