Pells Stern
gar nichts zu sagen. »Du hast Pell gesehen. Weißt du, dass ich nie ein Schiff betreten habe, das größer war als ein Shuttle? Noch nie diese Station verlassen habe? Bei manchen Dingen weiß ich nicht, wie ich sie betrachten soll, oder auch nur, wie ich mir die Frage ausmalen soll. Verstehst du mich?«
»Bei manchen Dingen weiß ich auch nicht, wie ich dich danach fragen soll.«
»Wonach würdest du fragen?«
»Ich habe es gerade getan.«
»Ich weiß nicht, wie ich ja oder nein sagen soll. Elene, ich weiß nicht, ob ich Pell hätte verlassen können. Ich
liebe
dich, aber ich weiß nicht, ob ich das hätte machen können - nach so kurzer Zeit. Und das bekümmert mich.
Das
bekümmert mich, ob es etwas in dir gibt, dass mir nie eingefallen ist... dass ich mein ganzes Planen darauf ausgerichtet habe, mir zu überlegen, wie ich dich auf Pell glücklich machen kann..
»Mir fiel es leichter, eine Zeitlang zu bleiben, als es für einen Konstantin gewesen wäre, sich von Pell zu entwurzeln; sich auf einer Station für eine Zeit aufzuhalten ist einfach; wir machen das ständig. Aber die
Estelle
zu verlieren, habe ich nie in Erwägung gezogen. Wie du nie in Erwägung gezogen hast, was da draußen los ist. Du hast mir die Antwort gegeben.«
»Wie habe ich dir geantwortet?«
»Durch das, was dich bekümmert.«
Er verstand nicht, was sie meinte. So
geht es immer.
Es machte ihm Angst. Aber sie redete weiter, wie sie an ihm lag, über mehr als nur Dinge - über tiefe Gefühle; wie die Kindheit für Kauffahrer war; wie sie das erste Mal eine Station betreten hatte, im Alter von zwölf Jahren und eingeschüchtert von rüden Stationsleuten, die davon ausgingen, jede Händlerin sei Freiwild. Wie vor Jahren ein Vetter auf Mariner gestorben war, erdolcht im Streit mit einem Stationsbewohner, ohne dessen Eifersucht auch nur zu begreifen, die ihn ums Leben gebracht hatte.
Und über etwas Unglaubliches - dass Elenes Stolz durch den Verlust ihres Schiffes gelitten hatte;
Stolz -
die Vorstellung warf ihn in seinen Gedanken zurück, so dass er eine Zeitlang nur dalag und an die dunkle Decke starrte und darüber nachdachte.
Der
Name
war gemindert worden - der ein Gut darstellte wie das Schiff. Jemand hatte ihn gemindert, und er war zu anonym, um ihr einen Feind zu bieten, von dem sie ihn zurückholen konnte. Er dachte kurz an Mallory, die harte Arroganz einer Elite, die Aristokratie des Privilegs. Geschlossene Welten und ein in sich selbst begründetes Gesetz, wo niemand Besitz hatte und gleichzeitig alle ihn hatten: das Schiff und alles, was dazugehörte.
Kauffahrer, die einem Docksvorsteher ins Gesicht gespuckt hätten, würden sich grollend zurückziehen, wenn eine Mallory oder ein Quen es befahl. Sie grämte sich über den Verlust der
Estelle.
Es musste so sein. Aber auch Scham - weil sie nicht dort gewesen war, als es darauf ankam. Weil Pell sie in ein Docksbüro gesetzt hatte, wo sie den Ruf der Quens nutzen konnte; jetzt aber hatte sie nichts mehr im Rücken, nichts außer dem Ruf, den selbst zu erringen sie keine Gelegenheit gehabt hatte. Ein toter Name. Ein totes Schiff. Vielleicht entdeckte sie Mitleid bei anderen Kauffahrern. Das wäre von allem am bittersten.
Um eine Sache hatte sie ihn gebeten. Er hatte sie darum betrogen, ohne mit ihr darüber zu sprechen, ohne es zu sehen.
»Das erste Kind«, murmelte er, während er den Kopf auf dem Kissen drehte, um sie anzuschauen, »wird Quen heißen. Hörst du, Elene? Pell hat genug Konstantins. Mein Vater wird vielleicht beleidigt sein, es dann aber doch verstehen. Auch meine Mutter wird es verstehen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir es so halten.«
Sie fing an zu weinen, wie sie in seiner Gegenwart noch nie geweint hatte, nicht ohne sich dagegen zu wehren. Sie legte die Arme um ihn und blieb so bis zum Morgen.
10. Viking Station: 5.6.52
Viking war im Blick und leuchtete in den Strahlen eines zornigen Sterns. Bergbau sowie metall- und mineralienverarbeitende Industrien trugen diese Station. Von seinem Aussichtspunkt auf der Brücke des Frachters betrachtete Segust Ayres die Bilder auf den Schirmen.
Und etwas stimmte nicht. Auf der Brücke wurde der Alarm von Station zu Station flüsternd weitergegeben; man sah finstere Gesichter und besorgte Blicke. Ayres warf einen kurzen Blick auf seine drei Begleiter. Auch sie hatten die Situation begriffen und standen unbehaglich da, versuchten allesamt, nicht den Offizieren im Weg zu stehen, die rasch von einem Posten zum
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