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Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe

Titel: Pendergast 02 - Attic - Gefahr aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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genausowenig abnahm wie er selbst.
    Langsam beugte sich die Frau nach vorn. »Sie wissen nichts von Pamela, Mr. Smithback, absolut nichts«, flüsterte sie. »Alles, was Sie sehen, ist die äußere Fassade. Aber für etwas anderes interessieren Sie sich ja offenbar sowieso nicht.«
    »Das ist nicht wahr!« platzte Smithback heraus. Die Heftigkeit seiner Reaktion überraschte ihn. »Ich meine, ich interessiere mich schon für etwas anderes. Ich möchte gern die wahre Pamela Wisher kennenlernen.«
    Die Frau sah ihn lange an, dann stand sie auf und verließ das Zimmer. Einen Augenblick später kam sie mit einem gerahmten Foto zurück, das sie Smithback reichte. Es zeigte ein etwa sechsjähriges Mädchen, das mit schwingenden Zöpfen und fliegender Schürze auf einer von einer mächtigen Eiche herabhängenden Schaukel saß. Es lachte in die Kamera, und Smithback sah, daß zwei seiner Vorderzähne fehlten.
    »Das ist die Pamela, an die ich mich mein Leben lang erinnern werde, Mr. Smithback«, sagte Mrs. Wisher mit neutraler Stimme. »Wenn Sie wirklich daran interessiert sind, wer sie war, dann drucken Sie dieses Bild und nicht das, auf dem sie wie ein hirnloses Partygirl aussieht.« Mrs. Wisher setzte sich auf und strich ihr Kleid über den Knien glatt. »Pamelas Vater ist vor sechs Monaten gestorben, und sie war gerade dabei, wieder ein wenig Freude am Leben zu finden. Ist es denn verwerflich, daß sie sich ein bißchen amüsieren wollte, bevor sie im Herbst mit ihrer Arbeit begann?«
    »Was wollte sie denn arbeiten?« fragte Smithback.
    Wieder breitete sich in dem düsteren Raum eine unangenehme Stille aus, in der Mrs. Wisher Smithback abermals eingehend musterte. »In einem Hospiz für Aidskranke, Mr. Smithback. Aber das hätten Sie auch selbst herausfinden können, wenn Sie etwas gründlichere Recherchen angestellt hätten.«
    Smithback schluckte betreten und schwieg.
    »So war die wirkliche Pamela«, sagte Mrs. Wisher, deren Stimme auf einmal brach. »Freundlich, großzügig, voller Leben. Ich möchte, daß Sie über diese Pamela schreiben, Mr. Smithback.«
    »Ich werde mein Bestes tun«, murmelte der Journalist betreten.
    Dann war der Augenblick der Schwäche vorbei, und Mrs. Wisher zeigte sich wieder so gefaßt und distanziert wie zuvor.
    Als sie ihr Gesicht abwandte und mit der Hand wedelte, erkannte Smithback, daß er entlassen war. Er bedankte sich für das Gespräch, nahm sein Diktiergerät und entfernte sich so rasch, wie er es für schicklich hielt, in Richtung Aufzug.
    »Eines noch«, rief Mrs. Wisher ihm hinterher. Ihre Stimme klang auf einmal schneidend hart. Smithback, der schon an der Glastür war, drehte sich noch einmal um. »Die Polizei kann mir zwar nicht sagen, wann, wie und warum meine Pamela gestorben ist Aber eines weiß ich genau: Sie ist nicht umsonst gestorben. Das verspreche ich Ihnen.«
    Die Überzeugung, mit der sie das sagte, ließ Smithback einen Schritt zurück in ihre Richtung machen.
    »Wie haben Sie sich vorhin gleich wieder ausgedrückt?« fuhr Mrs. Wisher fort. »›Die Menschen in dieser Stadt nehmen etwas erst dann wahr, wenn man es ihnen um die Ohren haut.‹ Nun, Mr. Smithback, genau das habe ich vor. Ich werde den Menschen dieser Stadt den Tod meiner Tochter um die Ohren hauen.«
    »Und wie?« wollte Smithback wissen, aber Mrs. Wisher hatte sich wieder zurückgelehnt, so daß er ihr Gesicht nicht mehr erkennen konnte. Als sie ihm keine Antwort gab, ging er durch das pfirsichfarbene Foyer und drückte den Knopf des Fahrstuhls. Er fühlte sich müde und ausgelaugt. Erst als er wieder unten auf der Straße war, wo ihn die grelle Sommersonne die Augen zukneifen ließ, bemerkte er, daß er das Kinderbild von Pamela Wisher noch immer in der Hand hielt. Langsam begann ihm zu dämmern, was für eine außergewöhnliche Frau die Mutter dieses toten Mädchens doch war.
     

5
    Die Metalltür am Ende des graugestrichenen Ganges war mit schablonengeschriebenen Großbuchstaben als »Forensische Anthropologie« gekennzeichnet. Dahinter verbarg sich das hochmoderne Labor zur Untersuchung von Knochen und anderen menschlichen Überresten. Zu ihrem Erstaunen fand Margo die Tür verschlossen. Seltsam, dachte sie, denn sie war schon unzählige Male hier gewesen und hatte bei der Analyse von peruanischen Mumien oder von Knochen der Anasazi-Indianer mitgeholfen. Niemals war bislang die Tür abgesperrt gewesen. Gerade als Margo die Hand hob, um zu klopfen, wurde die Tür von innen geöffnet, so daß

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