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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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wenn der Kopf schon in dem Korb mit dem Sägemehl liegt? Bei den Hinrichtungen im Tower, sagt man, haben die Delinquenten noch die Lippen bewegt und mit den Lidern gezuckt, wenn der Scharfrichter den Gaffern den abgeschlagenen Kopf gezeigt und sein ›Seht her, der Kopf eines Übeltäters!‹ ausgerufen hat. Ob der Enthauptete womöglich seinen eigenen abgetrennten Schädel gesehen hat?«
    Er schwang das Beil probehalber durch die Luft. Wieso kam es ihm auf einmal so schwer vor? Sei’s drum, er würde den großen Augenblick dennoch genießen.
    »Wussten Sie, dass Charlotte Corday, die während der Französischen Revolution als Mörderin von Marat auf die Guillotine geschickt wurde, errötet sein soll, als der Gehilfe des Scharfrichters der Menge ihr Haupt hingestreckt hat? Oder kennen Sie die Legende von dem zum Tode verurteilten Piratenkapitän, dem man, nachdem seine Männer sich in einer Reihe aufgestellt hatten, versprochen hat, jeden seiner Gefährten freizulassen, an dem er ohne Kopf vorbeimarschieren könne? Nun, man schlug ihm den Kopf ab, und ob Sie’s glauben oder nicht, er hätte es tatsächlich geschafft, kopflos an seinen Männern vorbeizutorkeln, wenn der Leiter der Exekution ihm nicht vor lauter Wut darüber, dass die anderen ungeschoren davonkommen sollten, auf den letzten Metern ein Bein gestellt hätte.«
    Fairhaven wollte sich vor Lachen schier ausschütten und war etwas enttäuscht, dass der Agent nicht mitlachte. Er schulterte das Beil und nahm sorgfältig Maß. Und als er gerade die Muskeln spannen und zum tödlichen Hieb ausholen wollte, fiel ihm – quasi zum Abschied – noch ein hübscher kleiner Gag ein: »Oh, ehe ich’s vergesse, Mr. Pendergast – richten Sie bitte Ihrem Urgroßonkel meine ergebensten Grüße aus!«

12
    Nora bettete den Kopf auf Smithbacks Schulter, Tränen drängten sich durch ihre geschlossenen Lider. Dass sich kein Hoffnungsschimmer zeigen wollte, war zermürbend. Sie hatte getan, was sie konnte, aber es war eben nicht genug gewesen.
    Und dann wurde ihr, inmitten des Nebels aus Schmerz und Kummer, plötzlich bewusst, dass die Piepstöne des EKGstetiger geworden waren. Sie schielte auf die Monitore. Der Blutdruck hatte sich stabilisiert, der Puls war leicht gestiegen – sechzig Schläge in der Minute.
    Ein Zittern überlief sie, ein Eishauch kroch ihr die Wirbelsäule entlang. Die Salzlösung hatte es also doch geschafft, das Schlimmste zu verhüten. Ich danke dir!, stammelte sie stumm in sich hinein. Danke!
    Smithback lebte. Aber er war noch nicht über den Berg, bei weitem nicht. Wenn es ihr nicht gelang, seinen Flüssigkeitsspiegel weiter anzuheben, drohte er ins Koma zu fallen. Nur, der Beutel mit der Salzlösung war leer.
    Sie sah sich verzweifelt um. Ihr Blick fiel auf den kleinen, in das Wandregal integrierten Kühlschrank. Sie war mit zwei, drei Schritten da und riss ihn auf. Ein halbes Dutzend Beutel mit der Salzlösung, die das kleine Wunder bewirkt hatte. Sie nahm einen heraus, zog den leeren Beutel vom Katheter und ersetzte ihn durch den neuen. Ein Stein fiel ihr vom Herzen, als sie sah, wie die Flüssigkeit stetig durch den Schlauch rann. Mit etwas Glück konnte Smithback es schaffen. Vorausgesetzt, es gelang ihr, ihn bald hier rauszuholen und in ein Krankenhaus zu bringen.
    Sie sah sich den Rollwagen genauer an – vermutlich das Transportmittel, auf dem der »Chirurg« ihn in den Operationsraum gerollt hatte. Die Räder ließen sich abnehmen und durch Trageriemen ersetzen. Wenn sie einen Weg aus dem Erdgeschoss ins Freie fand, würde es ihr bestimmt gelingen, die Trage ein paar Treppenstufen hochzuwuchten, es waren ja nicht viele. Sie musste es zumindest versuchen.
    Sie wühlte in dem Hängeschrank, zog einige grüne Tücher heraus und hüllte Smithback damit ein. Die Stablampe, die sie entdeckte, nahm sie auch gleich mit. Schnell noch ein Blick auf die Monitore: unverändert. Sie starrte auf das gähnende Loch in der Wand, hinter dem die steile steinerne Wendeltreppe nach unten führte – in jenes unheimliche Dunkel, aus dem sie den zweiten Schuss gehört haben musste. Nur, wennsie das Haus verlassen wollte, war der Weg nach unten der falsche, sie musste sich einen suchen, der nach oben führte. Sosehr es ihr widerstrebte, Smithback allein zu lassen, und sei’s auch nur für wenige Minuten: Sein Leben hing davon ab, dass er so schnell wie möglich ärztliche Hilfe bekam und versorgt werden konnte.
    Sie knipste die Stablampe an und tauchte in den

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