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Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens

Titel: Pendergast 03 - Formula - Tunnel des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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zweite Schuss hatte offenbar seinen Arm getroffen – eine sehr schmerzhafte Verletzung. Und wenn sein Opfer Pech hatte, war eine Vene verletzt, was die Blutung noch verschlimmern würde. Nur, offensichtlich konnte der FBI-Agent sich noch bewegen, wahrscheinlicher langsamer als zuvor, aber er konnte seine Flucht fortsetzen.
    Fairhaven blieb stehen. Aha – hier war Pendergast zu Bodengegangen, auf einem der Regale waren deutlich Blutspritzer zu sehen. Und ein Stück weiter war der Boden blutverschmiert, offenbar hatte Pendergast versucht, sich zur Seite zu rollen. Fairhaven trat einen Schritt zurück, sah sich in der Kammer um und verzog verächtlich das Gesicht. Leng musste wirklich ein besessener Sammler gewesen sein. Was er hier zusammengetragen hatte, spiegelte die gleiche neurotische Sammelwut wider wie im Erdgeschoss.
    Nein, hier fand er den Stein der Weisen bestimmt nicht. Wahrscheinlich war Lengs »ultimatives Projekt« nur eine von Pendergast erfundene Mär, mit der er ihn verunsichern wollte. Welches Ziel hätte Leng denn noch reizen sollen, nachdem es ihm gelungen war, seine eigene Lebensspanne zu verlängern? Falls diese lächerliche Sammlung von Perücken, Spazierstöcken und Regenschirmen das Resultat von Lengs vermeintlich unstillbarem Forscherdrang war, dann bewies das nur, dass er es nicht verdient hatte, noch länger zu leben. Vielleicht hatten die vielen Jahre in klösterlicher Abgeschiedenheit bei ihm zu geistiger Verwirrung geführt.
    Merkwürdig, denn bei ihrer ersten Begegnung – vor sechs Monaten war das gewesen – hatte er, soweit sich das bei einem so asketischen, in sich gekehrten Sonderling beurteilen lässt, einen geistig und körperlich rüstigen Eindruck gemacht. Aber man weiß eben nie, was im Kopf eines anderen vorgeht.
    Egal wie, Fairhaven interessierte sich nur für Lengs Formel zur Verlängerung des Lebens – das war es, was er um jeden Preis in seinen Besitz bringen musste. Leng war nur sein von Gott auserwählter Wegbereiter, ähnlich wie Johannes der Täufer. Fairhaven war entschlossen,
der
Leng zu werden, der Leng nie gewesen war. Obwohl er vielleicht das Zeug dazu gehabt hätte, wenn er nicht so unentschlossen und am Schluss vermutlich auch noch geistig verwirrt gewesen wäre.
    Nein, Fairhavens Lebensplanung sah anders aus. Er hatte nicht die Absicht, wie Leng in diesem alten Gemäuer zu verkümmern, er wollte am Leben teilhaben, und zwar da, wo esam reizvollsten und pulsierendsten war. Er wollte reisen, sich vergnügen, Liebschaften haben, Wissen anhäufen und aufregende Erfahrungen machen. Das Geld, das er gescheffelt hatte, reichte bis ans Ende seiner Tage. Er konnte sich all diese Wünsche erfüllen – und dazu alle, die ihm noch einfielen.
    Aber für Zukunftsträume war später noch genug Zeit, jetzt musste er sich erst mal darauf konzentrieren, Pendergast aufzuspüren. Die Fußspuren sahen immer verwischter aus: Der Mann brachte die Füße nicht mehr hoch, er schleppte sich nur noch mühsam weiter. Natürlich konnte es sein, dass das wieder nur eine von Pendergasts Finten war, vielleicht wollte er seine Verletzungen schwerer erscheinen lassen, als sie waren. Andererseits, einen so starken Blutverlust kann man nicht vortäuschen. Und er war nun mal getroffen worden, sogar zweimal.
    Den Fußspuren folgend, wegen des niedrigen Torbogens tief gebückt, gelangte er in das nächste Gewölbe. Er leuchtete es mit der Taschenlampe aus: anscheinend ein vor langer Zeit aufgegebenes Labor, auf den Tischen standen verstaubte Glaskolben, die Regale waren bis zu der aus dem nackten Fels gehauenen Decke mit Geräten voll gestopft, die dem altmodischen Aussehen nach aus dem neunzehnten Jahrhundert stammen mussten. In den Retorten klebte rostroter, festgebackener Bodensatz. Leng hatte das Labor offensichtlich seit Jahren nicht mehr benutzt.
    Die Spur von Pendergasts schleppenden Schritten führte geradewegs auf die Tür an der hinteren Wand zu. Fairhaven verlor keine Zeit. Mit gezogener Waffe, den Finger am Abzug, folgte er den Abdrücken.
    Pendergast, dachte er grimmig, Schluss mit den Mätzchen!
    Deine Uhr ist abgelaufen.

11
    Ein Anblick, bei dem Fairhaven das Herz aufging: Pendergast auf den Knien, mit hängendem Kopf, inmitten einer immer größer werdenden Blutlache. Das Versteckspiel war vorüber, es gab keine Tricks und keine Täuschungsmanöver mehr, der Fluchtweg war ihm abgeschnitten.
    Die Szene erinnerte ihn an ein Tier, das einen Schuss in die Eingeweide abbekommen hat.

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