Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens
altmodische Kupferkessel. Auf dem Boden lag angehäufte Asche, hinter dem riesigen Kessel waren Holzscheite aufgeschichtet. Die Kupferröhren, die früher den Fusel in Fässer und große Glaskolben gelenkt hatten, waren abmontiert worden und lagen ramponiert auf dem Boden. Rings um den Zentralkessel standen ein paar kleinere Behältnisse und Kessel.
Sie leuchtete die Höhle aus. Auf der anderen Seite des Kessels stand ein Tisch mit Gläsern, eins davon war zerbrochen. Splitter lagen auf dem Boden, daneben entdeckte sie eine halb verrottete Spielkarte, ein Ass. Ein Stück weiter hinten hatte sich ein ganzer Scherbenhaufen aus zerbrochenen Glasflaschen und Krügen angesammelt. Im Geiste sah sie vor sich, wie die Schwarzbrenner hier unten Karten gespielt, getrunken, geraucht und von Zeit zu Zeit unter dem Kupferkessel Holzscheite nachgelegt hatten.
Sie ging näher an den Kessel heran. Kein Zweifel, er war groß genug, um einen Menschen darin zu kochen. Aber ob er injüngster Zeit je benutzt worden war, ließ sich nicht eindeutig sagen. Andererseits, hätte es sonst hier unten immer noch nach Rauch gerochen? Aber zu dem Rauch mischte sich ein anderer, und zwar ein übler Geruch. Es roch nicht nach Moder, Rost oder Abfällen, es roch so, wie es an den Fundorten der Leichen gerochen hatte, zu denen Pendergast sie mitgenommen hatte.
Auf einmal beschlich sie Angst. Sie war doch nur hergekommen, um zu sehen, ob es den alten Kessel noch gab. Gut, es gab ihn, die Frage war beantwortet. Also bestand kein vernünftiger Grund, sich noch länger hier herumzutreiben. Wenn sie einigermaßen bei klarem Verstand war, musste sie schleunigst verschwinden!
Nur, irgendetwas ließ sie zögern. Sie hatte einen langen Weg zurückgelegt, und nachdem sie schon mal da war, konnte sie ruhig noch ein paar Minuten dranhängen. Wer weiß, was sie noch entdeckte, wenn sie sich gründlich umsah.
Sie reckte sich auf die Zehenspitzen, um rasch einen Blick in den Kessel zu werfen. Der widerliche Geruch nach ranzigem Fett schlug ihr entgegen. Und auf dem Boden des Kessels lag etwas Blasses, fast Durchsichtiges, ähnlich einer Muschelschale. Auf einmal zuckte sie entsetzt zurück. Was da lag, war ein menschliches Ohr!
Sie kämpfte gegen den Brechreiz an. Als sie taumelnd nach hinten ausweichen wollte und ins Stolpern geriet, rutschte ihr die Taschenlampe aus der Hand, schlug hart auf dem Kalksteinboden auf und rollte weg. Der gelbe Strahl tänzelte wie ein Irrlicht über den Boden, immer weiter nach hinten. Bis die Lampe abermals irgendwo aufschlug und zu trudeln aufhörte. Und eine Sekunde später erlosch das Licht, die Höhle war in Dunkel getaucht.
Scheiße!, fluchte Corrie lautlos vor sich hin. Scheiße-Scheiße-Scheiße!
Sie ging auf die Hände und die Knie und arbeitete sich, ständig den Boden absuchend, langsam auf die Stelle zu, an der sieden Lichtstrahl zuletzt gesehen hatte. Oder zumindest glaubte, ihn gesehen zu haben. Nach wenigen Minuten hatte sie sich auf dem Felsboden die Hände wund gescheuert.
Die Taschenlampe freilich konnte sie nirgendwo finden. Sie ging in die Hocke und überlegte, ob sie versuchen sollte, den Rückweg im Dunkeln zu finden. Eine verrückte Idee, innerhalb von Minuten würde sie die Orientierung verlieren und blindlings durchs Dunkel stolpern! Panik befiel sie. Sie musste die Lampe finden! Irgendwo da, wo sie zuletzt auf den Fels geprallt und in eine andere Richtung gelenkt worden war, musste sie sein. Sie würde sie finden, kräftig durchschütteln, bis die Batterien wieder arbeiteten, und dann wie ein geölter Blitz aus dem verdammten Höhlensystem verschwinden. Sie kroch suchend an der Felswand entlang, erst nach links, dann nach rechts. Die Taschenlampe war wie vom Boden verschluckt.
Vielleicht war sie zu weit seitlich abgekommen? Sie versuchte, sich zu konzentrieren, und kroch zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Richtiger gesagt: dahin, wo sie ihren Ausgangspunkt vermutete. Und dann startete sie den zweiten Versuch.
Ohne Erfolg. Ihr Atem ging immer schneller, ihr Herz raste wie verrückt. Nach einer Weile hatte sie das Gefühl, die Orientierung völlig verloren zu haben und irgendwo mitten in der Höhle herumzuirren.
Okay, dachte sie, hör auf zu suchen, bleib, wo du bist, bring deinen Atem unter Kontrolle und sieh zu, dass du dich wieder in den Griff kriegst! Sie war tatsächlich so dämlich gewesen, sich nur auf ihre Taschenlampe zu verlassen, statt sich zusätzlich Streichhölzer einzustecken. Eine
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