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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Taschenlampeein und nahm das Vorhängeschloss in Augenschein, mit dem das Eisentor gesichert war. Ausgezeichnet! Ein altes Steckschloss, wie es vor rund hundert Jahren in Mode gekommen war. Im Prinzip dasselbe System wie an den Schließfächern in der Schule, an denen sie seinerzeit ihre per Internet erworbene Fertigkeit erprobt hatte. Bei dem Gedanken, wie sie damals Brad Hazen einen noch warmen Pferdeapfel ins frisch geknackte Schließfach gelegt hatte, zerfloss ihre Miene zu einem hämischen Grinsen. Sie hatte ihm nicht nur die geballte Ladung Pferdekot, sondern auch eine – zugegeben nicht mehr ganz frische – Rose zu seinen Siebensachen gepackt, und der Trottel war ihr nie auf die Schliche gekommen.
    Zuerst zog sie mit einem Ruck die Kette stramm. Oberstes Gebot für Schlossknacker war: Greif nicht zum Stemmeisen, wenn du’s womöglich gar nicht brauchst! Aber hier brauchte sie ihr Werkzeug, das Schloss war fest eingerastet.
    Sie kramte ein grünes Filzetui aus ihrer Tasche, klappte es vorsichtig auf und musterte ihre Ausrüstung. Einen Satz Keile und zwei, drei Haken, alles während des Werkunterrichts in der Schule persönlich angefertigt. Der Kniff beim Schlossknacken, hatte sie im Internet gelernt, bestand im Prinzip nur darin, die Schwachstellen auszumachen. Bei zweifachen Verriegelungen galt die Regel, sich erst den dickeren und dann den dünneren Arretierstift vorzunehmen. Den Stift mit dem passenden Keil nach unten drücken und das Schloss mit Hilfe des gebogenen Hakens aufzuhebeln – das war schon alles. Wie gesagt, zuerst den dickeren Arretierstift nach unten drücken – im Grunde ein Kinderspiel. Nachdem sie beide Arretierungen ausgehebelt hatte, konnte sie ein stolzes Lächeln nicht unterdrücken. Obwohl sie sich natürlich eingestand, dass es nur bei altmodischen Schlössern so einfach war. Ein Glück, dass Pendergast nicht Augenzeuge ihrer ruchlosen Tat gewesen war, er hätte solche Methoden sicher nicht gebilligt. Oder hätte er unter den gegebenen Umständen vielleicht doch ein Auge zugedrückt?
    Corrie packte ihr Werkzeug ein und drückte das leise quietschende Tor auf. Auch hier wieder keine Fuß- oder Schleifspuren auf dem staubigen Boden. Pendergast schien der Letzte gewesen zu sein, den Winifred Kraus zu einer Führung überreden konnte. Sie machte sich anscheinend auch nicht die Mühe, hier unten in regelmäßigen Abständen nach dem Rechten zu sehen. So gesehen hätte Corrie unbekümmert drauflosmarschieren können, aber irgendwie geriet sie bei dem Gedanken, dass die Taschenlampenbatterien irgendwo unterwegs ihren Geist aufgeben könnten, in gelinde Panik. Und so beschloss sie, die Taschenlampe nur im Notfall einzuschalten und sich ansonsten an den feuchten Felswänden entlangzutasten.
    Es war eine kleine Ewigkeit her, seit sie das letzte Mal hier unten gewesen war. Ihr Vater hatte sie einmal mitgenommen, als sie sechs oder sieben gewesen war – kurz bevor er sich schnöde aus dem Staub gemacht hatte. Sie blieb stehen, leuchtete kurz den Abgrund aus, der sich unter ihr auftat, und sah vor sich die Kalksteinstufen, die in die Tiefe führten. Ein leichtes Schaudern überlief sie, aber sie zwang sich, den Abstieg ohne Licht zu wagen, zumal sie sich erinnerte, dass die Stufen nach einer Weile von einem Laufsteg aus Holzbohlen abgelöst wurden. Nur, dass die vermeintliche Weile so lange dauerte, hatte sie nicht geahnt.
    Wie gespenstische Schatten ragten links und rechts des Stegs Stalagmiten und Stalaktiten auf. Sie hatte vergessen, wie fremdartig und unheimlich die Welt hier unten war. Seinerzeit hatte sie ihren Vater neben sich und eine Menge Erwachsene in der Nähe gehabt. Jetzt war sie allein, und rings um sie herrschte Grabesstille. Sie setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Am liebsten hätte sie sich die Schuhe ausgezogen, weil jeder Schritt auf dem Holzsteg höllisch laut klang – zumindest bildete sie sich das ein. Das Tropfwasser, das von den Stalaktiten rann, hörte sich im Dunkel an, als lauere vor ihr ein Wasserfall, in den sie unversehens abstürzen konnte. Vielleichtwar es doch keine so gute Idee gewesen, mutterseelenallein hierher zu kommen.
    Sie schüttelte ihre Ängste ab. Sie machte sich klar, dass ihr hier unten nichts und niemand auflauern konnte, sie war völlig allein. In den Pfützen, die sich auf dem hölzernen Gehsteig angesammelt hatten, war eine dünne Schlammschicht abgelagert. Auch hier gab es keine Fußspuren, was wiederum bewies, dass schon lange

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