Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
Vom Netzwerk:
ihrem schneeweißen, schulterlangen Haar und den üppig wuchernden Augenbrauen an eine auf wundersame Weise zum Leben erwachte Märchengestalt. Sie blieb vor einem Sammlerschrank stehen, in dessen Front aus schön gemasertem Eichenholz sich Dutzende schmale Schubfächer befanden. Der Mann fuhr mit dem Finger an den beschrifteten Schildern entlang, fand das gesuchte Schubfach und zog es auf. Der Wert des Inhalts offenbarte sich nur profunden Kennern: Es waren präparierte, im Lichtschein der Grubenlampe grün schimmernde Lunamotten, eine Spezies, deren seltene jadegrüne Mutation nur in Kaschmir zu finden ist.
    Er machte sich auf seinem Klemmbrett ein paar Notizen, schob das Fach wieder zu und öffnete das nächste. Dutzende große, mit penibler Sorgfalt in immer gleichem Abstand aufgespießte Indigomotten kamen zum Vorschein – eine Rarität, die in Sammlerkreisen ein Vermögen wert war. Sie trugen auf dem Rücken ein seltsames, silbern schimmerndes, an ein lidloses Auge erinnerndes Mal. Aber das Insekt trug nicht zu Unrecht den Namen
Lachrymosa codriceptes –
der geflügelte Tod. Wehe dem Ahnungslosen, der sich durch die betörendeSchönheit darüber hinwegtäuschen ließ, dass es sich um den giftigsten Falter der Halbinsel Yukatan handelte.
    Der Mann machte sich wieder einige Notizen, dann ließ er die Flucht der Kellergewölbe hinter sich und kehrte in den durch einen Gobelin abgetrennten Raum zurück, in dem er sein Laptop stehen hatte. Er gab mit erstaunlich flinken Fingern die handschriftlichen Notizen in den Computer ein, bis ihn ein ungeduldig klingendes Schnarren aufschreckte.
    Das Schnarren kam aus der Brusttasche seines Laborkittels, und da nur zwei Menschen die Rufnummer seines Mobiltelefons kannten, musste er nicht lange rätseln, wer ihn anrief.
    »Special Agent Pendergast, nehme ich an«, raunzte er ein wenig ungehalten in sein Handy.
    »Ins Schwarze getroffen«, antwortete eine ihm seit Jahren vertraute Stimme. »Wie geht es dir, Wren?«
    »Frag mich morgen noch mal, vielleicht erreicht mich dein Anruf dann schon im Grab.«
    »Das wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Ist der Katalog der Erdgeschossbibliothek schon fertig?«
    »Nein, den hebe ich mir bis zum Schluss auf. Zurzeit bin ich noch mit der Katalogisierung der Sammlung im Keller beschäftigt. Du weißt ja, dass ich nur tagsüber daran arbeiten kann. Meine Nächte gehören der Bibliothek, da lasse ich mich durch nichts stören.«
    »Natürlich, das weiß ich. Hoffentlich hast du meine Ermahnung beachtet, nicht bis zu den Gewölben hinter dem ehemaligen Labor vorzudringen?«
    »Habe ich«, sagte Wren, »aber…« Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich dazu durchrang, Pendergast von seinen Irritationen zu erzählen. »Du weißt, dass ich mich nicht durch Dunkelheit oder Modergeruch abschrecken lasse, aber diesmal…« Wieder ein Zögern. »Irgendwie habe ich während meiner Arbeit hier unten das rätselhafte Gefühl, dass ich…dass ich belauert werde.«
    »Nun, das überrascht mich nicht sonderlich«, erwiderte Pendergast. »Das Kuriositätenkabinett ist nun mal nicht das denkbar angenehmste Ambiente, da können sich selbst gelassene Naturen alles Mögliche einbilden. Vielleicht war es sowieso ein Fehler von mir, dich zu bitten, diese Aufgabe zu übernehmen.«
    »Oh nein!«, widersprach Wren entschieden, »so eine Gelegenheit würde ich mir doch nie und nimmer entgehen lassen! Ich hätte dir besser nichts davon erzählen sollen. Reine Einbildung, wie du schon sagst. Wahrscheinlich weiß ich einfach zu genau, was sich in diesen alten Kellergewölben abgespielt hat.«
    »So wird es wohl sein. Mir geht es so ähnlich, die Ereignisse im Herbst letzten Jahres lassen sich nicht so einfach abschütteln. Ich hatte gehofft, dass der Ausflug nach Kansas mich ein wenig ablenkt.«
    »Hat aber nicht geklappt, wie?«, sagte Wren kichernd. »Ja, wenn jemand abschalten will und dann zur Zerstreuung einen Serienmörder jagt – nach allem, was ich gehört habe, noch dazu einen ziemlich abartigen –, darf er sich nicht wundern. Dein Bruder macht nicht zufällig in Kansas Urlaub, oder?«
    Pendergast sagte eine Weile gar nichts, und als er schließlich auf Wrens Bemerkung einging, klang seine Stimme kühl und distanziert. »Wren, ich habe dich gebeten, mich nie auf meine Familie anzusprechen.«
    »Ja, schon gut. Entschuldige!«
    Die kurze Verstimmung war vergessen, Pendergasts Stimme klang wieder normal und sachlich: »Ich rufe an, weil ich dich bitten möchte,

Weitere Kostenlose Bücher