Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
den die Leser der Post respektieren würden – als einen der vernünftigsten Menschen auf Erden. Und wenn man ihm so zuhörte, konnte man selber auf diesen Gedanken kommen.
Harriman steckte das Handy zurück. Reverend Buck mochte es noch nicht für möglich halten, aber bald, sehr bald schon würde er sein Bild auf der ersten Seite der Post wiederfinden.
52
Es war schwül. Unzählige Grillen zirpten im Dunkel der Nacht. D’Agosta folgte Pendergast entlang den stillgelegten Eisenbahngleisen. Es war drei Uhr nachts, der Mond war gerade untergegangen und hatte einen samtenen Mantel über die Stadt gelegt.
Die Schienen hörten auf. Nur noch der aufgeschüttete Bahndamm führte weiter in die Dunkelheit und wurde schon bald darauf von einem alten Maschendrahtzaun gekreuzt. Weit hinter dem Zaun konnte D’Agosta mit Mühe die Umrisse einiger großer Bäume ausmachen. Pendergast änderte die Richtung und folgte dem Verlauf des Zauns, bis sie nach ungefähr fünfzig Metern ein kleines Wäldchen erreichten.
»Hier bereiten wir uns vor«, sagte er leise, setzte seinen Rucksack ab, kramte zwei Dosen mit schwarzer Tarnfarbe heraus und warf eine davon D’Agosta zu. Eine Weile waren beide stumm damit beschäftigt, die Farbe mit den Fingerspitzen aufs Gesicht aufzutragen. Am Schluss nahm der Agent seine Les Baer aus dem Holster und schwärzte die glänzenden Metallteile.
D’Agosta zuckte innerlich zusammen. Es war schrecklich, so etwas mit einer so wunderbaren Waffe anzustellen.
»Sie müssen dasselbe mit Ihrer Pistole tun, Vincent. Das winzigste Glänzen könnte unseren Standpunkt verraten.«
Widerwillig zog D’Agosta seine Waffe hervor und begann sie mit der Tarnfarbe einzuschmieren.
»Sie fragen sich sicher, ob das alles nötig ist.«
»Der Gedanke ist mir tatsächlich schon gekommen.«
Pendergast streifte sich ein Paar schwarze Handschuhe über.
»Der Zaun soll potenzielle Einbrecher in Sicherheit wiegen, das haben Sie sich wahrscheinlich schon gedacht. Wir haben es hier mit mehreren gestaffelten Sicherheitsbereichen zu tun. Der erste ist rein psychologischer Natur und dürfte der Grund dafür sein, dass Bullard sich für diesen Standort entschieden hat.« Pendergast schaute kurz auf die Uhr. »Das Werksgelände gehörte einst zu einer der größten Dynamitfabriken Alfred Nobels. Als die Fabrik geschlossen wurde, waren hunderte von Arbeitern bei Explosionen ums Leben gekommen. Darüber hinaus waren tausende durch Chemikalien, die man zur Herstellung von Dynamit benötigte, verletzt worden. Unter den Anwohnern gilt das Gelände deshalb als verflucht. Es wird von ihnen gemieden. Jahrelang hat niemand außer einem Hausmeister einen Fuß auf diesen Roden gesetzt, bis Bullard das Anwesen vor sieben Jahren erwarb.«
»Bullard verlässt sich also auf den schlechten Ruf des Werksgeländes? Ganz schön clever!«, sagte D’Agosta.
»Ja. Zumindest hinsichtlich der Anwohner. Nichtsdestotrotz gibt es selbstverständlich weitere Sicherheitsvorkehrungen, und diese werden darüber hinaus reichlich ausgeklügelt sein. Ich kann nur vermuten, womit wir es möglicherweise zu tun haben. Sie wissen ja, die italienischen Behörden haben sich sehr zugeknöpft gezeigt. Aber ich habe ein paar Werkzeuge mitgebracht, die sich als hilfreich erweisen dürften.«
Er kramte eine Provianttasche aus seinem Rucksack, hängte sie sich über die Schulter, zog mehrere dünne Aluminiumröhren heraus, schraubte sie zusammen und befestigte an einem Ende eine Art Scheibe. Dann kroch er auf den Zaun zu und schwenkte die Scheibe langsam dicht über dem Boden hin und her. D’Agosta verfolgte staunend, wie sich das rätselhafte Gebilde als Messgerät entpuppte und die kleine Scheibe sich schwach rot färbte.
»Ganz wie ich vermutet habe«, flüsterte Pendergast zufrieden. »Sie haben dicht hinter dem Zaun ein elektromagnetisches Feld installiert. Einen Bewegungsmelder, der, solange keine Störung eintritt, konstant sechzig Hertz Wechselstrom anzeigt.«
D’Agosta sah ihn verblüfft an. »Soll das heißen, dass der Zaun elektrisch gesichert ist? Das alte Ding?«
»Um den Zaun geht es nicht«, erklärte ihm der Agent. »Aber sie haben den Boden mit Messdrähten gespickt, sodass der Wachdienst jede verdächtige Annäherung sofort bemerkt.«
»Und wie können wir die Anlage deaktivieren?«
»Wir haben nicht vor, sie zu deaktivieren. Bleiben Sie dicht hinter mir, Vincent.«
Sie versteckten ihre Rucksäcke im Dickicht und krochen den Zaun entlang, bis
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