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Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels

Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels

Titel: Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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das musste für einfältige Gemüter überzeugend wirken. Harriman selbst musste allerdings zugeben, dass ihm die Menck’sche Theorie irgendwie zu gesucht vorkam. Vor ihm lag der Metropolitan Club, der in Marmor gefasste Tempel des alten New Yorker Geldadels. In einigen Jahren, wenn er die vierzig überschritten hatte, würde sein Vater ihm dort durch eine großzügige Spende die Türen öffnen. Es sei denn, der Umstand, dass er für die Post arbeitete, erwies sich als Hindernis. Was Harriman wieder an seinen Traum erinnerte, bald zur Times zurückkehren zu können. Mit der Geschichte, an der er arbeitete, müsste ihm das eigentlich gelingen.
    Ritts mochte ihn – zumindest so, wie jemand wie er einen anderen Menschen mögen konnte. Aber mit guten Storys ist es wie mit einem Feuer: Man muss fleißig nachlegen. Seine Nase sagte ihm, dass die Story, die ihm vorschwebte, ein unschlagbarer Knüller werden konnte. Er näherte sich der 68th Street, das Gedränge der Gaffer wurde immer dichter. Und auf einmal entdeckte er, dass die Menschenmenge offenbar einem Prediger zuhörte. Er konnte noch nicht hören, was der Mann sagte, aber seine Stimme klang ruhig und beherrscht. Harriman arbeitete sich Zentimeter um Zentimeter vor.
    »Dies ist eine verblüffende Stadt«, hörte er den Prediger sagen. »Ich bin gerade mal vierundzwanzig Stunden hier, aber ich kann jetzt schon sagen, dass es nirgendwo auf der Welt etwas Vergleichbares gibt. Die Wolkenkratzer, die eleganten Limousinen, die schönen Menschen – all das blendet mit seinem funkelnden Glanz das Auge. Aber soll ich euch sagen, was mich noch mehr verblüfft? Es ist die Hast, die ich allenthalben beobachte. Die Fußgänger, die, während sie durch die Straßen eilen, das Handy am Ohr haben. Und genauso machen es die Leute im Taxi und in den Bussen. Was treibt sie so zur Eile? Ich habe sie beobachtet und ihnen genau zugehört. Sie sind ständig mit sich selbst beschäftigt, mit einer wichtigen Besprechung am folgenden Tag, mit einer Tischreservierung fürs Dinner oder damit, sich etwas auszudenken, wie sie ihren Ehepartner betrügen können. Sie leben nur für das Heute. Sie haben gar keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, was mit ihnen in dreißig, vierzig Jahren sein wird. Sie sind viel zu beschäftigt, um ihren Frieden mit Gott zu machen. Oder sich der Worte zu erinnern, die wir im Lukas-Evangelium lesen: Wahrlich, ich sage euch, noch ehe euern Kindern und Kindeskindern die letzte Stunde geschlagen hat, wird sich alles erfüllen. «
    Harriman sah sich den Prediger genauer an. Er hatte sandbraunes, kurz geschnittenes Haar und sah aus wie ein Bilderbuchamerikaner. Keine Tätowierung, kein Piercing und kein Dreitagebart. Und er stand nicht mit der Bibel in der Hand da, er schien sich mit guten Freunden zu unterhalten, und das beeindruckte die Leute.
    »Und ich habe mir seit meiner Ankunft in New York viele Kirchen angesehen, sehr viele«, fuhr der Mann fort, »mehr als in jeder anderen Stadt, die ich kenne. Aber so voll die Straßen auch sein mochten, die Kirchen waren leer. Sogar in der großartigen St. Patrick’s Kathedrale habe ich nur wenige gesehen, die gekommen waren, um zu beten. Touristen waren freilich zu hunderten dort, aber die wenigen, die so etwas wie Andacht erkennen ließen, konnte ich an meinen zehn Fingern abzählen. Und das, meine Freunde, hat mich besonders traurig gemacht. Es hat mich bis ins Mark getroffen, sehen zu müssen, dass New York nicht Gott, sondern den Mammon anbetet.«
    Er deutete auf einen gut gekleideten jungen Mann um die zwanzig, der mit dem Handy am Ohr an ihnen vorbeieilte.
    »Wann, glaubt ihr, hat dieser junge Mann zuletzt darüber nachgedacht, dass auch er eines Tages sterben wird? Oder diese Frau?« Sein ausgestreckter Finger zeigte auf eine elegant gekleidete, mit Einkaufstüten von Henri Bendel und Tiffany beladene Dame. Und schon nahm er die Nächsten aufs Korn: ein Studentenpärchen, das eng umschlungen die Straße hinunterschlenderte. »Wann werden sie sich ihrer Sterblichkeit bewusst? Der Tod kann sie schon nächste Woche ereilen – oder erst in zehn oder fünfzig Jahren. Aber ereilen wird er sie, so wahr ich Wayne P. Buck heiße. Und ihr, die ihr mir zuhört, seid ihr vorbereitet?«
    Harriman überlief unwillkürlich ein wohliges Schaudern. Der Kerl war verdammt gut!
    »Ganz gleich, ob du ein reicher Investmentbanker an der Wall Street oder ein Wanderarbeiter in Amarillo bist, der Tod macht keinen Unterschied. Ob groß

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