Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
sie eine Stelle entdeckten, an der mehrere große Löcher nur notdürftig mit Stacheldrahtrollen geflickt worden waren. Pendergast riss eine der Rollen heraus, steckte vorsichtig den Detektor durch das Loch und scannte den Boden auf der anderen Seite des Zauns. Auf dem Display erschienen Leuchtziffern.
Pendergast steckte das Gerät wieder ein. Mit einem Stöckchen schob er verwelktes Laub beiseite, wühlte sich in den Boden hinein und legte einen aus zwei Drähten bestehenden Sensor frei. Er wiederholte die Prozedur in etwa einem Meter Entfernung, kramte aus seinem Tragebeutel eine mit zwei Zwingen versehene Fangschlinge und klemmte sie an den im Boden versteckten Drähten fest.
»Was soll das werden?«, fragte D’Agosta flüsternd.
»Ich reduziere unsere elektromagnetische Signatur dergestalt, dass sie der eines Keilers und einer Bache entspricht. Wildschweine sind in dieser Gegend weit verbreitet und für Bullards Nachtwächter sicher ein bekannter Störfaktor. Kommen Sie, schnell!«
Sie krochen durch die Öffnung. Eilig entfernte Pendergast die Klemmvorrichtung, richtete den Zaun und verwischte ihre Spuren. Zuletzt zog er noch eine Spritzpistole aus der Tasche und benetzte damit den aufgewühlten Boden. Ein beißend scharfer Geruch stieg D’Agosta in die Nase.
»Konzentrierter Wildschwein-Urin. Mir nach!«
Sie huschten geduckt an der Innenseite des Zauns entlang, bis sie zu einem Dickicht kamen. Pendergast kroch in das wuchernde Gestrüpp, winkte D’Agosta hinter sich her und hauchte ihm fast tonlos ins Ohr: »Jetzt warten wir auf die Wachmannschaft. Es kann eine Weile dauern. Atmen Sie gleichmäßig und bleiben Sie ruhig. Sie sind vermutlich mit Nachtsicht- und Infrarotgeräten ausgerüstet, bleiben Sie also unten und bewegen Sie sich nicht. Da sie bereits vermuten, dass es sich bei der Störung um Wildschweine handelt, werden sie nicht lange suchen.«
Die Stille senkte sich über sie. Es war stockfinster im Dickicht. D’Agosta wartete. Links von ihm war Pendergast so still, dass es ihm vorkam, als sei er in der Dunkelheit verschwunden. Die einzigen Geräusche waren das Rascheln der Blätter im Wind und hin und wieder der Schrei eines Käuzchens.
Drei Minuten vergingen. Fünf.
Plötzlich verspürte D’Agosta ein unangenehmes Kribbeln am linken Bein. Verdammte Ameisen, fluchte er stumm in sich hinein und wollte die Plagegeister wegschnippen. Aber Pendergast bedeutete ihm, sich ja nicht zu rühren. Ein paar Minuten verrannen, das Kribbeln wurde stärker, eine ganze Ameisenarmee schien es auf ihn abgesehen zu haben. Als er versuchte, an etwas anderes zu denken, bemerkte er, dass seine Nase schrecklich zu jucken begann. Wie lange saßen sie jetzt schon hier? Zehn Minuten? Das war ja schlimmer als ein Marathonlauf. D’Agosta sah absolut nichts. Ein Wadenkrampf kündigte sich an. Er hätte sich sorgfältiger hinsetzen müssen. Er sehnte sich danach, sich wieder bewegen zu dürfen. Seine Nase juckte inzwischen entsetzlich, und es wurde schlimmer und schlimmer, weil er sich nicht kratzen durfte. Noch mehr Ameisen krochen über seinen Körper. Der Krampf im Bein wurde unausweichlich. Sein Wadenmuskel begann zu zucken. Plötzlich drangen Stimmen an sein Ohr. D’Agosta hielt den Atem an. Er konnte in der Ferne eine Lichtquelle ausmachen. Mehr Stimmen. Dann das Rauschen eines Walkie-Talkies. Irgendjemand unterhielt sich auf Englisch. Dann wieder Stille.
D’Agosta erwartete, dass Pendergast das Zeichen zum Aufbruch geben würde, aber dieser blieb mucksmäuschenstill liegen. Inzwischen tat ihm jeder Muskel weh. Eines seiner Beine war eingeschlafen, und die Ameisen waren überall.
»Okay.« Pendergast stand auf. D’Agosta erhob sich dankbar, machte ein paar Dehnungsübungen, kratzte sich die Nase und schüttelte sich die Ameisen aus der Kleidung. Pendergast schaute ihn an. »Irgendwann werde ich Ihnen mal eine Meditationstechnik beibringen, Vincent. Das hilft in Situationen wie dieser.«
»Danke, das wäre bestimmt nicht verkehrt.«
Sie gingen durch den Wald. Der Abstand zwischen den Bäumen wurde größer, und bald standen sie am Rand eines offenen Feldes. Vor ihnen standen einige alte Lagerhallen. Pendergast konsultierte eine kleine Karte, dann gingen sie weiter. Es dauerte nur Minuten, bis sie bei dem ersten Gebäude angekommen waren. Der Betonboden war von Sprüngen und Rissen übersät, offenbar hatte seit Jahren niemand mehr einen Fuß in die riesige, völlig leer geräumte Halle gesetzt. Aber
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