Pendergast 05 - Burn Case - Geruch des Teufels
sie ihm mal gegeben.«
»Ich denke, Sie waren nicht befreundet?«
»Dann hat er sie wohl von jemand anderem.«
»Hatten Sie den Eindruck, dass er beunruhigt war oder sich vor irgendetwas fürchtete?«
»Nicht dass es mir aufgefallen wäre. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern.«
»Kennen Sie einen gewissen Nigel Cutforth?«
Bullard zögerte einen Herzschlag zu lang. »Nein.«
D’Agosta versuchte, in seinem Mienenspiel zu lesen. Aber Bullard war einen Schritt zurückgetreten, sein Gesicht lag im Schatten. »Ranier Beckmann?«
»Nein.« Diesmal kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
»Einen Grafen Isidor Fosco?«
»Der Name kommt mir bekannt vor. Kann sein, dass ich mal etwas über ihn in den Gesellschaftsspalten gelesen habe.«
»Lady Milbanke?«
»Nein.«
»Jonathan Frederick?«
»Nein, die sagen mir beide nichts.«
Es war aussichtslos, D’Agosta musste sich geschlagen geben. Er klappte das Notizbuch zu. »Glauben Sie bloß nicht, dass wir mit Ihnen fertig sind, Mr Bullard.« Er stand auf, wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch mal um. »Ich hoffe, Sie beabsichtigen nicht, in nächster Zeit eine Auslandsreise anzutreten, Mr Bullard?«
Bullards Schweigen ermutigte D’Agosta fortzufahren: »Ich könnte Sie zu einem Zeugen der Anklage erklären lassen und Ihnen alle Reiseaktivitäten untersagen.« D’Agosta wusste natürlich, dass das unmöglich war, aber er schien einen empfindlichen Nerv seines Gegenübers getroffen zu haben. »Wie würde Ihnen das gefallen?«
Es schien, als habe Bullard ihn nicht verstanden, aber D’Agosta wusste, das Gegenteil war der Fall. Er wandte sich ab und ging zur Tür, vorbei an den riesigen grünen Tischen mit den kleinen Taschen. Dort blieb er stehen und musterte den jungen Mann vom Ordnungsdienst, der die ganze Szene interessiert verfolgt hatte. »Wie nennt man dieses Spiel eigentlich?«
»Snooker, Sir. Eine spezielle Form des Poolbillard.«
»Snooker?«, wiederholte D’Agosta ungläubig. Wollte der ihn auf den Arm nehmen? Aber der Mann verzog keine Miene. D’Agosta verließ den Raum, ging zum Hauptaufzug und fuhr damit zum Foyer. Der blasierte Türsteher konnte ihm den Buckel runterrutschen.
Das letzte Licht des Tages war fast verblichen, vor den Fenstern des New York Athletic Club nistete sich die Dämmerung ein. Bullard stand reglos am Spieltisch, die Zigarre im Mundwinkel, den Billardstock in der Hand. Sechzig Sekunden verstrichen, dann stand sein Entschluss fest. Er trat an die Bar, nahm den Telefonhörer ab und wählte. Er musste etwas unternehmen, und zwar sofort. Das Geschäft, das er in Italien abzuwickeln gedachte, duldete keinen Aufschub. Und er ließ es sich von keinem vermasseln – schon gar nicht von diesem wichtigtuerischen Sergeant!
12
D’Agosta stand auf den Stufen vor dem New York Athletic Club und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Erst halb sieben. Pendergast hatte ihn gebeten, um neun zu seinem Haus im nördlichen Manhattan zu kommen, damit sie sich gegenseitig auf den neuesten Stand bringen konnten. Er hatte also noch jede Menge Zeit. Soweit er sich erinnerte, gab es ganz in der Nähe einen schummerigen irischen Pub, der sich schlicht Mullin’s nannte und immer für einen anständigen Burger und ein kaltes Bier gut war.
Er drehte sich um und warf einen Blick in die Lobby. Der Mann an der Rezeption, der ihn eben den weiten Weg zum Lieferanteneingang geschickt hatte, war auf seinem Posten und legte gerade den Hörer des Haustelefons auf. D’Agosta verweilte absichtlich ein bisschen länger, was den Mann dazu veranlasste, gequält in seine Richtung zu starren. Nach einer Weile befand er, es sei genug des grausamen Spiels, vergewisserte sich, dass er immer noch den Schlüssel zu Pendergasts Haus einstecken hatte, und stiefelte Richtung Central Park South los.
Eigentlich komisch, dass Pendergast sich ein Haus im nördlichen Manhattan leistete, wo er doch bereits ein Apartment im Dakota bewohnte, das größer als die meisten Einfamilienhäuser sein sollte. Er zog die Visitenkarte aus seiner Hosentasche. Riverside Drive 891 – wo mochte das sein? Früher hätte er nicht lange rätseln müssen. Vor seiner Zeit in Kanada hatte er sich in Manhattan ausgekannt wie in der eigenen Westentasche, aber jetzt war ihm nur ein Haufen verschütteter Erinnerungen geblieben. Egal, wie er Pendergast kannte, war es bestimmt eins von den vornehmen alten Gebäuden am Riverside Park.
Beim Mulliris ließ ihn das
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