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Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd

Titel: Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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hatte. Wenngleich Pendergasts Fall im großen Weltenplan keine Rolle spielte, war er doch auch nicht ganz uninteressant. Da war zum Beispiel die geradezu mythische Kain-und-Abel-Beziehung zwischen den beiden außergewöhnlichen Brüdern. Denn Pendergast war außergewöhnlich. Glinn war noch nie einem Mann begegnet, dessen Intellekt sich seinem eigenen als ebenbürtig erwiesen hatte. Er selbst hatte sich der Masse der Menschheit stets ein wenig entfremdet gefühlt, und doch war hier ein Mann, mit dem er sich, um die abscheuliche Ausdrucksweise des modernen Zeitalters zu verwenden, identifizieren konnte. Noch faszinierender fand er jedoch, dass Pendergasts Bruder offenbar noch intelligenter war – und dabei von Grund auf böse. Diogenes war ein Mensch, der von seinem Hass derart verzehrt wurde, dass er sein Leben dem Objekt seines Hasses gewidmet hatte, nicht unähnlich einem Mann, der von einer obsessiven Liebe verzehrt wurde. Was immer diesem Hass zugrunde lag, es war etwas Einzigartiges in der menschlichen Erfahrung.
    Er sah wieder auf den Monitor. Das Geplauder war vorüber, Rolf Krasner kam zur Sache. In dem EES -Psychologen verband sich eine entwaffnend freundliche Art mit höchstem Professionalismus. Man mochte kaum glauben, dass dieser so fröhliche, rundgesichtige, bescheidene Mann mit dem Wiener Akzent gefährlich werden konnte. Ja, mehr noch: Auf den ersten Blick wirkte er wie jemand, der keiner Fliege etwas zuleide tat – bis man ihn bei der Arbeit erlebte. Glinn wusste genau, wie wirksam diese Jekyll-und-Hyde-Strategie bei einem ahnungslosen Probanden sein konnte. Andererseits hatte es Krasner noch nie mit einem Probanden wie diesem zu tun gehabt. Glinn beugte sich vor und schaltete den Audiokanal ein.
    »Mr Pendergast«, sagte Krasner soeben gutgelaunt, »kann ich Ihnen etwas bringen, bevor wir anfangen? Wasser? Etwas Alkoholfreies? Einen doppelten Martini?« Er lachte belustigt.
    »Nichts, danke.«
    Pendergast fühlte sich offenkundig unwohl, und das sollte auch so sein. Bei EES hatte man drei verschiedene Formen der Befragung entwickelt. Jede entsprach einem speziellen Persönlichkeitstypus. Hinzu kam noch eine experimentelle vierte Form, die nur bei den schwierigsten, resistentesten – und intelligentesten – Probanden Verwendung fand. Nachdem man Pendergasts Akte durchgelesen und die Lage besprochen hatte, stand sofort fest, welche Form anzuwenden war. Pendergast war erst die sechste Person, die dieser vierten Form der Befragung unterzogen wurde. Mit ihr hatten sie noch immer Erfolg gehabt.
    »Wir bedienen uns einiger der Techniken der guten alten Psychoanalyse«, sagte Krasner gerade. »Und eine davon ist, dass sich unsere Probanden auf die Couch legen, und zwar so, dass sie den Interviewer nicht sehen. Würden Sie es sich bitte bequem machen?«
    Pendergast legte sich auf die mit Brokat bezogene Couch und faltete die weißen Hände auf der Brust. Sah man einmal von seiner abgerissenen Kleidung ab, wirkte er wie eine aufgebahrte Leiche. Der Mann ist wirklich faszinierend, dachte Glinn und fuhr mit dem Rollstuhl näher an den Monitor heran.
    »Vielleicht erkennen Sie das Büro, in dem Sie sich befinden, Mr Pendergast«, sagte Krasner und ordnete seine Unterlagen.
    »Ja. Berggasse 19.«
    »Genau! Eine Reproduktion von Freuds Sprechzimmer in Wien. Es ist uns sogar gelungen, ein paar seiner afrikanischen Statuetten zu erwerben. Und dieser Perserteppich hier in der Mitte hat ihm auch gehört. Freud hat sein Sprechzimmer gemütlich genannt – ein Wort, dessen Bedeutung sich nur schwer in unsere Sprache übertragen lässt –, und diese Atmosphäre haben wir uns bemüht wiederzuerschaffen. Sprechen Sie Deutsch, Mr Pendergast?«
    »Deutsch ist, zu meinem großen Bedauern, keine der Sprachen, die ich beherrsche. Ich hätte Goethes Faust gern im Original gelesen.«
    »Ein fabelhaftes Werk, kraftvoll und poetisch zugleich.« Krasner nahm auf einem Holzschemel Platz, so dass Pendergast ihn nicht sehen konnte.
    »Verwenden Sie die psychoanalytische Methode der freien Assoziation?«, fragte Pendergast trocken.
    »O nein! Wir haben eine eigene Technik entwickelt. Sie ist sehr direkt – keine Tricks, keine Traumdeutungen. Das einzig Freudianische an unserer Technik ist die Einrichtung des Sprechzimmers.« Er kicherte.
    Glinn musste lächeln. Die vierte Verhörmethode verwendete Tricks, so wie die anderen auch, aber natürlich sollte der Proband nicht dahinterkommen. Und in der Tat, die vierte Methode schien,

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