Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
Mike zu verdanken, dass ich im letzten Herbst das FBI dazu bringen konnte, sich im Mordfall Jeremy Grove zu engagieren, und er hat auch geholfen, dass sich nach einem Fall, mit dem ich mich davor im Mittleren Westen befassen musste, die Wogen wieder geglättet haben.«
»Also bedroht Diogenes noch einen weiteren Ihrer Freunde?«
»Ja. Ich kann Mike weder auf seinem Handy noch zu Hause erreichen. Seine Sekretärin hat mir gesagt, er ermittle in einem Geheimauftrag, weshalb sie mir keine weiteren Einzelheiten mitteilen könne. Ich muss ihn persönlich warnen – sofern ich ihn überhaupt finde.«
»Es dürfte allerdings ziemlich schwierig sein, ihn zu fassen zu kriegen, er ist schließlich FBI-Agent.«
»Er zählt zu den besten. Ich fürchte nur, dass sich Diogenes davon überhaupt nicht abschrecken lässt.«
D’Agosta blickte erneut auf den Brief. »Das hat Ihr Bruder geschrieben?«
»Ja. Merkwürdig: Es sieht nicht nach seiner Handschrift aus – eher nach einem unbeholfenen Versuch, seine Handschrift nachzuahmen. Viel zu unbeholfen, ehrlich gesagt, für ihn. Und doch hat sie etwas seltsam Vertrautes an sich …« Pendergast stockte.
»Wie sind Sie an den Brief herangekommen?«
»Er ist erst heute Morgen in meiner Wohnung im Dakota-Gebäude eingetroffen. Ich habe dort einen Doorman eingestellt, Martyn, der Sonderaufgaben für mich übernimmt. Er hat den Brief Proctor zukommen lassen, und Proctor hat den Brief an mich weitergeleitet, was ich vorher mit ihm abgesprochen hatte.«
»Proctor weiß, dass Sie am Leben sind?«
»Ja. Constance Green weiß es auch – seit gestern Abend.«
»Und sie? Glaubt sie immer noch, dass Sie tot sind?« D’Agosta sprach den Namen nicht aus – er musste es auch nicht. Pendergast wusste sicherlich auch so, dass er Viola Maskelene meinte.
»Ich habe keinen Kontakt zu ihr. Dadurch käme sie in höchste Gefahr. Wenn sie nichts weiß, ist sie in Sicherheit, so schmerzlich das auch für sie sein mag.«
Ein kurzes, verlegenes Schweigen entstand.
D’Agosta wechselte das Thema. »Also hat Ihr Bruder diesen Brief zum Dakota gebracht? Lassen Sie das Haus denn nicht observieren?«
»Doch. Sehr genau sogar. Ein Obdachloser hat den Brief zugestellt. Wir haben den Mann festgenommen und verhört. Er hat gesagt, ein Mann auf dem Broadway habe ihn dafür bezahlt, ihn zu überbringen. Die Beschreibung des Mannes war zu vage, als dass sie nützlich sein konnte.«
Die Limousine schnitt in rasanter Schräglage und mit quietschenden Reifen die Kurve zur Auffahrt des FDR Drive.
»Glauben Sie, dass Ihr FBI-Freund Ihnen zuhören wird?«
»Mike Decker kennt mich.«
»Mir kommt es so vor, als rechne Diogenes genau damit, dass Sie losjagen und Decker warnen.«
»Das ist richtig. Es ist wie ein erzwungener Zug beim Schach: Ich gerate in eine Falle, kann aber nichts dagegen unternehmen.« Pendergast, dessen Augen sogar hinter den braunen Kontaktlinsen hell wirkten, sah D’Agosta an. »Wir müssen irgendeine Möglichkeit finden, wie wir das Ganze umdrehen, in die Offensive gehen können. Haben Sie etwas von Captain Hayward erfahren können?«
»Die Spurensicherung hat ein paar Fasern gefunden. Diese und die Seile sind die einzigen echten Hinweise, die sie bislang haben. Zudem gibt es ein paar weitere Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit dem Mord. Zum Beispiel hat Diogenes Duchamp offenbar mit einem Schlag auf den Kopf betäubt, dann die Wunde verarztet und bandagiert, ehe er ihn umgebracht hat.«
Pendergast schüttelte den Kopf. »Vincent, ich muss mehr wissen. Ich muss. Das kleinste, unbedeutendste Detail kann entscheidend sein. Ich habe, sagen wir, einen Verbindungsmann in New Orleans, der mir die Polizeiakte über den Giftmord an Hamilton besorgt. Aber ich habe keine solche Verbindung hier für den Duchamp-Fall.«
D’Agosta nickte. »Ich verstehe.«
»Noch etwas. Diogenes operiert offenbar in aufsteigender Linie, er wählt die Opfer chronologisch aus. Das bedeutet, dass Sie möglicherweise bald in Gefahr sind. Wir beide haben bei meinem ersten wirklich großen Fall für das FBI – den Museumsmorden – zusammengearbeitet.«
D’Agosta schluckte. »Machen Sie sich keine Sorgen um mich.«
»Wie’s aussieht, hat Diogenes seine Freude daran, mich im Voraus zu warnen. Wir können davon ausgehen, dass Sie und andere mögliche Zielpersonen vorübergehend sicher sind – zumindest bis ich die nächste Nachricht erhalte. Trotzdem, Vincent, Sie müssen jede nur erdenkliche Schutzmaßnahme
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