Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
Einfahrt, durchquerte einen Garten und gelangte schließlich durch eine Hecke in den Garten hinter Deckers Haus. Groß und gepflegt, führte er bis zum Wald des Parks. Dort, durch dichtes Buschwerk vor den Blicken der Nachbarn verborgen, sah Pendergast zu den Fenstern hoch: Sie waren geschlossen, die weißen Vorhänge zugezogen. Nach einem kurzen Blick hinüber zu den angrenzenden Häusern schlenderte er mit geübter Lockerheit durch den Garten zum Hintereingang, zog dabei seine Handschuhe an und stellte den Koffer auf den Stufen ab.
Wieder blieb er stehen und prägte sich jede Einzelheit seiner Umgebung genau ein. Dann spähte er durch das kleine Fenster neben dem Hintereingang, klopfte aber nicht an. Deckers Küche war modern und fast spartanisch eingerichtet – eine typische Junggesellenküche. Auf einer der Arbeitsflächen lag neben dem Telefon eine zusammengefaltete Zeitung, über einem Stuhlrücken hing eine Anzugjacke. Auf der einen Seite der Küche befand sich eine geschlossene Tür, hinter der sich wahrscheinlich die Kellertreppe verbarg; auf der anderen Seite führte ein dunkler Flur zu den vorderen Zimmern.
Auf dem Flur lag eine Gestalt, die in dem schwachen Licht kaum zu erkennen war. Sie bewegte sich leicht, einmal, zweimal.
Als Pendergast sich eilig am Schloss zu schaffen machte, merkte er, dass es bereits aufgebrochen war und der Türknauf sich mühelos drehen ließ. Ein verräterisches, durchtrenntes Kabel: Dieser Teil der Alarmanlage war also lahmgelegt worden. Auch die Telefonleitung war gekappt. Er rannte auf die Gestalt im Flur zu und kniete sich auf die breiten Holzdielen.
Dort lag ein Weimaraner, seine Augen blickten glasig, seine Beine zuckten noch in langsamer werdenden Spasmen. Pendergast fuhr mit der Hand dem Hund kurz über den Rücken. Die Wirbelsäule war an zwei Stellen gebrochen.
Er erhob sich, griff in seine Tasche und holte eine matt glänzende Wilson Combat TSGC, Kaliber 45, heraus. Mit raschen, lautlosen Bewegungen durchsuchte er das Erdgeschoss, wirbelte mit vorgehaltener Waffe um Ecken, ließ den Blick über jede Oberfläche, jedes mögliche Versteck schweifen. Wohnraum, Esszimmer, Eingangshalle, Bad. Alle leer und ruhig.
Als Nächstes lief er die Stufen zum Obergeschoss hoch, blieb auf dem oberen Treppenabsatz stehen und sah sich um. Vier Zimmer gingen auf den Hauptflur. Sonnenstrahlen fielen durch die offenen Türen und erhellten ein paar Staubkörnchen, die in der Luft tanzten.
Mit gezückter Waffe drehte sich Pendergast um die Ecke des ersten Flurs, der zu einem nach hinten gelegenen Schlafzimmer führte. Die Gästebetten waren mit fast schon militärischer Präzision gemacht, die Überdecken lagen straff auf der Bettdecke und den Kopfkissen. Dahinter waren die kahlen Bäume des Rock Creek Parks durch das Fenster zu erkennen.
Ganz in der Nähe war ein leises Geräusch zu hören. Pendergast erstarrte; seine Sinne waren bis aufs Äußerste gespannt. Er hatte ein Geräusch vernommen, nur eines: das langsame Ausströmen von Luft, wie ein wohliges Seufzen.
Er verließ das Schlafzimmer, lief über den Flur und blieb vor dem gegenüberliegenden Zimmer stehen. Durch die offene Tür waren hohe Bücherregale und die Kante eines Schreibtischs zu sehen: ein Arbeitszimmer. Hier, näher dran, war ein weiteres Geräusch zu hören – ein stetes Tropfen, wie von einem Wasserhahn, der nicht richtig zugedreht worden war. Angespannt und mit vorgehaltener Waffe kam Pendergast hinter dem Türrahmen hervor und blickte ins Zimmer.
Mike Decker saß in einem Lederstuhl vor seinem Schreibtisch. Er war beim Militär gewesen und hatte seinen Bewegungen stets Sparsamkeit und Präzision verliehen, doch es war keine Präzision, die ihn so aufrecht sitzen ließ. Ihm war ein schweres Stahlbajonett in den Rachen geschoben worden, das sich in einem spitzen Winkel durch seinen Hals bohrte und diesen an der Kopflehne festnagelte. Die Spitze des alten Bajonetts ging durch bis zum Stuhl und ragte aus dessen Rückseite hervor, die raue Kante war voller Blut. Tropfen fielen von der Spitze des Bajonetts auf den durchnässten Teppich.
Aus Deckers durchbohrtem Hals drang ein leises Seufzen, wie aus einem zusammengefallenen Blasebalg. Es erstarb zu einem leisen, blutigen Röcheln. Decker, dessen weißes Hemd sich zu einem Uniformrot verfärbt hatte, starrte Pendergast blicklos an. Das Blut troff immer noch über den Tisch, lief in kleinen Rinnsalen darüber und tropfte mit einem leise platschenden Geräusch
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