Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
in seinem Brief gewarnt hat.«
Langsam entzog ihm Hayward ihre Hand. »Wie bitte?«
»Na ja…«, stammelte er. »Diogenes hat seinen Bruder gehasst. Vielleicht hat er vor, sich an Pendergast zu rächen, indem er dessen Freunde umbringt.«
Hayward sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
»Ich habe gehört, dass vor kurzem noch ein weiterer Freund von Pendergast ermordet wurde. Ein Professor in New Orleans.«
»Aber Vinnie, Pendergast ist doch tot. Warum sollte Diogenes jetzt die Freunde seines Bruders umbringen wollen?«
»Wer weiß schon, wie Irre denken? Ich sage ja nur, dass ich es für einen merkwürdigen Zufall halten würde, wenn es mein Fall wäre.«
»Wie hast du eigentlich von dem Mord in New Orleans erfahren?«
Er senkte den Blick und rückte die Serviette auf seinem Schoß zurecht. »Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich glaube, seine – seine Sekretärin, Constance, hat es mir gegenüber erwähnt.«
»Na ja, der Fall hat eine Menge merkwürdiger Aspekte, das kann man schon sagen.« Hayward seufzte. »Deine Vermutung ist zwar weit hergeholt, aber ich kümmere mich trotzdem darum.«
Die Kellnerin kam mit D’Agostas Bestellung zurück.
Er wagte es kaum, Lauras Blick zu erwidern. Stattdessen hob er Messer und Gabel und schnitt das glitzernde Ei durch. Ein Strahl Eigelb spritzte über den Teller. Er zuckte zurück. »Bedienung!«
Die Kellnerin, die bereits ein halbes Dutzend Nischen entfernt war, drehte sich um und kam langsam zurück. Er reichte ihr seinen Teller. »Die Eier sind glibberig. Schön kross, habe ich gesagt. Nicht glibberig.«
»Alles klar, Mister, regen Sie sich nicht auf.« Die Kellnerin nahm den Teller und zog von dannen.
»Aua«, sagte Hayward leise. »Findest du nicht, dass du ein bisschen unhöflich zu der armen Frau warst?«
»Ich kann glibberige Eier nicht ausstehen«, sagte D’Agosta und starrte wieder in seinen Kaffee. »Ich ertrage ihren Anblick einfach nicht.«
Kurzes Schweigen. »Was ist los, Vinnie?«
»Diese Diogenes-Geschichte.«
»Versteh mich bitte nicht falsch, aber es wird langsam Zeit, dass du aufhörst, ein Phantom zu jagen, und an deinen Arbeitsplatz zurückkehrst. Du kannst Pendergast nicht wieder lebendig machen. Singleton wird sich das nicht ewig gefallen lassen. Und außerdem bist du ganz anders als sonst. Nichts heilt die Trauer besser, als zurück an die Arbeit zu gehen.«
Du hast ja Recht. Er war ganz anders als sonst, weil er sich ganz anders als sonst – fühlte. Er kam sich schon ziemlich mies vor, weil er Laura nicht die Wahrheit sagte. Aber es ging noch darüber hinaus: Hier saß er und versuchte, ihr Informationen zu entlocken, während er ihr gleichzeitig verschwieg, dass Pendergast noch am Leben war.
Er verzog die Lippen zu etwas, das hoffentlich wie ein verlegenes Lächeln aussah. »Es tut mir Leid, Laura. Du hast Recht: Es ist höchste Zeit, dass ich an meinen Arbeitsplatz zurückkehre. Und ich sitze hier und verbreite schlechte Laune, wo du doch diejenige bist, die keinen Schlaf bekommen hat. Was gibt es sonst noch an dem Fall, weswegen du die ganze Nacht aufgeblieben bist?«
Sie blickte ihn einen Augenblick lang forschend an. Dann nahm sie noch einen Bissen von ihrem Omelett und schob den Teller weg. »Ich habe noch nie so einen sorgfältig ausgeführten Mord gesehen. Es ist nicht nur der Umstand, dass es so wenige Indizien gibt, sondern dass die, die wir haben, so verdammt verwirrend sind. Außer dem Seil hat der Täter als Beweismittel nur ein paar Fasern seiner Kleidung hinterlassen.«
»Na ja, damit hast du, mindestens, drei Spuren, denen du folgen kannst.«
»Das stimmt. Die Fasern, das Seil und die Struktur der Knoten. Und bislang sind wir mit keiner davon irgendwie weitergekommen. Darum habe ich auch die ganze Nacht gearbeitet: deswegen und wegen des üblichen Papierkrams. Die Fasern sind aus irgendeiner exotischen Wolle, die die Jungs von der Kriminaltechnik noch nie gesehen haben. Die Wolle ist in keiner Datenbank gespeichert, weder hier bei uns noch auf Bundesebene. Wir haben einen Experten für Textilien darauf angesetzt. Bei dem Seil sieht’s ähnlich aus. Das Material wird weder in Amerika, Europa, Australien noch in Asien hergestellt.«
»Und die Knoten?«
»Die sind noch bizarrer. Der Knotenspezialist – den wir übrigens um drei Uhr morgens aus dem Bett geholt haben – war fasziniert. Auf den ersten Blick sehen die Knoten willkürlich aus. Fast verheddert, als wäre irgendein Bondagefetischist
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