Pendergast 06 - Dark Secret - Mörderische Jagd
eine Woche bis zur Eröffnung der größten Ausstellung des Museums seit Jahren, die fast fünf Millionen Dollar kostet. Die Masken aus der Großen Kiva bilden das Herzstück der Ausstellung. Wenn wir die Masken aus der Ausstellung herausnehmen, kann sie auf keinen Fall pünktlich eröffnet werden. Wirklich, Dr. Green, ich finde Ihr Timing in dieser Angelegenheit ausgesprochen unglücklich.«
Er hielt lange genug inne, um Margo einen wütenden Blick zuzuwerfen, und wandte sich dann an Menzies. »Hugo, ich schlage vor, wir verschieben das Thema bis nach Beendigung der Ausstellung. Dann können wir in Muße darüber diskutieren. Natürlich ist es undenkbar, dass wir die Masken zurückgeben, aber um Himmels willen – treffen wir die Entscheidung nach der Ausstellung.«
Margo wartete. Sie würde am Ende der Debatte darauf antworten – falls Menzies ihr die Gelegenheit dazu gab.
Menzies lächelte dem empörten Kurator seelenruhig zu. »Nur um das festzuhalten, George, ich möchte anmerken, dass das Timing nichts mit Dr. Green zu tun hat – ihr Artikel antwortet auf ein Schreiben der Tano-Indianer, das durch Ihre eigene Werbekampagne im Vorfeld der Ausstellung ausgelöst wurde.«
»Ja, das stimmt, aber muss sie denn unbedingt ihr Editorial veröffentlichen?« Ashton wedelte mit einem Blatt Papier herum. »Sie könnte doch wenigstens bis zum Schluss der Ausstellung warten. Der Artikel wird zu einem PR-Albtraum führen.«
»Die PR-Arbeit machen bei uns andere«, sagte Menzies milde.
Margo warf ihm einen dankbaren Blick zu. Sie hatte erwartet, dass er sie unterstützte, aber seine Antwort war schon mehr als Unterstützung.
»Ohne Public Relations geht heute gar nichts mehr! Wir können doch nicht einfach in unserem Elfenbeinturm sitzen und die öffentliche Meinung ignorieren, oder? Ich versuche hier, unter den schwierigsten Bedingungen eine Ausstellung zu realisieren, und schätze es gar nicht, dass mir auf diese Weise Knüppel zwischen die Beine geworfen werden – nicht von Dr. Green und sicherlich auch nicht von Ihnen, Hugo!« Ashton setzte sich, schwer atmend.
Menzies sagte gelassen: »Danke für Ihre Meinung, George.«
Ashton nickte knapp.
Patricia, die Forschungsassistentin in der Abteilung für Textilien, stand auf. »Das Problem scheint mir ganz einfach zu sein: Das Museum hat die Masken auf unethische, vielleicht sogar illegale Weise erworben. Margo weist das in ihrem Editorial zweifelsfrei nach. Die Tano haben uns um die Rückgabe der Masken ersucht. Wenn wir als Museum irgendeinem moralischen Anspruch genügen wollen, sollten wir die Masken sofort zurückgeben. Ich bin da, bei allem Respekt, anderer Ansicht als Dr. Ashton. Wenn wir die Masken behalten, sie in der Ausstellung der Öffentlichkeit zeigen und dann zurückgeben – und zugeben, es war Unrecht, sie zu besitzen –, dann würde das heuchlerisch oder bestenfalls opportunistisch erscheinen.«
»Hört, hört«, meldete sich ein anderer Kurator.
»Vielen Dank, Dr. Wong«, sagte Menzies. Die junge Frau nahm wieder Platz. Und jetzt erhob sich die schlanke, hoch aufgeschossene Nora Kelly und strich sich dabei die zimtfarbenen Haare aus dem Gesicht. Ruhig und selbstbewusst blickte sie in die Runde. Margo spürte eine gewisse Gereiztheit in sich aufsteigen.
»Wir haben es hier mit zwei Fragen zu tun«, begann Nora in leisem, vernünftigem Tonfall. »Die erste lautet: Hat Margo das Recht, ihr Editorial zu veröffentlichen? Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die redaktionelle Unabhängigkeit von Museology erhalten bleiben muss, und zwar auch dann, wenn einigen von uns die dort geäußerten Meinungen nicht gefallen.«
Allgemeines zustimmendes Gemurmel, außer von Ashton, der die Arme vor der Brust verschränkte und hörbar schnaubte.
»Und ich gehöre auch zu jenen, die mit dem Editorial nicht übereinstimmen.«
Jetzt kommt’s, dachte Margo.
»Es geht hier um mehr als nur um die Frage, wem die Masken gehören. Ich meine, wem gehört Michelangelos David? Wenn die Italiener die Statue zerstückeln wollten, um Marmorkacheln für Bäder daraus herzustellen, wäre das hinnehmbar? Wenn die Ägypter beschließen würden, die Große Pyramide dem Erdboden gleichzumachen, um dort einen Parkplatz zu bauen, wäre das in Ordnung? Gehört ihnen die Pyramide? Wenn die Griechen den Parthenon an ein Spielcasino in Las Vegas verkaufen wollten, wäre das ihr Recht?« Sie machte eine kurze Pause.
»Die Antwort auf diese Frage muss lauten: Nein. Diese Werke
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