Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
Collopy.
Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür, ohne Klopfen, ohneAnkündigung. Eine Polizistin in einem schicken grauen Kostüm, ein Dienstabzeichen am Kragen, stand da. Collopy blickte auf die Uhr – sie war pünktlich auf die Sekunde. Er erhob sich. »Darf ich vorstellen: Laura Hayward, Leiterin der Mordkommission. Das sind …«
»Wir kennen uns bereits«, sagte sie knapp. Sie blickte ihn aus veilchenblauen Augen an. Sie war beunruhigend jung und attraktiv. Collopy fragte sich, ob sie wohl eine Art Quotenfrau war, die über ihre Fähigkeiten hinaus aufgestiegen war. Irgendwie bezweifelt er das allerdings, als er ihr in die Augen sah.
»Ich möchte unter vier Augen mit Ihnen sprechen, Dr. Collopy.«
»Selbstverständlich.«
Die Tür schloss sich, nachdem sich Menzies als Letzter verabschiedet hatte. Collopy wandte seine Aufmerksamkeit Hayward zu. »Möchten Sie nicht Platz nehmen, Captain?«
Nach kurzem Zögern nickte sie. »Ja, gern.« Als sie sich auf dem Lehnstuhl niederließ, fiel Collopy auf, dass sie blass und erschöpft aussah. Und doch, der Blick aus ihren veilchenblauen Augen wirkte alles andere als trübe.
»Was kann ich für Sie tun, Captain?«
Sie zog einen Stapel gefalteter Papiere aus ihrer Tasche. »Ich habe hier die Ergebnisse der Autopsie von Dr. Wicherly.«
Collopy hob die Brauen. »Autopsie? Ist irgendwie unklar, woran er gestorben ist?«
Statt ihm zu antworten, zog sie noch ein Blatt Papier hervor. »Und hier ist ein Arztbericht über Jay Lipper. Um es kurz zu machen: Die beiden haben einen identischen, jähen Hirnschaden am ventromedialen Kortex erlitten.«
»Ach ja?«
»Ja. Mit anderen Worten: Beide sind
auf genau dieselbe Weise
verrückt geworden. Die Schädigung hat bei beiden eine plötzliche, heftige Psychose verursacht.«
Collopy lief es kalt über den Rücken. Das war genau das, was sie eben ausgeschlossen hatten – dass die Ereignisse irgendwie zusammenhingen. Das konnte alles ruinieren.
»Alle Indizien deuten darauf hin, dass der Auslöser für diese Schädigung im Umfeld, sehr wahrscheinlich im Grab des Senef oder in dessen Nähe liegt.«
»Dem Grab? Warum sagen Sie das?«
»Weil sich beide unmittelbar vor dem Einsetzen der Symptome dort aufgehalten haben.«
Collopy schluckte heftig und zog an seinem Kragen. »Das sind ja erstaunliche Neuigkeiten.«
»Der Pathologe glaubt, dass die Ursache alles Mögliche sein kann: Elektroschock, Dämpfe, vielleicht auch ein Fehler im Belüftungssystem oder ein unbekannter Krankheitserreger … Wir wissen es nicht. Das sind, übrigens, vertrauliche Mitteilungen.«
»Darüber bin ich sehr froh.« Collopy spürte, wie das Kältegefühl sich immer weiter in ihm ausbreitete. Wenn diese Information an die Öffentlichkeit kam, würde sie die Pressemitteilung des Museums Lügen strafen und alles kaputt machen, wofür sie so hart gearbeitet hatten. »Da ich diese Informationen vor zwei Stunden erhalten habe, habe ich ein Spezialteam der Spurensicherung ins Grab geschickt. Es ist seit einer Stunde da drin, hat bislang aber noch nichts gefunden. Natürlich stehen wir mit der Suche noch am Anfang.«
»Das alles ist höchst beunruhigend, Captain«, erwiderte Collopy. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, wie das Museum Ihnen helfen kann?«
»Genau deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Ich möchte, dass Sie die Ausstellung erst dann eröffnen, wenn wir die Ursache aufgespürt haben.«
Das war genau das, was Collopy befürchtet hatte. Er hieltetwas länger inne. »Captain, verzeihen Sie, wenn ich das so sage, aber mir scheint, Sie haben da zwei sehr große voreilige Schlüsse gezogen: erstens, dass der Gehirnschaden von einem Toxin verursacht wurde, und zweitens, dass sich dieser Giftstoff im Grab befindet. Es kann alles gewesen sein – und überall passiert sein.«
»Mag sein.«
»Und Sie vergessen, dass andere Personen – und zwar viele andere – bedeutend mehr Zeit im Grab des Senef verbracht haben als Lipper und Wicherly. Und bei denen haben sich keine Symptome gezeigt.«
»Das habe ich nicht vergessen, Dr. Collopy.«
»Wie dem auch sei, die Eröffnung findet erst in vier Tagen statt. Bis dahin ist doch bestimmt genügend Zeit, um die Anlage gründlich zu untersuchen.«
»Ich möchte keinerlei Risiko eingehen.«
Collopy atmete durch, tief und lang. »Ich verstehe ja ihre Position, Captain, aber wir können die Eröffnung einfach nicht verschieben. Wir haben Millionen investiert. In knapp einer Stunde wird ein neuer
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