Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
uns also Ihre Meinung hören.«
»Ich zögere, meinen Kolleginnen zu widersprechen, deren Klugheit und Erfahrung in diesen Angelegenheiten meine eigenen weit übertreffen.« Menzies blickte sich bescheiden um.
»Ich habe um Ihre ungeschönte Meinung gebeten.«
»Also gut. Vor sechs Wochen wurde die Diamantensammlung gestohlen und vernichtet. Jetzt hat ein Mitarbeiter einer beauftragten Firma – kein Angestellter des Museums – einen Kollegen getötet. Dann greift ein Berater des Museums – eine Zeitarbeitskraft, kein Festangestellter – eine leitende Kuratorin an und wird von einem Wachmann im nachfolgenden Handgemenge erschossen. Nun, ich frage Sie: Was haben diese Ereignisse gemein?« Menzies sah sich fragend um. Niemand antwortete.
»Ms. Darling?«, hakte er nach.
»Na, gar nichts.«
»Genau.
Im selben Zeitraum hat es in New York City einundsechzig Morde, eintausendfünfhundert Körperverletzungen und zahllose größere und kleinere Straftaten gegeben. Hatder Bürgermeister deshalb die Stadt geschlossen? Nein. Was hat er stattdessen getan? Er hat die gute Nachricht verkündet: Die Kriminalitätsrate ist im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent gesunken!«
»Also«, fragte Darling, »welche gute Nachricht würden Sie verkünden, Dr. Menzies?«
»Dass trotz der jüngsten Ereignisse die Vorbereitungen für die große Eröffnung des Senef-Grabmals noch immer im Plan sind und die Ausstellung pünktlich fertiggestellt wird.«
»Und den Rest einfach ignorieren?«
»Natürlich nicht. Geben Sie eine Pressemitteilung heraus, unbedingt. Aber vergewissern Sie sich, darauf hinzuweisen, dass dies New York City ist und das Museum ein riesiger Komplex, der elf Hektar von Manhattan bedeckt, mit zweitausend Angestellten und fünf Millionen Besuchern pro Jahr, und dass es unter diesen Umständen überraschend ist, dass auf dem Gelände des Museums nicht noch
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solcher Verbrechen stattfinden. Achten Sie darauf, diesen letzten Punkt zu betonen: Die Verbrechen hängen nicht zusammen, sie haben sich hier rein zufällig ereignet, und sämtliche Fälle sind gelöst. Die Täter wurden gefasst. Eine Pechsträhne, mehr nicht.« Er legte eine kurze Pause ein. »Und noch einen Punkt gilt es zu berücksichtigen.«
»Und der wäre?«, fragte Collopy.
»Der Bürgermeister wird kommen und eine wichtige Rede halten. Es kann sogar sein, dass er die Gelegenheit ergreift, um seine Kandidatur zur Wiederwahl zu verkünden.«
Menzies verstummte und lächelte mit seinen hellblauen Augen in die Runde, als forderte er alle dazu auf, zu antworten.
Die Erste, die sich regte, war Beryl Darling. Sie stellte die Füße nebeneinander und tippte mit ihrem Bleistift auf den Tisch.
»Ich muss schon sagen, Dr. Menzies, das ist eine ziemlich interessante Sicht der Dinge.«
»Mir gefällt sie nicht«, unterbrach sie Rocco. »Wir können das alles nicht einfach als belanglos abtun und unter den Teppich kehren. Man wird uns an den Pranger stellen.«
»Wer hat denn vorgeschlagen, irgendetwas unter den Teppich zu kehren?«, fragte Menzies. »Ganz im Gegenteil, wir werden alle Fakten veröffentlichen. Wir werden nichts verbergen. Wir schlagen uns an die eigene Brust und übernehmen die volle Verantwortung. Die Fakten sprechen zu unseren Gunsten, weil sie eindeutig beweisen, dass die Verbrechen zufälliger Natur sind. Und die Täter sind entweder tot oder hinter Gittern. Damit ist der Fall abgeschlossen.«
»Was ist mit den Gerüchten?«, fragte Rocco.
Menzies sah sie überrascht an. »Gerüchten?«
»Das ganze Gerede darüber, dass das Grab verflucht sei.«
Menzies schmunzelte. »Der Fluch der Mumie? Das ist doch fantastisch. Dann wollen erst recht alle kommen.«
Rocco presste ihre knallrot geschminkten Lippen zusammen.
»Und wir dürfen auch nicht den ursprünglichen Zweck des Grabs des Senef vergessen – nämlich die Stadt daran zu erinnern, dass wir noch immer das bedeutendste naturhistorische Museum der Welt sind. Wir brauchen dieses Ablenkungsmanöver mehr denn je.«
Schweigen senkte sich über die Gruppe. Schließlich meldete sich Collopy zu Wort. »Das ist verdammt überzeugend, Hugo.«
»Ich befinde mich in der seltenen Lage, meine Meinung revidieren zu müssen«, sagte Darling. »Ich glaube, ich stimme mit Dr. Menzies überein.«
Collopy sah die PR-Chefin an. »Josephine?«
»Ich habe da immer noch meine Zweifel«, antwortete sie bedächtig. »Aber es lohnt wohl den Versuch.«
»Dann ist die Sache beschlossen«, sagte
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