Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
Plan?
Schließlich blieb Haywards Blick an der geschlossenen Tür zum Grab hängen: Der Stahl war mit Kunststein verkleidet, und ein breites, rotes Band hing quer vor der Tür.
Haywards Übelkeit nahm zu. Zugleich fühlte sie sich extrem allein gelassen. Sie hatte alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Ausstellungseröffnung zu verhindern oder wenigstens zu verschieben. Aber sie hatte niemanden überzeugen können. Sogar Commissioner Rocker, der sie früher immer unterstützt hatte, hatte sich gegen sie gestellt.
Bildete sie sich das Ganze vielleicht nur ein? Hatte der ständige Druck sie schließlich überwältigt? Wenn sie doch nur jemanden zur Seite hätte, der die Dinge genauso sah wie sie, der die Hintergründe, Diogenes’ Wesen verstand. Jemand wie D’Agosta.
D’Agosta
. Er war ihr bei jedem Schritt der Ermittlungen voraus gewesen. Er wusste, was passieren würde, bevor es geschah. Lange vor allen anderen war ihm klar gewesen, mit welcher Art von Verbrecher sie es zu tun hatten. Er hatte darauf beharrt, dass Diogenes lebte, obwohl sie und alle anderen bewiesen hatten, dass er tot war.
Und er kannte das Museum – kannte es in- und auswendig. Er hatte bereits vor fünf, sechs Jahren in Fällen ermittelt, die mit dem Museum in Zusammenhang standen. Er kannte die Beteiligten. Herrgott, wenn er doch nur jetzt hier wäre … NichtD’Agosta, der Mann – das war vorbei –, sondern D’Agosta, der Cop.
Sie atmete tief ein und aus. Es hatte keinen Sinn, das Unmögliche zu wünschen. Sie hatte getan, was sie konnte. Jetzt blieb ihr nichts mehr übrig, als zu warten, zu beobachten und, wenn nötig, zum Handeln bereit zu sein.
Wieder ließ Hayward den Blick über die Menge schweifen, suchte in jedem Gesicht nach einem Zeichen ungewöhnlicher Anspannung, Erregung oder banger Erwartung.
Plötzlich erstarrte sie. Dort, bei einer Gruppe von Würdenträgern nahe beim Podium, stand eine großgewachsene Frau: eine Frau, die sie kannte.
In ihrem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken. Hayward hob ihr Funkgerät an den Mund. »Manetti, Hayward hier, hören Sie mich?«
»Hier Manetti.«
»Ist das Viola Maskelene, die ich da sehe? Drüben beim Podium?«
Kurze Pause.
»Ja.«
»Was macht
sie
hier?«
»Das Museum hat sie eingestellt, als Ersatz für Wicherly.«
»Wann?«
»Keine Ahnung. Vor ein, zwei Tagen.«
»Wer hat sie eingestellt?«
»Die Ethnologische Abteilung, glaube ich.«
»Warum stand ihr Name nicht auf der Gästeliste?«
Kurzes Zögern. »Das weiß ich nicht genau. Vermutlich weil sie erst kürzlich eingestellt worden ist.«
Hayward wollte mehr sagen. Sie wollte ins Funkgerät brüllen. Sie wollte verlangen, zu erfahren, warum man sie nicht informiert hatte. Aber für all das war es zu spät. Stattdessen sagte sie nur: »Over und aus.«
Das Profil zeigt, dass Diogenes noch nicht fertig ist
.
Der ganze Galaempfang erschien ihr wie eine sorgfältig inszenierte Falle – aber wozu diente sie?
D’Agostas Worte klangen ihr im Ohr wie eine Alarmglocke.
Zu etwas Größerem, vielleicht etwas viel Größerem
.
Herrgott, sie brauchte D’Agosta – und zwar sofort. Er verfügte über die Antworten, die sie nicht kannte.
Sie zog ihr privates Handy hervor, tippte seine Handynummer. Keine Antwort.
Sie sah auf die Uhr: 19:15. Der Abend war noch jung. Wenn sie D’Agosta auftreiben, ihn hierherholen könnte … Aber wo zum Teufel steckte er? Abermals hallten seine Worte durch ihre Gedanken: Es gibt da noch etwas, das du wissen solltest. Hast du schon mal von der Profiling-Firma
Effective Engineering Solutions
gehört, unten an der Little West 12th Street, geleitet von einem Eli Glinn? Ich war in letzter Zeit fast immer da, habe dort ein bisschen schwarz gearbeitet …
Sollte sie da hinfahren? Es war zwar nur eine Möglichkeit – aber besser als gar nichts. Und mit Sicherheit besser, als hier zu warten und Däumchen zu drehen. Mit etwas Glück war sie in weniger als vierzig Minuten dort und wieder zurück im Museum.
Sie hob nochmals ihr Funkgerät. »Lieutenant Gault?«
»Gault hier.«
»Ich verlasse mal kurz das Museum. Sie übernehmen die Leitung.«
»Darf ich fragen …?«
»Ich muss dringend jemanden sprechen. Falls etwas – irgendetwas – Außergewöhnliches passiert, machen Sie den Laden hier dicht. Komplett, Verstehen Sie?«
»Ja, Captain.«
Sie steckte das Funkgerät ein und verließ mit raschen Schritten die Halle.
49
Pendergast stand in einem kleinen Arbeitszimmer im
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