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Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit

Titel: Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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unter dem Säulenvorbau stehen. Die weiß gestrichene doppelflügelige Haustür stand offen, führte in die prachtvolle Eingangshalle.
    Nach einem Augenblick der für ihn untypischen Unentschlossenheit ging er ins Haus, betrat den Marmorboden der Halle. Über ihm funkelte hell ein riesiger Kristallleuchter unter der Trompe-d’œil-Decke. Vor ihm führte eine geschwungene Treppe mit zwei Aufgängen und kunstvoll gearbeitetem Geländer zur Galerie im ersten Stock hinauf. Links, hinter einer geschlossenen Tür, lag der lange Ausstellungssaal; rechts befand sich der offene Durchgang in die schwach erleuchtete, holzvertäfelte Bibliothek.
    Obgleich der eigentliche Familiensitz in New Orleans viele Jahre zuvor vom Pöbel angezündet worden war, so dass er bis auf die Grundmauern niederbrannte, hatte Pendergast die Villa in Erinnerung behalten: Sie war ein Produkt seinesGeistes, vollständig bis ins letzte Detail ein Speicherhaus, in dem er nicht nur die eigenen Erfahrungen und Beobachtungen, sondern auch zahllose Familiengeheimnisse aufbewahrte. Normalerweise empfand er es als besänftigend, beruhigend, diesen Erinnerungspalast zu betreten: Jede Schublade eines jeden Schrankes in jedem Zimmer barg ein vergangenes Ereignis oder einen persönlichen Gedanken zur Geschichte oder Wissenschaft, die er nach Belieben prüfen konnte. Heute jedoch verspürte Pendergast ein tiefes Unbehagen, so dass er nur unter größter geistiger Anstrengung vermochte, sich das Haus zu vergegenwärtigen.
    Er durchquerte die Eingangshalle und stieg die Treppe zum breiten Korridor im ersten Stock hinauf. Nachdem er auf dem Treppenabsatz nur kurz gezögert hatte, ging er den mit Go belins geschmückten Flur entlang, zwischen den weit auseinanderliegenden roséfarbenen Wänden, vorbei an Marmornischen und alten Ölgemälden in vergoldeten Rahmen. Jetzt schlug der Geruch des Hauses, diese Mischung aus altem Stoff und Leder, Möbelpolitur, dem Parfüm der Mutter, dem Latakia-Tabak des Vaters über Pendergast zusammen.
    Ungefähr in der Mitte des Gangs befand sich die massive Eichentür zu seinem Zimmer. Aber bis dorthin ging Pendergast nicht. Stattdessen blieb er vor der Tür unmittelbar davor stehen: einer Tür, die merkwürdigerweise mit Blei versiegelt und mit einer Platte aus gehämmertem Messing bedeckt war, deren Ränder in den Türrahmen genagelt waren.
    Das war das Zimmer seines Bruders Diogenes. Pendergast selbst hatte die Tür Jahre zuvor im Geist versiegelt und den Raum auf immer und ewig im Palast seiner Erinnerung eingeschlossen. Es war das einzige Zimmer, das er, wie er sich versprochen hatte, nie wieder betreten würde.
    Und doch musste er – wenn Eli Glinn recht hatte – in diesen Raum gehen. Es blieb ihm keine andere Wahl.
    Während Pendergast zögernd vor der Tür stand, merkte er, dass sein Puls und seine Atmung sich bestürzend beschleunigten. Die Wände der Villa um ihn herum flackerten und glühten, wurden heller, dann verblassten sie wie der Draht einer Glühbirne, der unter zu viel Strom stand. Pendergast stand kurz davor, sein gut ausgearbeitetes mentales Konstrukt zu verlieren. Er unternahm größte Anstrengungen, sich zu konzentrieren und seinen Geist zu beruhigen, damit es ihm gelang, die Vorstellung rings um ihn herum zu stabilisieren.
    Er musste schnell handeln: Jeden Augenblick konnte das Bild der Erinnerungsüberschreitung unter der Kraft seiner Gefühle zerspringen. Er vermochte die erforderliche Konzentration nicht unendlich lange aufrechtzuerhalten.
    Vor seinem inneren Auge ließ er eine Brechstange, einen Hammer und einen Meißel in seinen Händen erscheinen. Schob die Brechstange unter die Messingplatte, zog diese vom Türrahmen und bearbeitete die vier Seiten auf gleiche Weise, bis er die Platte losgehebelt hatte. Dann ließ er die Brechstange fallen, nahm Hammer und Meißel zur Hand und hämmerte das weiche Blei los, das in den Spalt zwischen Tür und Rahmen gedrückt worden war. Er arbeitete schnell, versuchte sich in der Aufgabe zu verlieren, dachte an nichts anderes.
    Kurz darauf lagen überall auf dem Teppich Klumpen aus Blei. Nun versperrte nur noch das schwere Schloss den Zutritt zum Raum hinter der Tür.
    Pendergast trat einen Schritt vor und probierte, ob sich die Tür öffnen ließ. Normalerweise hätte er sie mit einem jener Werkzeuge aufgebrochen, die er stets bei sich trug. Doch noch nicht einmal dafür blieb ihm Zeit: jede Pause, so kurz auch immer, könnte verhängnisvolle Folgen haben. Er trat

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