Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit
irgendwie komisch.«
»Ja?«
»Als würde er in einem Tabakwarenladen arbeiten oder so was.«
Pendergast dachte kurz nach. »Wissen Sie zufällig, wann die
Britannia
ablegt?«
»Gegen zwölf, hieß es, mit der Flut.«
Pendergast gab seinem Taxifahrer das Mikro zurück und überlegte. In diesem Augenblick klingelte sein Handy.
Er klappte es auf. »Ja?«
»Ich bin’s. Constance.«
Überrascht richtete sich Pendergast auf. »Wo bist du?«
»In Brüssel am Flughafen, ich habe gerade einen Nonstop-Flug aus Hongkong hinter mir. Aloysius, ich muss dich sehen. Ich habe wichtige Informationen für dich.«
»Constance, dein Timing ist hervorragend. Hör gut zu. Wenn du innerhalb von vier Stunden nach Heathrow kommen kannst, hole ich dich am Flughafen ab. Schaffst du das – vier Stunden, keine Minute länger? Sonst bin ich gezwungen, ohne dich aufzubrechen.«
»Ich werde mein Bestes tun. Aber wieso aufbrechen? Was ist los?«
»Wir stechen in See.«
[home]
9
Das schwarze Londoner Taxi raste mit hundertvierzig Stundenkilometern über die M 3 und ließ Autos und Lkws hinter sich. In der Ferne sah man inmitten grauer Stadtlandschaften den gedrungenen, cremefarbenen Turm der Kathedrale von Winchester.
Pendergast, der mit Constance hinten saß, warf einen Blick auf die Uhr. »Wir müssen in einer Viertelstunde in Southampton am Pier sein«, sagte er zu dem Fahrer.
»Unmöglich.«
»Es wäre ein weiterer Fünfziger für Sie drin.«
»Das lässt uns auch nicht fliegen«, meinte der Taxifahrer. Trotzdem beschleunigte er noch mehr und bog mit quietschenden Reifen in die Abfahrt zur nach Süden führenden A 335 ein. Die Vororte von Winchester wichen rasch einer grünen Landschaft. Compton, Shawford und Otterbourne flogen vorüber.
»Selbst wenn wir es rechtzeitig zum Schiff schaffen«, sagte Constance schließlich, »wie sollen wir an Bord kommen? Ich habe heute Morgen in der
Le Monde
gelesen, dass das Schiff seit Monaten komplett ausgebucht ist. Es ist offenbar die begehrteste Jungfernfahrt seit der
Titanic
.«
Pendergast schauderte. »Ein recht unglücklicher Vergleich. Zufälligerweise habe ich bereits eine akzeptable Unterkunft für uns gesichert. Die Tudor-Suite, ein Duplex-Appartement im Heck des Schiffes. Sie hat ein drittes Schlafzimmer, das wir als Arbeitszimmer nutzen können.«
»Wie hast du denn das geschafft?«
»Die Suite war von Mr und Mrs Prothero aus Perth in Australien gebucht. Sie hatten nichts dagegen, ihre Tickets gegen solche für eine noch größere Suite auf der
Britannia
auf ihrer Weltreise im Herbst einzutauschen, zusammen mit einer bescheidenen finanziellen Entschädigung.« Pendergast gestattete sich ein kurzes Lächeln.
Das Taxi schoss über das M 27-Autobahnkreuz und verlangsamte das Tempo, als der Verkehr in Richtung Southampton dichter wurde. Sie passierten ein unwirtliches Industriegebiet und schier endlose Reihen von Backsteinhäusern, bis sie sich dem Labyrinth von Straßen in der Altstadt näherten. Dort bogen sie nach links in die Marsh Lane ein und gleich darauf scharf nach rechts auf die Terminus Terrace; der Fahrer manövrierte den großen Wagen geschickt durch das Verkehrsgewühl. Die Bürgersteige waren mit dichten Menschentrauben besetzt, die meisten hielten eine Kamera in der Hand. Von weiter vorn hörte man Bravorufe und Beifallstürme.
»Was hast du eigentlich herausgefunden, das dich bewogen hat, das Kloster in solcher Eile zu verlassen, Constance?«
»Das ist schnell gesagt.« Sie senkte die Stimme. »Ich habe mir deine Abschiedsbitte zu Herzen genommen. Ich habe Nachforschungen angestellt.«
Pendergast senkte ebenfalls die Stimme. »Und wie macht man das in einem tibetischen Kloster?«
Constance unterdrückte ein grimmiges Lächeln. »Mit Unverfrorenheit.«
»Was bedeutet?«
»Ich bin ins innere Kloster gegangen und habe die Mönche direkt damit konfrontiert.«
»Verstehe.«
»Es war die einzige Möglichkeit. Aber … seltsamerweise schienen sie mich zu erwarten.«
»Sprich weiter.«
»Sie waren überraschend mitteilsam.«
»Wirklich?«
»Ja, aber ich weiß nicht genau, warum. Die Mönche im inneren Kloster wissen wirklich nicht, worum es sich bei dem Agozyen handelt oder wer es geschaffen hat – in dieser Beziehung war Thubten ganz ehrlich. Ein heiliger Mann hat es aus Indien in den Himalaya gebracht, damit es dort an einem geheimen Ort verborgen bleibt.«
»Und was noch?«
Constance zögerte. »Die Mönche haben dir verschwiegen, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher