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Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit

Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit

Titel: Pendergast 08 - Darkness - Wettlauf mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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kräftige Whiskyfahne ins Gesicht blies. Lambe schrak zusammen und versuchte, sich aus dieser widerwärtigen, klammernden Umarmung zu befreien.
    »Ich kenne keinen Pendergast«, sagte er zweifelnd.
    »Ach komm! Jason, denk doch mal an die alten Zeiten! Pop-Band, Uni-Basketball!« Noch eine Umarmung, fester diesmal.
    Lambe reichte es. Unter großen Mühen versuchte er, sich aus Pendergasts klettenartiger Umklammerung zu befreien.
    »Bist du etwa schon senil, Jason?« Er drückte Lambes Oberarm kurz und freundschaftlich.
    Schließlich riss sich Lambe los, schüttelte Pendergast ab und trat einen Schritt zurück. »Hören Sie, Pendergast, warum gehen Sie nicht in Ihre Kabine zurück und schlafen Ihren Rausch aus? Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer Sie sind.«
    »Behandelt man so einen alten Freund?«, jammerte Pendergast.
    »Lass es mich noch klarer ausdrücken. Verpiss dich, Kumpel.« Lambe ging an ihm vorbei und verzog sich wieder nach drinnen, wirkte allerdings noch immer seekrank.
    Pendergast lehnte sich mit dem Rücken an die Reling und empfand eine klammheimliche Freude. Nach einem Moment richtete er sich auf, räusperte sich, rückte Anzug und Krawatte zurecht, wischte sich die Hände ab und staubte sich, etwas verächtlich dreinblickend, mit kurzen schnippenden Bewegungen seiner manikürten Finger ab. Dann machte er einen kleinen Spaziergang an Deck. Das Rollen des Schiffes war inzwischen noch deutlicher ausgeprägt, so dass er sich im Vorwärtsgehen in den Wind neigte und eine Hand an der Reling behielt.
    Er blickte nach oben zu den Reihen der Balkone, die alle leer waren. Es war höchst ironisch: Die meisten Passagiere bezahlten einen saftigen Aufschlag für eine Suite mit Balkon, aber weil das Schiff so ungeheuer schnell fuhr, konnten sie die Balkone so gut wie nie nutzen.
    Um das Schiff auf voller Länge entlangzugehen, benötigte man fast zehn Minuten. Schließlich blieb Pendergast in der relativen Windstille auf dem Achterschiff stehen. Er trat an die Reling und blickte hinunter in das brodelnde Kielwasser: vier Reihen weißer Schaum in einem aufgepeitschten Meer. Die Gischt und das Spritzwasser hatten sich inzwischen zu einem leichten Dunst vermischt und das Schiff in eine Art gespenstisches feuchtes Tuch gehüllt.
    Die Schiffssirene ließ ein trauerndes Tuten erklingen; Pendergast drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken nachdenklich an die Reling. Auf den Decks über ihm wohnten zweitausendsiebenhundert Passagiere in luxuriösen Kabinen. Und weit unter ihm, in den tief unterhalb der Wasserlinie liegenden Räumen, befanden sich die Unterkünfte jener eintausendsechshundert Männer und Frauen, denen es oblag, den Passagieren jeden Wunsch von den Lippen abzulesen.
    Über viertausend Menschen – und unter ihnen befand sich ein Mörder und das geheimnisvolle Objekt, dessentwegen er getötet hatte.
    Im Schutz der Leeseite holte Pendergast seine Liste aus der Tasche, zückte einen Füllfederhalter und strich den Namen Jason Lambe durch. Lambes körperliche Verfassung – die er unter dem Vorwand des alkoholseligen Wiedersehens recht gründlich untersucht hatte – hatte ihm klar gezeigt, dass er mit seinen dünnen Ärmchen Ambrose nicht hätte überwältigen können, ganz zu schweigen davon, einen Akt von solch wüster Gewalttätigkeit zu begehen.
    Somit blieben noch sechs weitere Kandidaten übrig.
    Wieder ertönte die Schiffssirene. Pendergast verharrte. Dann richtete er sich auf und horchte. Für einen Moment war ihm, als habe er einen Schrei gehört, überlagert vom Kreischen der Schiffssirene. Er wartete noch einige Minuten, die Arme fest um den Oberkörper geschlungen, dann begab er sich zur Lukentür und ins Warme. Höchste Zeit, sich zur Nachtruhe zu begeben.

[home]
18
    Am Horizont im Osten kämpfte sich eine schmuddelige Sonne durch den Nebel, und die blassen Strahlen der Morgendämmerung tauchten das Schiff in ein fahles Licht. Der Erste Offizier Gordon LeSeur trat aus dem
Admiral’s Club
und ging über den mit dickem Teppichboden ausgelegten Steuerbordkorridor auf Deck 10. Vor den Fahrstühlen standen ein paar Passagiere, denen er gutgelaunt und höflich guten Morgen wünschte. Sie nickten, wirkten allerdings ein wenig blass um die Nase. LeSeur, der seit über zwanzig Jahren nicht mehr seekrank gewesen war, versuchte Mitgefühl für die Passagiere aufzubringen, was ihm jedoch etwas schwerfiel. Wenn sie seekrank waren, wurden sie unleidlich. Und heute Morgen waren sie verflucht

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