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Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten

Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten

Titel: Pendergast 09 - Cult - Spiel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Gedanken beiseite und warf einen Blick auf das Dokument, das sie sich ausgedruckt hatte – ein Satellitenbild des Viertels mitsamt den Straßennamen –, orientierte sich und machte sich auf den Weg in nordwestlicher Richtung, die Isham entlang, ein Stück hinauf in Richtung Seaman Avenue und untergehende Sonne.
    Sie überquerte die breite, belebte Seaman Avenue und folgte einem asphaltierten Fußweg, links von ihr Tennisplätze, rechts ein großer Baseballplatz. Sie blieb stehen. Vor ihr, jenseits der Felder, lag eine Art Urwald. Die Straßenkarte verzeichnete eine Verlängerung der Indian Road, die durch das Nordende des Inwood Hill Parks führte, der wiederum an ein dichtes, kleines und nicht bezeichnetes Viertel grenzte. Das musste wohl das Ville sein. Der Fußweg war der direktere und, wie sie fand, vielleicht auch sicherere Weg dorthin. Er durchquerte die Felder und verschwand in einer dunklen Gruppe aus Roteichen und Tulpenbäumen, deren lange Schatten auf dem felsigen Untergrund zusammenfielen. Das herbstlich erstrahlende Laub, rostfarben und gelb, mit Tupfern von Blutrot, bildete eine nahezu undurchdringliche Wand. Nora hatte einmal gelesen, es handele sich um das letzte noch bestehende ursprüngliche Waldgebiet in Manhattan, und es sah auch so aus.
    Sie schaute auf die Uhr: halb sechs. Es war schnell dunkel geworden, die Luft fast frostig kalt. Sie trat einen Schritt vor, blieb wieder stehen und blickte unsicher in den düsteren Wald. Sie war noch nie im Inwood Hill Park gewesen – offen gestanden, kannte sie niemanden, der es gewesen war – und hatte keine Ahnung, wie sicher er nach Einbruch der Dunkelheit war. War nicht vor einigen Jahren ein Jogger hier ermordet worden …?
    Sie reckte das Kinn. Sie war doch nicht so weit hinausgefahren, nur um jetzt umzukehren. Es war noch hell genug. Sie schüttelte ungeduldig den Kopf und ging los, stemmte sich der Wand aus Bäumen förmlich entgegen, als wollte sie sie warnen, sie nur ja nicht aufzuhalten.
    Der asphaltierte Weg bog leicht nach rechts und führte an einer kleinen Wiese vorbei, bevor er zwischen den ersten mächtigen Baumstämmen verschwand. Nora ging flotten Schritts weiter, während die schweren Äste immer tiefere Schatten auf sie warfen. Der Weg gabelte sich einmal, dann noch einmal; der Asphalt war durchzogen von Rissen voller Grasbüschel und gepflastert mit herabgefallenem Laub, die Büsche zu beiden Seiten machten den Fußweg immer schmaler. Hin und wieder kam sie an einer Gaslaterne vorbei, die früher einmal bestimmt sehr schön ausgesehen hatten, jetzt aber rostig waren und schon lange nicht mehr genutzt wurden. Zwischen den Tulpenbäumen und Eichen – einige Stämme maßen sicher anderthalb Meter im Durchmesser – standen Hartriegel- und Ginkgosträucher. Hier und da ragte eine Felsklause aus dem Waldboden wie eine Messerklinge.
    Nach kurzer Strecke ging der asphaltierte Weg in einen schmalen sandigen Saumpfad über, der zwischen den Baumstämmen hindurchführte und dabei ständig anstieg. Durch eine Lücke zwischen den Bäumen sah Nora einen steilen Hang, der zu einem schlammigen und von Seevögeln bevölkerten Gezeitenbecken abfiel. Während sie weiter den gewundenen Pfad hinaufstieg und mit den Schuhen kleine Wehen aus herabgefallenem Laub zur Seite stieß, folgten ihr leise die Schreie von Vögeln.
    Nach ungefähr einer Viertelstunde blieb Nora vor einer sehr alten zerfallenen Böschungsmauer stehen. Das Dröhnen Manhattans war dem Rauschen des Windes in den Bäumen gewichen. Die Sonne war hinter den Anhöhen verschwunden, und ein bedrohlicher orangefarbener Schein erhellte den Oktoberhimmel. Die abendliche Kühle war nun deutlich spürbar. Nora blickte auf die Hartholzbäume, die sie umdrängten, auf die tückischen Gletscherbrocken und kleinen Senken, die hier und da den Boden durchzogen. Es kam ihr fast unmöglich vor, dass es hier, auf der urbansten aller Inseln, 80 Hektar eines solch wilden Waldes geben sollte. Ganz in der Nähe befanden sich, wie sie wusste, die Überreste der alten Straus-Villa. Isodor Straus war Kongressmitglied und Miteigentümer des Kaufhauses Macy’s gewesen. Nachdem er und seine Frau beim Untergang der
Titanic
umgekommen waren, war ihr Landhaus im Inwood Hill Park nach und nach zerfallen. Vielleicht hatte die Böschungsmauer ja früher einmal zu dem Anwesen gehört.
    Der Saumpfad schlängelte sich weiter nach Westen, fort von der Richtung, in die sie gehen musste. Sie blickte im schwindenden

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