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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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wirkten neutral, doch aus seinem Blick sprach Traurigkeit, ja sogar Verzweiflung.
    »Vincent«, sagte er. »Wir dürfen unseren Flug nicht verpassen.«

10
    Der lächelnde Mann mit der Zahnlücke auf dem kleinen Flugplatz hatte das Fahrzeug als Landrover bezeichnet. Das ist, dachte D’Agosta, während er sich mit aller Kraft festhielt, mehr als beschönigend. Was immer die Kiste früher einmal gewesen sein mochte, heute verdiente sie es kaum, als Automobil bezeichnet zu werden. Die Karre hatte keine Fenster, kein Dach, kein Radio und keine Sicherheitsgurte. Die Motorhaube war mit Draht am Kühlergrill befestigt. Die unter ihnen liegende Sandpiste war durch die faustgroßen Löcher im Chassis zu sehen.
    Pendergast, der am Steuer saß – er trug Khakihemd und -hose und einen Safarihut –, kurvte um ein großes Schlagloch herum, und sofort danach knallte der Wagen in ein kleineres. D’Agosta hob es durch den Aufprall mehrere Zentimeter aus dem Sitz. Er riss sich zusammen und packte erneut den Überrollbügel. Das hier ist wirklich furchtbar, dachte er. Es war glühend heiß, und überall, in seinen Ohren, der Nase, den Haaren und in Hautfalten, von deren Existenz er nicht einmal wusste, hatte er Staub. Er überlegte, ob er Pendergast bitten sollte, langsamer zu fahren, entschied sich aber dagegen. Denn je mehr sie sich dem Ort näherten, an dem Helen Pendergast ums Leben gekommen war, desto grimmiger wurde sein Begleiter.
    Er drosselte nur leicht die Geschwindigkeit, als sie in ein weiteres Dorf kamen – noch eine trostlos wirkende Ansammlung von mit Stöcken und getrocknetem Lehm erbauten Hütten, die in der brütenden Mittagssonne lagen. Es gab keinen Strom im Ort, der einzige kommunale Brunnen befand sich mitten auf dem verlassenen Dorfplatz. Schweine, Hühner und Kinder liefen ziellos in der Gegend herum.
    »Und ich habe immer gemeint, die South Bronx wäre eine üble Gegend«, murmelte D’Agosta mehr zu sich selbst als zu Pendergast. »Bis zum Kingazu-Camp sind es noch zehn Meilen«, erwiderte Pendergast und gab Gas.
    Wieder geriet der Wagen in ein Schlagloch, und wieder wurde D’Agosta in die Luft geschleudert und landete hart auf dem Steißbein. Nach den Impfungen taten ihm beide Arme weh, außerdem hatte er Kopfschmerzen wegen der sengenden Sonne und weil er ständig durchgerüttelt wurde. In den vergangenen 36 Stunden war nur eine Sache schmerzfrei abgelaufen, das Telefonat mit seinem Chef, Captain Singleton. Singleton hatte seinen Antrag auf Beurlaubung beinahe kommentarlos genehmigt. D’Agosta hatte fast den Eindruck, sein Chef sei erleichtert gewesen, dass er ihn eine Weile nicht zu Gesicht bekam.
    Nach einer halben Stunde kamen sie im Kingazu-Camp an. Während Pendergast den Jeep auf einen improvisierten Parkplatz unter einer kleinen Gruppe von Leberwurstbäumen steuerte, nahm D’Agosta das überaus gepflegte Fotosafari-Camp in Augenschein: die makellosen, mit Reet und Stroh gedeckten Hütten; die großen Segeltuch-Gebäude mit Schildern wie SPEISEZELT und BAR ; die hölzernen Gehsteige, die die Gebäude miteinander verbanden; die mit Leinen bespannten Pavillons mit bequemen Liegestühlen, auf denen ein Dutzend dicker und glücklicher Touristen, baumelnde Kameras um den Hals, dösten. Zwischen den Dachspitzen verliefen Kabel mit kleinen Glühbirnen. Ein wenig abseits im Busch schnurrte ein Generator. Alles war in hellen, beinahe knalligen Farben gehalten.
    »Als wär’s ein Teil von Disney World«, sagte D’Agosta und stieg aus.
    Einen Augenblick blieben sie schweigend im Schatten der Leberwurstbäume stehen. D’Agosta sog den Duft von brennendem Holz, den Geruch von gemähtem Gras und – schwächer – eines erdigen, animalischen Moschus ein, den er nicht identifizieren konnte. Das sackpfeifenartige Summen der Insekten vermischte sich mit anderen Lauten, dem Tuckern der Generatoren, dem Gurren der Tauben, dem rastlosen Murmeln des nahe gelegenen Luangwa-Flusses. D’Agosta warf Pendergast einen verstohlenen Blick zu. Sein Begleiter stand mit eingefallenen Schultern da, so als trüge er eine schreckliche, schwere Last. Seine Augen funkelten vor unterdrücktem Zorn. Und während er sich im Camp mit einer seltsamen Mischung aus Verlangen und Furcht umschaute, zuckte ein Wangenmuskel. Er musste bemerkt haben, dass D’Agosta ihn ansah, denn plötzlich riss er sich zusammen, reckte sich und glättete seine Safariweste. Das merkwürdige Glitzern verschwand allerdings nicht aus seinen

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