Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit
und dann über den Zubringer auf die Interstate 10 und über die Horace Wilkinson Bridge. D’Agosta sank dankbar in seinen Sitz zurück. Der breite Mississippi strömte unter ihnen dahin, düster unter dem bleiernen Himmel.
»Glauben Sie, es ist es?«, fragte D’Agosta. »Das Schwarzgerahmte?«
»Ganz bestimmt.«
Hinter der Brücke begann das eigentliche Baton Rouge. Es war früher Nachmittag und der Verkehr moderat. Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe und trommelte auf das Wagendach. Die Autos, die Richtung Süden unterwegs waren, reihten sich hinter ihnen ein. Als sie das I-12-Autobahnkreuz passierten, zappelte D’Agosta unruhig hin und her. Er wollte sich nicht allzu viele Hoffnungen machen. Doch vielleicht – nur vielleicht – bedeutete das ja, dass er Laura Hayward früher wiedersehen konnte als erwartet. Er hatte nicht geahnt, wie schwer ihm diese erzwungene Trennung fallen würde. Natürlich telefonierten sie jeden Abend miteinander, aber das war kein Ersatz für …
»Vincent«, sagte Pendergast. »Schauen Sie doch bitte mal in den Rückspiegel.«
D’Agosta kam der Bitte nach. Erst entdeckte er nichts Ungewöhnliches in der Reihe von Autos hinter ihnen. Doch dann, als Pendergast die Spur wechselte, sah er, dass ein anderer Wagen – vier, vielleicht fünf Autos hinter ihnen – dasselbe tat. Es war eine Limousine neueren Baujahrs, dunkelblau oder schwarz; bei dem Regen war das schwer zu sagen.
Pendergast beschleunigte ein wenig, überholte einige Fahrzeuge und kehrte dann in seine ursprüngliche Spur zurück. Ein, zwei Minuten später tat die Limousine dasselbe.
»Ich sehe ihn«, murmelte D’Agosta.
Sie setzten die Fahrt einige Minuten fort. Der Wagen blieb weit hinter ihnen, bemüht, nicht allzu sehr aufzufallen.
»Glauben Sie, es ist der Filialleiter?«, fragte D’Agosta. »Bona?«
Pendergast schüttelte den Kopf. »Der Bursche hinter uns beschattet uns schon seit heute Morgen.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Ich warte, bis wir aus der Stadt raus sind. Dann sehen wir weiter. Die Landstraßen könnten sich als nützlich erweisen.«
Sie passierten das Louisiana-Einkaufszentrum, dann mehrere Parks und Country Clubs. Die Stadtlandschaft wich städtischen Randgebieten und schließlich Flecken ländlichen Flachlands. D’Agosta holte seine Glock heraus und lud sie durch.
»Heben Sie sich das als letzten Ausweg auf«, sagte Pendergast. »Wir dürfen nicht riskieren, dass das Gemälde beschädigt wird.«
Und was ist mit uns?, dachte D’Agosta. Er blickte in den Rückspiegel, aber es war unmöglich, ins Innere der dunklen Limousine zu schauen. Als sie die Ausfahrt Sorrento passierten, wurde der Verkehr noch spärlicher.
»Wollen wir ihn stellen?«, sagte D’Agosta. »Ihn zum Handeln zwingen?«
»Ich würde es vorziehen, ihn abzuhängen«, sagte Pendergast. »Sie werden überrascht sein, zu was so ein Oldtimer fähig ist.«
»Ja, klar …«
Pendergast trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und schlug das Steuer scharf nach rechts ein. Der Rolls, der für einen so großen Wagen bemerkenswert gut ansprach, schoss vorwärts, wechselte zwei Fahrspuren und jagte die Autobahnausfahrt hinunter, ohne das Tempo zu drosseln.
D’Agosta prallte heftig gegen die Beifahrertür. Ein erneuter Blick in den Rückspiegel zeigte, dass ihr Verfolger nachgezogen hatte und ebenfalls in die Ausfahrt eingebogen war.
Am Ende der Ausfahrt raste Pendergast an dem Stoppschild vorbei auf die Route 22 und trat hart auf die Bremse. Die Reifen quietschten, als das Heck des Wagens einen 120-Grad-Bogen beschrieb. Geschickt nutzte Pendergast die Schleuderbewegung aus, manövrierte den Wagen in die richtige Spur und trat dann wieder aufs Gaspedal. Sie jagten die Bundesstraße entlang und schossen am Transporter eines Malers, einem Buick und einem Langustenlieferwagen vorbei. Wütendes Gehupe ertönte hinter ihnen.
D’Agosta blickte über die Schulter zurück. Die Limousine, die jeden Versuch eines Versteckspiels aufgegeben hatte, blieb an ihnen dran.
»Er ist noch hinter uns«, sagte er.
Pendergast nickte.
Er gab Gas, und mit noch größerer Geschwindigkeit rasten sie durch ein kleines Gewerbegebiet. Drei Häuserblocks mit Geschäften, die landwirtschaftliche Geräte oder Eisenwaren verkauften, huschten wie Schemen vorbei. Vor ihnen markierte eine Ampel die Kreuzung Route 22 und Airline Highway, die gerade von einer Reihe Autos überquert wurde; man sah einen dichten Strom aufleuchtender
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