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Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung

Titel: Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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entfernt auf eine vier Wochen alte Schusswunde hindeutete.
    Esterhazy überlegte wie wild, um seinen Schock und seine Wut zu überwinden. Er war sich so sicher gewesen, so absolut sicher …
    Rasch ließ er das Kissen los – und da erblickte er die verzerrten Gesichtszüge des Alten, die Zunge hing ihm aus dem Mund, die Augen traten vor panischer Angst beinahe aus den Höhlen. Er hustete einmal, zweimal, schnappte nach Luft, die eingefallene Brust hob und senkte sich vor Anstrengung.
    In blinder Panik warf Esterhazy das Kissen beiseite und lief strauchelnd die Treppe hinunter. Die Alte rannte gerade taumelnd zur rückwärtigen Tür, Blut rann ihr Gesicht hinunter.
    »Du Teufel!«, kreischte sie und griff nach ihm mit ihrer knochigen Hand, während er an ihr vorbeilief, die Haustür aufriss und über die weite, leere Moorlandschaft zurücklief.

[home]
    22
    Malfourche
    Milde Nachtluft drang durch das offene Fenster ins Wohnzimmer und bewegte die Tüllgardinen. June Brodie, die gerade die Formulare des in Mississippi zuständigen Amts für Alten- und Krankenpflege ausfüllte, spürte den Windhauch auf ihrem Gesicht und blickte auf. Abgesehen vom leisen Flüstern des Windes war die Nacht still. Sie sah auf die Uhr: fast zwei Uhr morgens. Aus dem Nebenzimmer war schwach das tiefe Geleier eines Fernsehmoderators zu hören. Bestimmt sah Carlton sich eine dieser militärgeschichtlichen Dokumentarsendungen an, die seine Leidenschaft waren.
    Sie nahm einen Schluck aus der Colaflasche, die neben ihrem Ellbogen stand. Sie hatte es immer geliebt, Cola aus Glasflaschen zu trinken. Es erinnerte sie an ihre Kindheit und die altmodischen Getränkeautomaten, bei denen man ein schmales Glasfenster öffnen und die Flaschen am Hals herausziehen musste. Aus der Flasche schmeckte die Cola anders, davon war sie überzeugt. Doch in den letzten zehn Jahren, draußen in den Sümpfen, hatte sie sich mit Aluminiumdosen zufriedengeben müssen. Charles Slade konnte das Glitzern des Lichts auf Glas nicht ertragen, daher war praktisch kein unverdecktes Glas auf Spanish Island erlaubt gewesen. Selbst die Zylinder der Spritzen waren aus Plastik.
    Sie stellte die Flasche zurück auf den Untersetzer. Die Rückkehr zu einem normalen Leben hatte noch andere Vorteile. Carlton konnte seine Fernsehsendungen sehen, ohne Kopfhörer aufsetzen zu müssen. Die Rollos konnten weit geöffnet werden, um Licht und frische Luft ins Zimmer zu lassen. Sie konnte das Haus mit frischen Blumen schmücken – Rosen und Gardenien und ihren Lieblingsblumen, Calla-Lilien –, ohne befürchten zu müssen, dass ihr Duft verzweifelte Proteste hervorrufen würde. Sie hielt sich in Form, sie mochte schöne Kleider und modische Frisuren, und jetzt würde sie Gelegenheit haben, sie auch vorzuführen. Zugegeben, sie waren in der Stadt mehr als üblich angestarrt worden – manchmal misstrauisch, manchmal nur neugierig –, aber die Leute aus der Nachbarschaft gewöhnten sich bereits daran, dass die Brodies zurück waren. Die Ermittlungen der Polizei waren abgeschlossen. Der nervige Journalist vom
Ezzerville Bee
war nicht wieder aufgetaucht. Zwar hatte eine Zeitung in Houston nach seinem Artikel eine kleine Meldung gebracht, aber die Nachricht schien sich nicht weiter verbreitet zu haben. Nach Slades Tod hatten sie sich Zeit gelassen – fast fünf Monate –, damit auch bestimmt niemand je erfuhr, wo sie gelebt und was sie getan hatten. Erst dann hatten sie ihr öffentliches Wiederauftauchen durchgezogen. Das Geheimnis ihres Lebens im Sumpf würde genau das bleiben – ein Geheimnis.
    Etwas wehmütig schüttelte June Brodie den Kopf. Sie mochte sich das zwar alles einreden, aber trotzdem gab es Zeiten – Zeiten wie diese, in der Stille der Nacht –, in denen ihr Charles Slade so sehr fehlte, dass es fast körperlich weh tat. Zugegeben, ihre jahrelange Pflege des ausgezehrten Körpers des Mannes, dessen Geist durch Krankheiten und eine pathologische Überempfindlichkeit gegenüber allen Sinnesreizen verheert war, hatte ihre Liebe abgeschwächt. Doch früher hatte sie ihn rasend geliebt. Ihr war klar gewesen, dass es falsch war, absolut unfair gegenüber ihrem Mann. Aber als Vorstandschef von Longitude hatte Slade eine solche Macht besessen, er sah so wahnsinnig gut aus, war so charismatisch – und auf seine Weise war er sehr freundlich zu ihr gewesen … Sie war gewillt gewesen, mehr als gewillt, ihre Stelle als Krankenschwester aufzugeben und sich ganz ihm zu widmen,

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