Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
Muttersprache Portugiesisch war?«
Doch als er den Kopf hob, sprach er mit einem leeren Türrahmen. Pendergast war bereits gegangen.
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New York City
Als Judson Esterhazy aus dem Taxi stieg, blickte er kurz aus einer erdrückenden Häuserschlucht in Lower Manhattan an den Wolkenkratzern hinauf, dann nahm er seine Leder-Aktentasche vom Sitz und bezahlte den Taxifahrer. Gemessen und selbstbewusst schritt er über den schmalen Bürgersteig, strich dabei seine Krawatte glatt und betrat die niedrige Eingangshalle des New Yorker Amtes für Gesundheit.
Es fühlte sich gut an, mal wieder einen Anzug zu tragen, auch wenn er immer noch tief im Geheimen operierte. Und es fühlte sich noch besser an, in der Offensive zu sein, mehr zu tun, als nur zu fliehen. Die Angst und die Ungewissheit, die an ihm genagt hatten, waren fast verschwunden, ersetzt – nach einer ersten Zeit der reflexhaften Panik – durch einen klaren und entschlossenen Plan. Einen Plan, der sein Pendergast-Problem ein für allemal lösen würde. Doch genauso wichtig war, dass sein Plan
die
zufriedenstellte.
Die
würden ihm helfen. Endlich.
An einen Mann kommt man am besten durch seine Alte ran.
Ein ausgezeichneter Ratschlag, wenngleich ziemlich derb formuliert. Und diese »Alte« zu finden, war Esterhazy leichter gefallen als erwartet. Die nächste Herausforderung bestand darin, einen Weg zu finden, wie man an die besagte Alte herankam.
Während er zur Auskunftstafel hinüberging, sah er, dass die Abteilung für Gesundheitspflege im siebten Stock lag. Er ging zu den Fahrstühlen, betrat eine offen stehende Kabine und drückte den Knopf » 7 «. Die Tür schloss sich, er fuhr nach oben.
Dass er sich mit medizinischen Datenbanken auskannte, hatte sich als unschätzbare Hilfe erwiesen. Am Ende hatte es nur einiger Treffer bedurft, damit er an die erforderlichen Informationen herankommen und dementsprechend seinen Angriffsplan entwerfen konnte. Beim ersten Treffer hatte es sich um eine Anhörung betreffend eine Zwangseinweisung gehandelt, zu der Pendergast als interessierte Person zwar geladen, aber – perverserweise – einfach nicht erschienen war. Der zweite Treffer war ein Aufsatz von einem gewissen Dr. Felder gewesen, noch nicht veröffentlicht, aber der Ärzteschaft zur Begutachtung vorgelegt. Darin ging es um eine höchst interessante Patientin, die vorübergehend in der Justizvollzugsanstalt Bedford Hills inhaftiert war, jedoch ins Mount Mercy Hospital verlegt werden sollte. Der Name der Patientin war natürlich unter Verschluss gehalten worden; angesichts der Anhörung betreffend die Zwangseinweisung war es jedoch ein Leichtes, ihre Identität festzustellen.
Esterhazy trat aus dem Fahrstuhl und fragte einen Angestellten, wie er zum Büro von Dr. Felder komme. Der Psychiater war bei der Arbeit, er saß in seinem sauberen, aufgeräumten und winzigen Büro und erhob sich aus seinem Stuhl, als Esterhazy eintrat. Er war klein, so wie sein Büro, sehr gepflegt gekleidet, hatte kurzes mausgraues Haar und einen getrimmten Spitzbart.
»Doktor Poole.« Felder streckte ihm die Hand entgegen.
»Doktor Felder«, Esterhazy schüttelte die ihm dargebotene Hand, »es freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits.« Felder wies seinem Besucher einen freien Stuhl zu. »Jemanden kennenzulernen, bei dem Constance bereits in Behandlung gewesen ist, stellt für meine Arbeit einen unerwarteten Segen dar.«
Für meine Arbeit.
Alles lief genauso, wie Esterhazy es sich ausgemalt hatte. Er sah sich in dem unpersönlichen Büro um, blickte auf die Lehrbücher und bemüht unauffälligen Gemälde. Aus eigener Beobachtung wusste er, dass die Arbeit eines von Gericht bestallten Psychiaters eine ziemlich undankbare Aufgabe war. Die Hälfte der Patienten, die man betreute, waren ganz normale Soziopathen; die andere Hälfte täuschte Symptome vor, damit sie freigesprochen wurden. Esterhazy hatte einen Einblick in Felders Ambitionen bekommen, als er die für die Kollegen bestimmte Fassung seines Fachartikels gelesen hatte. Es handelte sich um einen Fall, in den man sich hineinbeißen, mit dem man vielleicht sogar Karriere machen konnte. Felder war zweifelsohne ein vertrauensseliger Bursche, begierig, offen und, so wie viele intelligente Menschen, ein wenig naiv. Das perfekte Opfer.
Wie dem auch sei, er musste äußerst umsichtig vorgehen. Jeglicher Hinweis darauf, dass er in Wirklichkeit von der Patientin und dem Fall nichts wusste, würde sogleich
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