Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
Warnung? Das war unmöglich, undenkbar … Die verkrüppelte Hand griff nach einem kleinen Metallkasten, der an einer Lehne des Rollstuhls angebracht war, und löste den Sicherheitsschalter, der den Killer-Schalter bedeckte. Ein verkrümmter Finger schwebte über dem Schalter. Wenn er ihn umlegte, würden sehr schnell verschiedene Dinge passieren: Notrufe würden an die Polizei, die Feuerwehr und den Rettungsdienst abgehen, Scheinwerfer würden im ganzen Haus und auf dem Grundstück angehen, Alarmsirenen auf dem Dachboden und im Keller würden ohrenbetäubend schrillen, magnetische Medien-Degausser, die strategisch im Raum verteilt waren, würden fünfzehn Sekunden lang magnetische Felder erzeugen, die sämtliche Daten von den Festplatten löschten, und schließlich würde ein EMP -Schockimpulsgenerator feuern und sämtliche Mikroprozessoren und Elektronik in diesem Raum im ersten Stock durchbrennen lassen.
Der Finger legte sich auf den Schalter.
»Guten Abend, Mime«, ließ sich die unverkennbare Stimme aus dem dunklen Flur vernehmen.
Der Finger zuckte zurück. »Pendergast?«
Der FBI -Agent nickte und trat ins Zimmer.
Einen Moment lang war der Mann im Rollstuhl verblüfft. »Wie sind Sie hier reingekommen? Mein Sicherheitssystem ist auf dem neuesten Stand der Technik.«
»In der Tat. Schließlich habe ich Entwurf und Installation bezahlt.«
Der Mann wickelte den Bademantel enger um seine magere Gestalt. Er fasste sich rasch. »Wir hatten eine Abmachung. Wir wollten uns nie wieder persönlich begegnen.«
»Darüber bin ich mir im Klaren. Und ich bedaure zutiefst, die Abmachung brechen zu müssen. Aber ich habe ein Anliegen – und ich dachte mir, wenn ich es persönlich vorbringe, werden Sie besser verstehen, wie dringlich es ist.«
Langsam breitete sich ein zynisches Lächeln auf Mimes blassen Zügen aus. »Verstehe. Der Geheimagent hat ein Anliegen. Schon wieder, sollte ich sagen, will er etwas vom schwer geprüften Mime.«
»Unsere Beziehung hat immer auf einer – wie soll ich es ausdrücken? – symbiotischen Grundlage bestanden. Es ist schließlich erst ein paar Monate her, dass ich dafür gesorgt habe, dass eine Fiberoptik-Standleitung hier installiert wurde.«
»Ja, in der Tat. Sie erlaubt einem, in dreihundert Mbps zu schwelgen. Kein Ziehen am T3-Strohhalm mehr für mich.«
»Und ich habe wesentlich dazu beigetragen, dass diese lästigen Anklagen gegen Sie fallengelassen wurden. Sie erinnern sich, das Verteidigungsministerium behauptete …«
»Okay, Geheimagent-Mann, ich hab’s nicht vergessen. Also, was kann ich an diesem schönen Abend für Sie tun? Mimes Cybermarkt steht all Ihren Hacker-Bedürfnissen offen. Keine Firewall ist zu dick, kein Verschlüsselungs-Algorithmus zu knifflig.«
»Ich benötige Informationen über eine bestimmte Person. Idealerweise ihren Aufenthaltsort, aber irgendetwas wird reichen: medizinische Daten, juristische Daten, Bewegungen. Angefangen vom Zeitpunkt ihres angeblichen Todes und darüber hinaus.«
Mimes eingesunkene, seltsam kindliche Gesichtszüge belebten sich. »Ihres angeblichen Todes?«
»Ja. Ich bin überzeugt, dass die Frau noch lebt. Jedoch ist mit hundertprozentiger Sicherheit davon auszugehen, dass Sie es unter einem angenommenen Namen tut.«
»Aber Sie kennen ihren richtigen Namen, hoffe ich?«
Pendergast antwortete erst nach einer Weile. »Helen Esterhazy Pendergast.«
»Helen Esterhazy Pendergast.« Mimes Miene wurde noch interessierter. »Na, da fress ich doch einen Besen.« Er dachte kurz nach. »Natürlich brauche ich so viele persönliche Daten, wie Sie beschaffen können, wenn ich einen ausreichend umfangreichen Such-Avatar Ihrer … Ihrer …
»… meiner Frau.« Pendergast reichte ihm einen dicken Ordner.
Mime griff eifrig zu und blätterte die Seiten mit seiner verkrüppelten Hand um. »Wie es scheint, haben Sie mir etwas vorenthalten.«
Pendergast ging nicht direkt darauf ein. Stattdessen entgegnete er: »Die Suche durch offizielle Kanäle hat nichts ergeben.«
»Ah. Also hat M- LOGOS nichts gefunden, oder?« Als Pendergast nicht antwortete, sagte Mime leise: »Und jetzt möchte der Geheimagent-Mann, dass ich es von der anderen Seite der Cyberstraße aus versuche. Den virtuellen Teppich anhebe und nachschaue, was sich darunter befindet. Die schäbige Unterseite des Informations-Superhighways erforsche.«
»Eine etwas holprige Mischung von Metaphern, aber doch, ja, so hatte ich es mir vorgestellt.«
»Tja, das kann eine
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