Pendragon - Der Anfang
hervor.
Zuerst wirkte er zufrieden darüber, dass er sich an den Jungen erinnern konnte. Sekunden später aber machte die Zufriedenheit einer finsteren Miene Platz, als ihm einfiel, was vorgefallen war.
»Ihr haltet euch wohl für sehr witzig, wie?«, schnauzte er Mark an.
Eigentlich hatte Mark keine Lust, eine Strafpredigt über sich ergehen zu lassen, aber er hielt es für besser, wenn der Hausmeister seinen Ärger loswurde. Vielleicht war dann die Chance größer, etwas über den Verbleib der Seite zu erfahren. Also unterbrach er den Mann nicht und hörte geduldig zu.
»Seit fast fünfzig Jahren arbeite ich an dieser Schule«, fuhr Dorrico fort. »Ich habe schon alles erlebt und auch schon alles Mögliche und Unmögliche sauber gemacht.«
Diesen Gedanken fand Mark ziemlich eklig, aber er schwieg.
»Falls ihr also glaubt, ihr wärt besonders klug und witzig, wenn ihr mich lächerlich macht, dann habt ihr euch aber geirrt!«
»Sie haben völlig recht, Sir«, sagte Mark so respektvoll wie möglich. »Es tut uns leid, dass wir uns so albern benommen haben. Natürlich sollte sich ein Mädchen niemals in der Jungentoilette aufhalten. Wer sich über diese Regel hinwegsetzt, verstößt gegen alle moralischen Grundsätze unserer Schule. Deswegen haben wir beschlossen, uns bei Ihnen zu entschuldigen.«
Mark beendete seine Rede mit einem möglichst offenen, aufrichtigen Lächeln. Hatte er zu dick aufgetragen?
Mr. Dorrico war sprachlos. Eine derart entwaffnende Entschuldigung hatte er nicht erwartet.
»Äh, nun«, murmelte er unsicher. »Du hast recht. Wo ist das Mädchen? Sollte sie sich nicht auch entschuldigen?«
»Das wird sie«, antwortete Mark schnell. »Sobald sie zur Schule kommt.«
»Schön«, meinte Mr. Dorrico entschieden. »Dann sind wir uns ja einig.«
Er wollte weitergehen, zufrieden, dass ihm endlich einmal der Respekt erwiesen worden war, der ihm gebührte. Schnell stellte sich Mark ihm in den Weg.
»Also, da wäre noch etwas«, sagte er vorsichtig. »Als wir in der Toilette saßen, haben wir gerade Hausaufgaben gemacht. Ich weiß, kein geeigneter Ort dafür. Leider habe ich eine Seite meiner Arbeit liegen lassen. Haben Sie die zufällig gefunden?«
Mr. Dorrico ging weiter.
»Ich habe etwas gesehen«, antwortete er nachdenklich. »Ein beschriebenes grünes Blatt Papier. Es sah aber nicht wie normales Papier aus. Fast wie das Blatt von einem Gummibaum oder so.«
»Ja! Das ist es!«, rief Mark begeistert. »Haben Sie es in den Papierkorb geworfen?«
»Ich habe meine Grundsätze. Manchmal werden Sachen verloren. Wenn ich etwas finde, was nach Schularbeiten aussieht, lasse ich es einen Tag lang an der Stelle liegen, wo ich es gefunden habe, falls der Schüler zurückkommt und es sucht …«
Mr. Dorrico redete weiter, aber niemand hörte ihm zu. Mark war schon fort. Sobald er vernommen hatte, dass die Seite immer noch in der Toilette herumlag, rannte er in den dritten Stock hinauf.
Er stürmte die Treppen empor, lief den Flur entlang und stieß die Tür auf, die zur Jungentoilette führte. Mit einem Blick stellte er fest, dass weit und breit kein grünes Blatt zu sehen war. Er kroch auf allen vieren herum und suchte den ganzen Boden ab. Er schaute in sämtliche Kabinen. Er suchte auf den Fensterbänken und unter den Waschbecken.
Nichts.
Dann nahm er den Abfalleimer und kippte ihn um. Leer. Mark wurde übel. Hatte einer von Mr. Dorricos Gehilfen das Blatt weggeworfen und den Müll schon gestern Abend geleert?
Nicht zu fassen! Courtney hatte doch behauptet, das würde nur
morgens gemacht. Aber wo war dann die Seite aus Bobbys Journal?
Völlig fertig sank Mark auf den Boden der Toilette. Seine letzte Hoffnung hatte sich in Luft aufgelöst. Er legte den Kopf auf die Knie und schloss die Augen. Was sollte er nur Bobby sagen? Er hatte seinen besten Freund im Stich gelassen. Bobby war in der Lage, überall im Universum herumzureisen und Kriege zu verhindern, aber Mark schaffte es nicht einmal, ein Blatt Papier zu hüten.
»Hallo, Leute. Entschuldigt bitte, dass ich so lange nicht geschrieben habe.«
Jemand las die Sätze laut vor. Es waren die ersten Worte des fünften Journals – die ersten Worte der fehlenden Seite.
Mark hob den Kopf. Dann war ihm noch elender zumute als zuvor. In der Tür stand Andy Mitchell und hielt die fehlende Seite in der Hand. Mark starrte den Jungen mit den fettigen dunkelblonden Haaren und der schlimmen Akne an … und hätte sich am liebsten übergeben.
Wenn er
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