Pendragon - Der Anfang
die gleiche böse Vorahnung wie On kel Press. Ich war nicht hellseherisch veranlagt oder so, aber ich spürte eine Veränderung im Verhalten der Aquanier.
Bis jetzt hatten sie sich unterhalten und miteinander gescherzt, doch auf einmal wirkten sie nervös. Alle Augen waren auf das Meer und auf Magorran gerichtet.
Auch ich schaute zu dem Habitat hinüber, das immer näher kam. Die meisten Inseln, die Vorräte auffüllten, blieben in großer Entfernung. Grallion lag fest verankert und blieb an einem Ort, während die übrigen Habitate in etwa ei nem Kilometer Entfernung warteten. Das war sicherer. Die Dinger waren so groß, dass sie viel Platz zum Wenden brauchten, und man wusste nie, wann die Strömung ihre Richtung änderte. Also war es besser, viel Abstand zu halten und kleine Boote hin- und herzuschicken.
Doch jetzt war etwas faul. Unten herrschte Verwirrung. Die Aquanier schienen nicht zu wissen, was sie tun sollten. Ich hatte keine Ahnung, was los war, aber es war be stimmt nichts Gutes. Da rannte Wu Yen za, die Che fin der Aqua nier, über den oberen Steg. Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Aufregung – und vor Angst.
»Verletzung des Sicherheitsabstands!«, brüllte sie. »Verwarnt sie!«
Die Aqua nier stoben auseinander. Se kunden später ertönte durchdringendes Sirenengeheul.
»Was ist los?«, fragte ich Onkel Press.
Er sah mich nicht an. Sein Blick hing gebannt an Magorran. Als er antwortete, klang seine Stimme ruhig und gelassen. Es war die Stimme eines Menschen, der etwas Unabänderliches beschreibt.
»Sie halten nicht an«, sagte er nur.
Ich schaute aufs Wasser hi naus und begriff, was er meinte. Das gewaltige Habitat Magorran steuerte genau auf uns zu. Es hatte die Sicherheitsmarkierung bereits passiert und machte keine Anzeichen, sein Tempo zu verlangsamen. Selbst wenn es jetzt noch den Rückwärtsgang einlegte, war es zu spät. Ein Zusammenstoß war unvermeidlich.
Eine zweite Alarmsirene ertönte, noch lauter und schriller als die erste. Der erste Alarm war eine Warnung für Magorran gewesen, aber der zweite hörte sich an, als wäre er für die Bewohner von Grallion bestimmt. Die beiden Habitate würden zusammenstoßen. Man konnte nichts anderes tun, als sich darauf vorzubereiten.
Magorran wurde größer und größer. In zwischen konnte ich einen Blick auf das Deck werfen und stellte überrascht fest, dass dort keine Menschenseele zu sehen war. Wo auch im mer sie stecken mochten, ich hoffte, sie taten alles Erdenk liche, um das Ding anzuhalten.
Die Aquanier rannten die Treppe hi nauf, die vom Kai nach oben führte. Alle bis auf Spader. Er stand einfach da und starrte auf die sich nähernde Insel. Es sah aus, als hätte ihn der Anblick des Ozeanriesen gelähmt, der gleich in unser Habitat krachen würde.
»Lei nen los!«, brüll te Yen za. »Alle Mann an Deck! Bewegt euch!«
Spader rührte sich nicht. Irgendwer musste ihn wach rütteln. Ich wollte zur Treppe laufen, um ihn zu holen, aber Onkel Press hielt mich an der Schulter fest. Ich sah hoch und bemerkte, wie gelassen mein Onkel wirkte. Er schüttelte abwehrend den Kopf.
»Spader!«, rief Onkel Press laut.
Zum Glück hörte ihn Spader. Er wandte sich um und sah zu uns herauf. Sei ne Miene drückte Verwirrung aus. Kei ne Angst, nur Sorge.
»Zeit zum Aufbruch, Sohn!«, rief Onkel Press. Seine Stimme klang fest, aber ru hig. Sie übertönte den Lärm, der uns umgab, und kam mir lauter vor als jede Sirene. Spader warf noch einen Blick auf Magorran und lief dann zur Treppe. Er war der Letzte, der nach oben kam.
»Nichts wie weg hier«, befahl Onkel Press. »An Deck sind wir am sichersten.«
Spader gesellte sich zu den anderen Aquaniern, während Onkel Press und ich um unser Leben liefen. Wir rasten geradezu die Treppen hinauf, bis wir an Deck gelangten. Ich wagte nicht zurückzublicken, denn ich wollte nicht sehen, was geschah. Überall herrschte Pa nik. Meh rere Si renen heulten um die Wet te. Aqua nier waren ver zweifelt bemüht, die schweren Taue zu lösen, mit denen Grallion verankert war. Alle, die bei Notfällen keine besondere Aufgabe zu erfüllen hatten, taten das Gleiche wie wir – sie flohen so weit wie möglich vom Aufprallpunkt.
Es würde schlimm ausgehen. Ich fragte mich, ob die beiden großen Habitate einen Zusammenstoß überstehen würden. Der Gedanke, dass die riesigen Schiffe auf den Meeresgrund sinken könnten, war unvorstellbar schrecklich – nicht zuletzt weil ich mich an Bord eines dieser Schiffe
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