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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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nicht daran teil. Sie redete
sich ein, sie ziehe es vor, allein zu bleiben.
    Vor dem gestampften Boden des Backsteinhauses
ließ sie ihren neuen Kreisel tanzen und wollte feststellen, wie lange er sich
drehen würde. Sie setzte ihn mit einer schnellen Handbewegung in Gang und schlug
ihn mit der langen, an einem Stock befestigten Schnur. In diesem Augenblick
rannten ein paar Jungen, die »Räuber und Gendarm« spielten, an ihr vorbei,
stießen ihr frech die Arme in die Seiten und hätten sie beinahe zu Fall
gebracht. Einer der Jungen war Daniel Randolf, der Älteste aus der großen Familie
des Schmieds. Meg verabscheute ihn, weil er immer so grob war.
    Daniel blieb stehen und rief höhnisch: »Gib es auf, Meg! Du wirst
nie im Leben richtig mit dem Kreisel spielen können. Du weißt ja noch nicht
einmal, wie man die Peitsche hält!«
    »Ich kann es schon besser als du, Daniel!« rief sie wütend zurück.
Natürlich war das leicht übertrieben, denn sie konnte sich kaum mit ihm messen.
    Daniel lachte schallend. »Nicht zu glauben. Ein Mädchen kann niemals
besser sein als ein Junge!«
    »Niemals ...«, sagte sein kleiner Bruder wie
ein Echo.
    Meg dachte angestrengt über eine bissige
Bemerkung nach, aber ihr fiel leider nichts Besseres ein als: »Na und, deine
Mutter kaut Tabak!« Sie streckte den beiden die Zunge heraus, und weil sie
Daniel nicht richtig ärgern konnte, fügte sie hinzu: »Ach, schert euch zum
Teufel!«
    Die beiden Brüder lachten, und die Jungen
liefen johlend weiter.
    »Die zwei irren sich. Ein Mädchen kann ebensogut mit dem Kreisel
spielen wie ein Junge.«
    Meg fuhr herum, als sie die freundliche
Stimme in ihrem Rücken hörte, und verzog dann mißmutig das Gesicht, denn sie
wußte natürlich sofort, wer das war – Delia McQuaid, die neue Frau ihres
Vaters.
    Ich werde sie nie, nie im Leben als meine Mutter anerkennen,
auch wenn die beiden geheiratet haben.
    Niemand, auch nicht ihr Vater, würde Meg zwingen können, diese
Frau als ihre »Mutter« zu betrachten.
    So wegwerfend wie möglich erwiderte Meg: »Was wissen Sie denn
schon?«
    Delia lächelte das kleine Mädchen an, aber
dann sagte sie ernst: »Ich war fünf Jahre lang im Hafen von Boston
unangefochten die Beste, und ich bin nie besiegt worden. Ich kenne ein paar
Tricks, mit denen ich alle frechen Jungen das Fürchten gelehrt habe. Mein
Kreisel dreht sich wie von selbst, und zwar lange. Soll ich es dir vielleicht
zeigen?«
    »Nein! Geben Sie sich keine Mühe. Ich werde mich nicht mit Ihnen
anfreunden, denn ich mag Sie nicht.«
    »Macht nichts. Weißt du, mein Vater hat immer zu mir gesagt, ich
bin so ausdauernd wie eine Glucke beim Brüten. Ich werde nicht aufgeben, mich
um deine Freundschaft zu bemühen.«
    Meg zog die dünnen Schultern hoch und drehte
sich wortlos um. Sie blickte zu den langen Tischen unter dem Wetterhahn. Ein
paar Möwen versuchten geschickt, etwas Eßbares zu stehlen. Anne Bishop sah es
und vertrieb die Vögel mit der Schürze. Die anderen Frauen lachten.
    Meg wies mit dem dünnen Zeigefinger auf die Frauen. »Sollten Sie
nicht dort drüben sein und ihnen helfen, alles für das Essen vorzubereiten?«
    »Ich habe meine Hilfe angeboten«, antwortete Delia seufzend. »Aber
sie wollen sich von mir nicht helfen lassen.«
    Meg lächelte zufrieden. Sie hatte bereits mit Genugtuung gesehen,
daß die Frauen Delia ebenso verjagt hatten wie die Möwen. Mit Ausnahme von Anne
Bishop und der neuen Pfarrersfrau lehnten alle Frauen Delia ab. Sara Kemble
hatte erklärt, Delia habe unanständige Dinge in Boston getan.
    Einen Augenblick lang konnte die kleine Meg ihr gut nachfühlen,
wie es war, von allen zurückgewiesen zu werden. Aber dann fand sie, Delia werde
behandelt, wie sie es verdiente.
    Trotzdem war sie neugierig und hielt Delia zögernd die Peitsche
hin. »Sie könnten mir vielleicht zeigen, wie Sie den Kreisel schlagen. Haben
Sie wirklich immer gewonnen?«
    »Ja! « Delias Augen leuchteten, und Meg bedauerte bereits ihr
Entgegenkommen. »Einmal habe ich den Kreisel eine gute Stunde in Bewegung
gehalten und damit alle Rekorde gebrochen ... ich meine die Rekorde, die mir
bekannt sind.«
    Meg sah mißtrauisch zu, als Delia den Kreisel
aufstellte und ihn mit einem kurzen Schnicken in Gang setzte. Dann schlug sie
langsam und gezielt mit der Schnur und erhöhte geschickt die Geschwindigkeit
des Kreisels, der sich schließlich so schnell drehte, daß er nur noch ein
blauer Fleck war. Meg staunte und lachte begeistert. In ihrer Freude

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