Penelope Williamson
seine Eifersucht
eingestehen wollte. Er war auf sie und Nat eifersüchtig? Der Gedanke
beflügelte, verwirrte und beängstigte sie.
Tildy war unter die Treppe gekrabbelt und zog die schwarze Katze,
die fauchend die Vorderpfoten in den weichen Boden krallte, an den
Hinterbeinen.
»Das darfst du nicht, mein Schatz!« rief Delia und wollte an Tyl
vorbei, aber er bewegte sich nicht von der Stelle. Sie lief seitlich an ihm
vorbei die Stufen hinunter. »Wir müssen jetzt nach Hause. Dein Papa möchte, daß
ich ihm beim Heumachen helfe ...«
Bevor sie den Wald erreichten, drehten sie sich noch einmal um.
Tildy winkte und rief: »Auf Wiedersehen, Dr. Tyl, und vielen Dank für die
Plätzchen!«
Tyl hob kurz die Hand.
Er sieht einsam aus, dachte Delia und wußte, sie würde das Bild
nicht vergessen, wie er allein vor der Blockhütte in der heißen Sonne stand.
17
Delia sah Meg mit großen Augen an. »Du willst mir sagen, daß ich zwei
Hühner durch den Schornstein werfen soll?«
Meg nickte ernst. »Meine Mama hat den Schornstein immer so
geputzt, wenn der Rauch nicht mehr abzog. Die Hühner flattern, verstehst du,
und dann löst sich der Ruß.«
»Hühner müssen durch den Schornstein!« bestätigte Tildy und
jammerte. »Ich kann kaum noch atmen ...«
Der Rauch zog tatsächlich nicht mehr ab. Der
Qualm verbreitete sich hartnäckig im ganzen Haus. Alle mußten husten, und die
Augen brannten. Am Morgen hatte Nat mit den Kindern im Freien gefrühstückt.
Bevor er auf die Felder ging, hatte er Delia vorwurfsvoll angesehen, als sei
der Rauch ihre Schuld. Sie verstand wirklich nicht, weshalb das ausgerechnet
ihre Schuld sein sollte.
Aber er war wortlos gegangen und erwartete bestimmt, daß sie das
Problem löste. Delia seufzte wie so oft im vergangenen ersten Monat ihres
Ehelebens. Kein Zweifel, als Nats Frau hatte sie bisher in jeder Hinsicht
versagt.
Mißtrauisch fragte sie Meg noch einmal: »Du willst mir doch nicht
etwa einen dummen Streich spielen?«
Meg schüttelte empört den Kopf. »Natürlich nicht! Ich sage dir
nur, was meine Mama immer gemacht hat. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du ja
meinen Papa fragen ...«
Delia hatte nicht die Absicht, Nat zu fragen.
Wann immer sie sich sahen, war er so gereizt, daß sie nach wenigen Worten
anfingen zu streiten. Die Zeit der Verlegenheit und der schüchternen Vorsicht
war vorüber. Jetzt bekundeten sie unverhüllt ihre gegenseitige Abneigung. Nat
schlief immer noch auf dem Feldbett. Außerdem stieg er täglich morgens
vor Sonnenaufgang auf den Hügel hinter der Scheune und führte lange
Selbstgespräche am Grab seiner Frau. Delia war ihm einmal heimlich gefolgt. Als
sie sah, was er tat, war sie wie vor den Kopf gestoßen und hatte alle Hoffnung
auf eine Besserung ihrer Ehe verloren.
»Also gut ...«, murmelte Delia unsicher. »Sag mir, wie man das
macht.«
Auf Megs Anweisung löschte Delia zuerst das Feuer
mit Sägemehl und Wasser. Natürlich stiegen daraufhin erst einmal dicke
schwarze Qualmwolken auf. Eine graue Schicht Asche legte sich über alles in der
Küche. Delia wäre am liebsten heulend davongelaufen. Sie würde den ganzen Tag
saubermachen müssen und natürlich den Unterricht bei Anne verpassen.
Schnell liefen sie aus dem Haus und lockten im Hof die Hühner mit
Maiskörnern. Sogar Delia gelang es, ein Huhn zu fangen, das sie dann unbeholfen
von sich weghielt.
»Was jetzt?« rief sie der kichernden Meg zu, denn das Huhn flatterte
und gackerte wie wild. Tildy saß auf dem Boden und quietschte vor Vergnügen.
»Du mußt das Huhn aufs Dach tragen und dann in den Schornstein
werfen.«
Delia hob unsicher den Kopf. Der Schornstein
ragte dicht neben dem steilen Giebel aus dem Schindeldach. Sie schloß
unwillkürlich die Augen, denn sie war noch nie schwindelfrei gewesen. Aber das
Huhn und die beiden Kinder ließen sie nicht zur Ruhe kommen, deshalb sagte sie
energisch: »Hol mir schnell einen Sack. Ich kann mit diesem verrückten Vieh
nicht auf die Leiter steigen.«
Es dauerte noch eine Weile, aber schließlich hatten Meg und Delia
zwei Hühner im Sack. Sie trugen die Leiter aus der Scheune zum Haus und
stellten sie an die Wand. Delia zog die Schuhe aus und stieg mit zitternden
Beinen langsam hinauf. Dabei verwünschte sie sich im Stillen, weil sie so dumm
gewesen war, nicht in Boston zu bleiben. Wenn dort ein Schornstein nicht mehr
zog, dann kam eben ein Schornsteinfeger.
Das Dach war so steil, daß sie nur auf allen
vieren vorsichtig bis zum Giebel
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