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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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war sie
enttäuscht worden. Dabei wollte sie ihn doch nur wiedersehen, nur ein paar
Worte mit ihm wechseln.
    Als auch ihre stummen Gebete nichts halfen, wußte Delia, daß es im
Grunde so das beste war. Sie durfte einfach nicht mehr an Tyl denken, aber
jetzt stand er hier ...
    Ohne den Blick von Delia zu wenden, sagte er zu Meg und Tildy:
»Ihr zwei, könnt ihr vielleicht ein Leinentuch aus dem Haus holen, damit ich
das Fleisch einwickeln kann?«
    Die Mädchen liefen eifrig davon und redeten aufgeregt miteinander.
    Dann war es plötzlich still. Delia hörte das Summen der Bienen. Die
Sonne stand glühend am Himmel. Er sah sie eindringlich an und fragte leise:
»Wie ist es dir ergangen, Delia?«
    »Gut ... gut, gut ... wirklich gut.« Ihr fiel
auf, daß sie wie eine Verrückte ständig nickte, aber seine Nähe, der nackte
Körper, sein Blick, der ihr direkt ins Herz sah, löste einen Sturm der Gefühle
aus.
    »Behandelt dich Nat gut?«
    »Ja, ja ...« Das war gewissermaßen gelogen. Nun ja, Nat hatte sie
bis jetzt nicht geschlagen. Aber sonst? Sie ließ den Kopf hängen. »Er rodet das
Land auf der anderen Seite für ein neues Feld ...«
    Tyl nickte. »Gut.« Er verlagerte wieder das
Gewicht und sagte dann: »Wenn es dir recht ist, bringe ich das Fleisch ins
Brunnenhaus. Die Keule ist schwer ...«, fügte er mit einem schiefen Lächeln
hinzu.
    Delia wurde rot. Er konnte sie mühelos um ihre Fassung bringen.
    Hinter dem Haus war eine Quelle. Nat hatte einen Brunnen gegraben
und eine mit Schindeln gedeckte Hütte um die Quelle gebaut, damit sie immer
frisches Wasser hatten. Delia stellte die Hacke an die Wand der Hütte und stieß
die Tür auf, die sich mit lautem Quietschen öffnete. Im Innern war es kühl,
aber das half ihr im Augenblick wenig. Ihr Herz schlug wie rasend, und das Blut
in ihren Adern schien zu kochen.
    Tyl befestigte die Keule an einem Eisenhaken an der Decke. Die
strähnigen Haare klebten ihm an den Schultern. Sein ganzer Körper war von der
Sonne dunkel gebräunt. Er sah wirklich aus wie ein Indianer.
    Bevor er sich umdrehte, sagte sie schnell, um
ihre Verlegenheit zu überspielen: »Wir ... also ich meine, Nat und ich, haben
uns gewundert, daß du nie zum Bethaus kommst ...« Sofort bedauerte sie ihre
Worte. Natürlich wußte er jetzt, daß sie dort nach ihm Ausschau hielt.
    Er drehte sich langsam um und sah sie spöttisch an. »Ich bin kein
Kirchgänger!«
    »Glaubst du nicht an Gott?«
    Er zuckte die Schultern. »Ich glaube an Manitou. Aber das ist kein
Gott, sondern die geistige Kraft in allen Dingen.« Er wies auf die Keule und
sagte ernst: »Ich habe das Lied der Bären gesungen und mich damit bei dem Geist
des Bären entschuldigt und ihm erklärt, warum ich ihn töten mußte.«
    Er hat sich bei dem Geist eines Bären entschuldigt?
    Delias Blick fiel auf den kleinen Lederbeutel an seinem Hals. Er
hatte ihr einmal erklärt, das sei ein Symbol seines Schutzgeistes. Tyl war ein
studierter Arzt, und doch glaubte er wie die Indianer an heidnische Dinge.
    Welch ein seltsamer Mann, dachte sie.
    Tyl ging zum Brunnen, füllte den Holzkübel mit Wasser und
schüttete es sich über den Kopf und den Oberkörper, um das Blut abzuwaschen.
Das Wasser rann ihm über die Brust, sammelte sich unter den dicht gekräuselten
Haaren, lief über den Nabel und versickerte unter dem Lendenschurz.
    Delia reichte ihm ein Handtuch, das an einem
Nagel an der Wand hing. Aber er trocknete sich nicht damit ab, sondern tauchte
das eine Ende in den Kübel und kam zu ihr. Sie blieb wie erstarrt stehen.
    Er hob langsam ihr Kinn und entfernte dann
sanft den Ruß von ihrem Gesicht. Überwältigt von seiner Nähe schloß sie die
Augen und überließ sich der unschuldigen und doch so sinnlichen Berührung
seiner Finger. Wie eine sanfte Welle, die immer heftiger und größer wurde,
stieg das Verlangen in ihr auf. Ja, bei Gott, sie wollte ihn, nur ihn ...
    Er legte die Hand auf ihre Schulter und hielt sie fest. »Delia ...?«
Sie sah ihn an.
    »Wenn du mich brauchst, wirst du dann zu mir kommen? Versprichst
du das?«
    Die Frage verblüffte sie, aber seine Worte klangen tröstlich und
gut. Trotzdem blieb sie stumm, und es gelang ihr erst nach einer Weile zu
flüstern: »Du weißt, daß ich das tun werde, Tyl ...«
    Er öffnete leicht den Mund und beugte sich vor. Sie sah ihn wie
gebannt an und wollte nur seine weichen, vollen Lippen berühren. Dann spürte
sie voll Entsetzen, wie sie sich an ihn lehnte, die Hand hob und mit

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