Penelope Williamson
lächelte er,
und ihr Herz schlug sofort schneller. Der kurze Augenblick, von dem sie später
glaubte, sie habe sich das nur eingebildet, machte sie glücklich und wieder
froh.
Dann nickte Tyl mit einem
beinahe übermütigen Lächeln der ganzen Gemeinde zu, die ihn noch immer mit
offenen Mündern anstarrte, und setzte sich auf die letzte Bank. Die Stille
wurde vom Rascheln und Flüstern unterbrochen, denn alle tuschelten und sprachen
mit ihren Nachbarn.
Hoch oben auf der Kanzel räusperte sich Caleb laut und nachdrücklich,
um das allgemeine Gemurmel zu übertönen, und sagte dann: »Dr. Savitch, wir
fühlen uns geschmeichelt, daß Sie sich entschlossen haben, uns, wenn auch
etwas verspätet, mit Ihrer Anwesenheit zu ehren«, Calebs Augen blitzten, und
einige lachten. »Aber da wir nun wissen, daß Sie hier sind, bitte ich um
Erlaubnis, fortfahren zu dürfen.«
»Amen, Reverend!« ließ sich Tyl vernehmen, und die Gemeinde
lachte, nur Sara Kemble schnaubte empört.
Caleb wurde wieder ernst, und seine Predigt ging weiter. Die
Minuten schleppten sich dahin. Delia wußte bald nicht mehr, woher sie die Kraft
nehmen sollte, sich nicht nach Tyl umzudrehen. Ihre Schultern
verspannten sich und schmerzten vom Stillsitzen.
Aber auch dieser Gottesdienst ging schließlich vorüber. Der
Gemeindevorsteher öffnete beide Türen, und die Gemeinde strömte hinaus in die
glühende Hitze. Caleb stand am Ausgang und unterhielt sich freundlich mit
seinen Schäfchen.
Delia tat so, als hätte sie ein Problem mit dem Absatz ihres
Schuhs und ließ Nat und die Kinder vorgehen. Sie blieb so lange sitzen, bis die
Kirche leer war. Bei dem Gedanken, plötzlich Tyl gegenüberzustehen, verließ sie
der Mut. Seit der Hochzeit waren sie sich zweimal begegnet, und jedesmal hatte
ihre verrückte Verliebtheit sie an den Rand des Erlaubten gebracht. Das durfte
sich auf keinen Fall wiederholen.
Langsam stand sie auf und ging zur letzten Bank, wo er gesessen
hatte. Sie legte die Hand vorsichtig auf die hohe Lehne und blieb stehen, als
könnte sie seine Wärme noch auf dem glatten Holz spüren.
Heute wird überhaupt nichts geschehen, versicherte sie sich. Die
ganze Gemeinde ist da. Was kann da schon passieren?
Aber sie wußte: Er wird mich anlächeln, und mein Herz wird sich
nach ihm sehnen. Er wird lachen, und ich werde rot. Er mag mich zufällig
berühren, und ich werde ihn mehr lieben als je zuvor ...
»Delia, geht es Ihnen nicht gut?«
Sie fuhr erschrocken zusammen und sah Caleb vor sich, der sie
besorgt ansah.
Delia lächelte ihn so unbeschwert wie möglich an und überspielte
damit gleichzeitig ihre Enttäuschung darüber, daß sich der falsche Mann nach
ihrem Wohlbefinden erkundigte.
»Es geht mir gut, Reverend. Ich möchte mich nur noch etwas
sammeln, bevor ich in die Hitze hinausgehe.«
»Ja, es wirklich sehr heiß heute«, stimmte ihr Caleb zu. »Setzen
wir uns doch noch einen Augenblick«, sagte er dann zögernd und wies auf die
Bank. »Ich möchte mit Ihnen über etwas sprechen.«
Delia nickte stumm. Sie hatte ein schlechtes Gewissen. Er würde
sie mit Sicherheit daran erinnern, daß sie eine verheiratete Frau war
und nicht länger den unverheirateten Arzt von Merrymeeting verliebt
ansehen konnte, denn das war eine Sünde und in den Augen der Gemeinde ein
Skandal.
Aber er sagte: »Es geht um meine Predigten ...«
Delia glaubte nicht richtig zu hören. »Um Ihre ... Predigten? Aber
ich bin diesmal wirklich nicht eingeschlafen. Das kann ich Ihnen versichern,
Reverend. Vielleicht hat es so ausgesehen, als sei ich mit den Gedanken nicht
ganz bei der Sache, aber wissen Sie, in dieser Hitze und ...«
Delia wußte, daß es gefährlich war, einfach so draufloszureden,
aber ihre Erleichterung kannte keine Grenzen.
Caleb lachte laut. »Delia, genau darum geht es mir. Sie treffen
immer den Nagel auf den Kopf. Also ich meine ..., hm, ich habe das Gefühl,
meine einschläfernden Predigten sind für die Kirchgänger von Merrymeeting
irgendwie enttäuschend. Könnten Sie mir nicht einen Rat geben, was ich dagegen
tun sollte.«
Delia kaute nachdenklich auf ihrer
Unterlippe. Sie wußte nicht recht, ob sie mit Caleb wirklich offen
reden sollte. »Na ja, es ist nur so ein Gedanke, aber ...«
»Reden Sie, Delia, bitte. Ich bin für Ihren klugen Rat bestimmt
sehr dankbar.«
Sie spürte plötzlich, daß Tyl vor der offenen Tür stand und mit
Oberst Bishop sprach. Sie hörte, wie der Oberst über Verdauungsprobleme klagte
und Tyl ihm Fencheltee
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