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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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auch versprochen, Mama zu dir
zu sagen, wenn du zurückkommst.«
    Delia legte ihre Hand auf die kleine Hand des
Mädchens. »Meg ... als wir uns zum ersten Mal gesehen haben, da habe ich dir
gesagt, daß ich nicht versuchen würde, den Platz deiner Mama einzunehmen.
Deine Mama hat dich sehr, sehr lieb gehabt, und du hast sie geliebt, und du
mußt diese Liebe im Herzen lebendig halten. Ich hoffe nur, daß du eines Tages
auch mich lieben kannst. Aber natürlich auf eine andere Weise – als eine
besonders gute Freundin.«
    Delia wartete, doch Meg schwieg. Einen Augenblick später stand
Delia auf. Sie wollte sich gerade umdrehen, da hörte sie Megs leise und ein
wenig ängstliche Stimme. »Gute Nacht ... Mama.«
    »Schlaf gut, Meg. Ich hab dich lieb.«
    Delia erschrak, als sie sich umdrehte, und sah, daß Nat mit einer
Hand den Vorhang zurückhielt. Sie sahen sich an, und nach kurzem Zögern ging
Delia auf ihn zu. Er trat beiseite und ließ den Vorhang hinter ihnen fallen.
    »Du hast ihnen gefehlt«, sagte er.
    Delia konnte nichts erwidern.
    Die Einrichtung auf dieser Seite des Vorhangs bestand aus einem
kleinen Brettertisch und zwei Hockern. Delia sah, daß Nat aus der
Gemeinschaftsküche im Blockhaus eine Kanne Tee und zwei schwarze Lederbecher
geholt hatte. Sie goß den Tee ein, setzte sich auf einen Hocker und legte die
Hände um ihren Becher. Der aufsteigende Dampf umgab ihr Gesicht warm und
feucht. Sie fuhr mit den Handflächen auf dem weichen Leder hin und her. Ihre
Hände waren kalt. Sie fror am ganzen Körper.
    Sie wappnete sich und hob den Blick. In einer
Sturmlaterne, die an der Wand neben der Tür hing, brannte eine Kerze und
erleuchtete den Raum. Sie warf harte Schatten über Nats Gesicht, die die
Falten und Linien auf seiner Stirn und um den großen Mund noch vertieften. Er
ließ die Schultern hängen und hatte das Gewicht auf eine Seite verlagert; die
Daumen steckten im Gürtel seiner Hose, und er starrte auf den rohgezimmerten
Fußboden.
    Langsam hob er den Kopf und sah ihr in die
Augen. Sein Blick war ernst und vielleicht ein wenig ängstlich. »Du hast mir
auch gefehlt, Delia«, sagte er so leise, daß sie es kaum hörte. Die Ungläubigkeit
mußte ihr ins Gesicht geschrieben stehen, denn er fuhr schnell fort. »Ich weiß,
es sieht so aus, als hätte ich nicht besonders viel von dir gehalten, solange
du hier warst ...«
    »Ich konnte dir nichts recht machen, Nat.« Die Worte klangen
bitterer, als sie beabsichtigt hatte, und ganz sicher verbitterter, als sie
war.
    »Nein, das stimmt nicht«, widersprach Nat mit belegter Stimme. »Du
hast vieles richtig gemacht. Ich war nur zu sehr mit meiner Trauer beschäftigt,
um es zu sehen.«
    Er trat näher und stellte sich auf der anderen Seite des schmalen
Tischs ihr gegenüber. Sie spürte seinen Blick, aber sie konnte ihn nicht mehr
ansehen. Sie wußte nicht, was sie mit Nats Geständnis anfangen sollte. Die
widersprüchlichsten Gefühle stürmten auf sie ein und überwältigten sie. Deshalb
saß sie mit steifem Rücken und zusammengepreßten Lippen da und wagte kaum zu
atmen.
    »Was ist los, Delia?« fragte er und errötete schuldbewußt. »Bist
du böse auf mich, weil ich dich nicht gesucht habe?«
    Delias Hände um den Becher verkrampften sich. Sie stieß den
angehaltenen Atem aus und seufzte laut. »Nein, natürlich nicht. Tyl – Dr.
Savitch hatte sehr viel bessere Chancen, uns zu finden und zurückzubringen.«
    Nat seufzte erleichtert; die Röte wich allerdings nicht aus seinem
Gesicht. »Das dachte ich auch. Obwohl ich immer so tue, als wäre ich so stark
wie ein gesunder Mann, kann ich mit meinem Holzfuß nicht sehr weit laufen. Und
ich bin ein Farmer, kein Waldläufer oder Trapper. Außerdem verstehe ich so gut
wie nichts vom Spurenlesen. Ich hätte es am Ende doch nur geschafft, mich
umbringen zu lassen. Und Meg und Tildy ... ich bin alles, was sie haben. Nein,
das stimmt nicht ganz. Jetzt haben sie dich, nicht wahr?«
    »Aber du bist ihr Vater.«
    »Und du ihre Mutter.« Er zog den Hocker unter dem Tisch hervor,
setzte sich, stützte die Ellbogen auf den Tisch und sah sie mit seinen grauen
Augen ernst an. »Sie lieben dich, Delia. Das haben wir beide heute abend
gesehen. Und du liebst sie.«
    »Ich liebe sie, Nat«, sagte Delia hastig. Sie war erleichtert,
sich diesem ungefährlicheren Thema zuwenden zu können. »Es sind zwei
wundervolle Kinder.«
    Mit einem scheuen Lächeln zog er den anderen Becher zu sich heran
und fuhr mit der Fingerkuppe über

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