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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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Sachen
eingeräumt und aufgestellt hat, wie sie sich das vorstellt, dann wird es bald
so sein, als hätten wir schon immer hier gelebt.« Sie wird natürlich darauf
bestehen, daß alle Fenster so schnell wie möglich Läden bekommen, dachte
er niedergeschlagen, damit sie die Wildnis aussperren kann. Sie wird auch die
Stadt und die Menschen aussperren – und natürlich auch mich. Dann kann sie in
aller Ruhe am Spinnrad sitzen und spinnen und spinnen und spinnen ...
    Caleb unterdrückte ein Seufzen. Er fragte sich manchmal, wie er
anderen mit Rat und Tat beistehen sollte, wenn er nicht einmal sich selbst oder
Elizabeth helfen konnte.
    »Nein, das ist es nicht«, fuhr er langsam fort. »Aber in den langen
Nächten während des Studiums in Harvard habe ich mir oft meine erste
Pfarrstelle vorgestellt, und in meinen Träumen hatte das Bethaus immer einen
hohen Turm ... mit einem Wetterhahn.« Tyl blickte auf das niedrige, dunkle, aus
Holz gezimmerte Bethaus nebenan. »Richtig, es hat keinen Turm.«
    »Das ist eine Lektion für mich«, sagte Caleb nachdenklich. »Vermutlich
darf man Wunschträumen keine so große Bedeutung beimessen.«
    »Gegen Träume ist nichts einzuwenden«, sagte Tyl, aber es klang
nicht besonders überzeugend.
    Caleb unterbrach das Schweigen
nicht. Auf der Fahrt nach Merrymeeting hatte er mit Tyl oft lange Gespräche
geführt. Sie waren gewissermaßen Freunde geworden, obwohl Caleb sich eingestand,
daß ein Mann wie Tyl eigentlich immer verschlossen blieb. Deshalb fiel es ihm
jetzt schwer, mit ihm über das zu sprechen, was er auf dem Herzen hatte.
    Schließlich beschloß er, direkt zur Sache zu kommen. »Sind Sie
sicher, daß Nathaniel Parker die kleine Delia heiraten sollte?«
    »Nat kann sich glücklich preisen, Delia als Frau zu bekommen!«
erwiderte Tyl heftig. »Sie wird ihm eine gute Frau sein.«
    »Sie verstehen mich falsch.« Caleb holte noch einmal tief Luft.
Dann sagte er diplomatisch: »Ich glaube, Delia wird jeden Mann glücklich
machen, vor allem Sie, denn man kann sehen, daß Delia Sie wirklich liebt ...
Und ich vermute, daß auch Sie ... hm, Delia lieben«, fügte er zögernd hinzu,
da Tyl beharrlich schwieg.
    »Ich liebe sie nicht! Nur weil ich ...« Tyl trat mit der
Stiefelspitze gegen das Holzgeländer. »Mein Gott, Caleb, ich kenne die Liebe
nicht. Ich weiß nicht, was für Gefühle ich haben soll. Vielleicht bin ich
einfach nicht in der Lage zu lieben.«
    »Das glaube ich nicht. Sie sind vielleicht besser als andere Männer
in der Lage zu lieben. Deshalb wehren Sie sich so heftig gegen die Liebe.
Vielleicht glauben Sie auch, daß die Liebe schwach macht oder daß Sie eine
andere Art Schmerz empfinden, wenn ...«
    »Ach
Unsinn!«
    »Gut, seien Sie starrköpfig, verbohrt und eigensinnig!« rief
Caleb und hob erregt die Arme. »Aber das eine sagen ich Ihnen, wenn Mr. Parker
in zehn Tagen Delia heiratet, dann ist die Kleine für Sie auf immer verloren!«
    So, Caleb hatte gesagt, was er sagen wollte. Aber würde Tyl auf
ihn hören?
    Tyl ballte die Hände zu Fäusten. Er ging
stumm die Verandastufen hinunter, aber dann blieb er stehen und drehte sich
noch einmal um.
    Im fahlen Mondlicht wirkte sein Gesicht voller Trauer. »Was soll
ich Ihrer Meinung nach denn tun, Reverend? Soll ich Delia
an Nats Stelle heiraten, weil ich sie möglicherweise liebe, ohne es zu wissen?
Du meine Güte, ich bin mittlerweile so durcheinander, daß ich von Glück sagen
kann, wenn es mir morgens gelingt, die Hose anzuziehen, ganz zu schweigen
davon, genau zu wissen, wo die schmale Grenze zwischen Lust und Liebe liegt.«
Er verzog bitter den Mund. »Ich kann sie wohl kaum zu meiner Geliebten machen,
um herauszufinden, was sie wirklich für mich ist. Das, verehrter Reverend,
würden Sie nicht billigen, und Delia würde mir ins Gesicht springen, wenn ich
ihr das auch nur vorschlagen sollte.«
    »Ja, ich kann Sie verstehen«, sagte Caleb. Er bemitleidete Tyl und
Delia, und er bemitleidete sich selbst. »Aber Liebe ... die sanfte, strahlende
und geistige Form der Liebe gibt es zwischen Mann und Frau nur selten, und wenn
es geschieht, dann ...«
    Tyl lachte bitter. »Ich möchte mit ihr schlafen, nicht aber sie
heiraten! Was zum Teufel ist daran geistig?«
    Caleb
schluckte schwer und senkte den Kopf.
    Tyl kam einen Schritt näher. »Tut mir leid, Caleb, ich wollte Sie
nicht beleidigen.«
    »Ich weiß, wovon Sie sprechen«, sagte er leise und lächelte mit
schmalen Lippen. »Ich bin zwar Pfarrer, aber trotzdem bin

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