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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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ein weißes Kleid aus einem seidigen, gekräuselten
Stoff, der mit Rosen und Blättern wie übersät war. Sie hatte einen blassen Strohhut
mit Gänseblümchen auf dem Kopf. Das ganze Licht der Welt schien sie zu
umfließen und in einem unwirklichen Glanz erstrahlen zu lassen.
    Der kleine Jacko fing an zu
schreien. Deshalb nahm ihn Bria aus dem Korb und legte ihn an die Brust. Shay
erzählte den Mädchen eine Geschichte, während er für das Feuer einen Kreis aus
Steinen legte und Holz darauf schichtete. »Es waren einmal zwei Prinzen, ein
Ire und ein Schotte, die über eine große Insel herrschen wollten, die an sich
ein großes Weltwunder war ...«
    Merry drehte sich so schnell im
Kreis, daß ihre roten Locken flogen, und sie summte laut.
    »Sie will«, sagte Noreen, »den
Namen des irischen Prinzen wissen und ob er hübsch war.«
    »Sein Name war Ivor der Tapfere, und natürlich war er
einer der gutaussehendsten Männer, die je von einer Frau geboren wurden, denn
schließlich war er Ire und sein Großvater ein McKenna.« Bria schnaubte. »Und
als Ire und ein McKenna war er wahrscheinlich auch ein großer Lügner.«
    »War es
vielleicht kein Glück«, fuhr Shay unbeirrt fort, »daß dieser Mann keine Frau
hatte, die immer bereit und willens war, auf seine Fehler hinzuweisen ...? Wie
ich gesagt habe, die beiden Prinzen verabredeten ein Bootsrennen. Versteht ihr,
sie waren nämlich übereingekommen, daß der erste Prinz, der die Insel berühren
würde, auf immer die Krone der Insel tragen sollte. Als der irische Prinz sah,
daß er das Rennen verlieren würde, nahm er sein Schwert, schnitt sich die Hand
ab und warf sie ans Ufer der Insel ...«
    Merry
summte und hüpfte auf und ab.
    »Sie will wissen«, sagte
Noreen, »warum er sich die ganze Hand abgeschnitten hat und nicht nur einen
Finger.«
    »Hm, na ja
...« Shay wiegte bedächtig den Kopf hin und her und fuhr sich mit den Fingern
durch die Haare. »Weil ... weil er einen Finger nicht so weit werfen konnte. Er
brauchte etwas Schwereres. Er brauchte eine ganze Hand.«
    »Hört euch
den Mann an«, unterbrach ihn Bria. »Ihm kommen die Worte ganz leicht über die
Lippen, und sie klingen vernünftig, bis einem klar wird, daß nichts von dem,
was er sagt, einen Sinn ergibt.«
    »Es würde
einen Sinn ergeben, wenn ich meine Geschichte zu Ende erzählen dürfte. In der
Eile, Anspruch auf die Insel zu erheben, vergaß der irische Prinz, daß er zwei
starke Hände brauchen würde, um sein Königreich zu beschützen. Er kam mit der
einen Hand ganz gut zurecht, baute sich ein Haus und pflanzte seine Kartoffeln
an.
    Aber eines Tages kamen die
räuberischen Engländer und der Prinz mußte zusehen, wie alles in ihre gierigen
Hände überging – das Haus, die Felder, ja, die ganze wundervolle kleine Insel.«
    Merry
summte eine traurige kleine Melodie.
    »Sie will
wissen«, sagte Noreen, »ob Miss Emma den räuberischen Engländern die Insel
abkaufen und sie dem Prinzen zurückgeben könnte, damit er glücklich bis zum
Ende seiner Tage dort leben kann.«
    Shay schüttelte seufzend den
Kopf. »Eine solche Insel kann man nur mit dem Blut eines tapferen Kriegers oder
mit einem reinen Herzen kaufen. Außerdem, wer weiß, wenn man einen Yankee aus
Neuengland aufschneidet, ob man überhaupt ein Herz findet oder nur einen
harten schwarzen Stein.«
    »Schäm
dich, Seamus!« Bria sah Emma an, weil sie fürchtete, ihre Freundin sei wieder
verletzt, obwohl er diesmal nur Spaß gemacht hatte. Doch Emma sah ihn
unerschrocken an. Dann streckte sie eine Hand aus. Die Spitze am Ärmel rutschte
etwas zurück und entblößte ein blasses, von blauen Adern durchzogenes Gelenk.
Sie hielt einen runden, rosigen Pfirsich in der Hand und sagte mit ihrer hochmütigsten
Gesellschaftsstimme: »Möchten Sie einen Pfirsich, Mr. McKenna? Aber bitte,
vergessen Sie nicht den Stein, denn man kann sich daran leicht die Zähne
ausbeißen ... nicht wahr?«
    Shay
verzog den Mund zu einem unbekümmerten Lächeln. Er blickte über den Strand zu
der Schaluppe, die auf dem Wasser schaukelte, und dann wieder auf Emma. »Sie
haben eine scharfe Zunge.«
    »Und mit
Sicherheit eine bei weitem flinkere als du«, sagte Bria. Der kleine Jacko hatte
genug getrunken. Er lag zufrieden in ihrem Arm, hielt die geballten kleinen
Fäuste zu beiden Seiten seiner dicken Backen und atmete mit offenem Mund. »Da,
nimm deinen Sohn, er muß jetzt ein Bäuerchen machen. Und wenn du noch mehr
Geschichten erzählst, dann verschone uns bitte mit

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