Penelope Williamson
See.«
»Allmächtiger!« erwiderte Bria.
»Du hast eine seltsame Vorstellung von Spaß, Emma.«
Emma
lachte, und es klang glücklich. »Bitte sag ja, Bria. Bei dem Wind wird es eine
kurze kleine Spazierfahrt sein und höchstens eine halbe Stunde dauern. Wir
werden die ganze Zeit in Sichtweite der Küste segeln.«
»Hm ...«,
Bria unterdrückte ein Lächeln. »Es ist tröstlich zu wissen, daß ich eine
schöne Landschaft vor Augen haben werde, wenn ich ertrinke.« Bria war am Meer
geboren und aufgewachsen, doch sie war noch nie im Leben auf einem Boot
gewesen, wenn man von dem großen Dampfer absah, der sie nach Amerika gebracht
hatte. Fischen war Männerarbeit, und in Gortadoo hatte mit Sicherheit niemand
zum reinen Vergnügen eine schnittige kleine Schaluppe gesegelt.
Die Schaluppe hieß Ikarus. Sie
war nach einem verrückten Griechen benannt, der sich Flügel mit Wachs an den
Rücken geklebt hatte und zu nahe an die Sonne geflogen war – zumindest hatte
ihr Emma das gesagt.
So ein Name, dachte Bria, als
sie mit weichen Knien an Bord ging, trägt mit Sicherheit nicht dazu bei, um
einer Landratte wie mir Vertrauen einzuflößen.
Als sie
ablegten, wollte Bria am liebsten so schnell wie möglich wieder vom Boot
herunter. Der Wind blähte die Segel, und die Schaluppe legte sich so schräg,
daß die Reling buchstäblich das Wasser durchschnitt. Brias Herz erging es wie
einem Fisch im Netz, und es dauerte zwei Dutzend >Gegrüßest seist du
Maria<, bevor sie Emmas lachender Versicherung glaubte, das Boot werde nicht
kentern und sie beide ins Wasser stürzen.
Doch ihr
gefiel die Musik des Segelns – das Rauschen des Windes in den Segeln, das
Spritzen und Klatschen des Wassers am Bug. Bria legte den Kopf zurück, und die
Sonne wärmte ihr das Gesicht. Sie leckte die Lippen und genoß den salzigen
Geschmack der Luft. Sie lächelte, während sie Emma zuhörte, die erklärte, wie
die Segel mit der Windkraft das Boot so verblüffend schnell durch das Wasser
gleiten ließen. Das klang alles so vernünftig, und sie glaubte ihrer Freundin,
obwohl sie wenig von all dem verstand. Ein Glücksgefühl erfüllte sie, und der
Tag wäre vollkommen gewesen, wenn Shay hätte dabeisein können. Aber er schien
in letzter Zeit das Meer offenbar leer zu fischen, damit er das geliehene Geld
zurückzahlen konnte, mit dem er das Fischerboot gekauft hatte.
Sie
steuerten in Richtung Strand und Town Beach. Bria sah staunend, wie der flache
weiße Sandstreifen schnell größer wurde und in der Sonne funkelte und
glitzerte. Als sie einen muschelverkrusteten Landesteg erreichten, wurden die
Segel schlaff. Emma griff nach einer Leine und hob die Röcke, doch anstatt auf
den Steg zu springen, blieb sie plötzlich regungslos stehen, als sei ihr die
Luft weggeblieben. »Was ist los?« fragte Bria und stand mit unsicheren Beinen
auf, denn das Boot schien nie wirklich fest unter ihren Füßen zu sein. Sie
wußte nicht, wie Emma es in den langen Röcken schaffte, sich überallhin zu
bewegen und dabei auch noch diese oder jene Leine oder Schot, wie sie es
nannte, festzuzurren oder zu lockern.
»Nichts«, erwiderte Emma. »Es
ist nur, Mr. ... Mr. McKenna ist doch gekommen.«
»Shay?«
Bria strahlte über das ganze Gesicht, als sie den Karren entdeckte, der gerade
auf den Weg zum Strand abgebogen war. Sie winkte so heftig, daß das Boot
schaukelte und sie sich am Mastbaum festhalten mußte, um nicht zu fallen.
»Heilige Maria, beinahe wäre ich doch noch Schwimmen gegangen!« rief sie
lachend. Doch als sie aufblickte, sah sie, daß Emma immer noch unbeweglich
dastand. Die Leine in ihrer Hand hatte sie vergessen. Ihr Gesicht war blaß und
angespannt. Bria wußte, das hatte etwas mit Shay zu tun. Emma hatte sich in
seiner Gesellschaft nie wohl gefühlt und sie tat alles, bis an die Grenze der
Unhöflichkeit wirklich alles, um ihn zu meiden. Bria dachte, das könne
sie ihr kaum verübeln nach den häßlichen Dingen, die er zu ihr gesagt hatte.
Bria hätte
es Emma nie gestanden, um ihre Gefühle nicht zu verletzen, aber sie war froh,
wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Sie hatte ein komisches Gefühl in
den Beinen, als schaukle immer noch alles unter ihr. Doch dann kamen die
Mädchen über den weißen Sand gerannt. Merry summte so aufgeregt, daß sie am
ganzen Körper vibrierte. Bria sah sich lachend um. Es war eine hübsche Stelle
für ein Picknick. Eine kleine, blumenübersäte Wiese grenzte an den Sandstrand.
Sie wurde von schwarzgrünen
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