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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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Blut und Politik.«
    Shay nahm ihr den Kleinen ab
und legte ihn an seine breite Schulter. Mit einer Hand hielt er Jackos kleinen
Po und tätschelte ihm mit der anderen sanft den Rücken. Die Liebe zu seinem
Sohn ließ den Mund des harten Mannes weich werden, er bekam versonnene Augen
und schwere Lider.
    Es gab eigentlich keinen
bestimmten Grund dafür, daß Brias Blick in diesem Augenblick auf Emma fiel.
Doch als das geschah, erstarrte sie zu Stein und bekam keine Luft mehr, als
habe ihr jemand einen heftigen Stoß gegen die Brust versetzt.
    Emma hatte ihre Augen wie
gebannt auf Shay gerichtet, und auf ihrem schönen Gesicht lag der unverhüllte
Ausdruck ihrer leidenschaftlichen Liebe.
    Von da an beobachtete Bria die beiden. Sie konnte nicht
anders. Bria saß mit dem schlafenden kleinen Jacko in den Armen auf der Decke
und sah zu, wie die beiden Muscheln aus dem Sand gruben und in Eimer warfen.
Sie sah, daß sich Emma große Mühe gab, ihn zu ignorieren, daß sie versuchte, so
zu tun, als sei ihr der Mann in ihrer Nähe gleichgültig. Doch dann lachte Shay
oder sagte etwas Albernes oder Spöttisches zu einem der Mädchen, und Emma sah
ihn an. Es war nur ein flüchtiger Blick, doch Bria entdeckte jedesmal das Verlangen
in ihrem Gesicht, das wie ein Blitz unter der Haut aufleuchtete.
    Bria beobachtete auch Shay, um
herauszufinden, ob er Emma ebenfalls anblickte.
    Als sich Emma auf einen Felsen setzte und Schuhe und
Strümpfe auszog, sagte er zu ihr: »Sie haben lange, schmale Yankee-Füße.«
    »Und Sie haben irische Füße«, erwiderte sie, ohne
nachzudenken, »große irische Füße, mit denen Sie in jedes Fettnäpfchen treten.«
Darüber mußte selbst Bria lächeln. Doch sie dachte auch darüber nach, wie
anders Emmas Stimme geklungen hatte, so, als sei sie völlig außer Atem und
bringe kaum ein Wort hervor.
    Einmal fuhr der Wind unter die
Krempe von Emmas Strohhut, und er verrutschte. Sie tat etwas ganze Einfaches,
etwas sehr Frauliches – sie hob die Arme, setzte den Hut ab und wieder auf. Der
breite Spitzenbesatz der Ärmel fiel zurück, entblößte die weißen Arme, und
ihre Brust hob sich mit dem Rascheln von Seide. Dann neigte sie den Kopf ein
klein wenig zur Seite und steckte die Hutnadeln wieder durch das Stroh. Es war
eine ganz banale Sache, doch Shays Gesicht veränderte sich, als er sie ansah –
nur wenig, nur die Andeutung einer Andeutung, doch es veränderte sich.
    Bria hatte das Gefühl, in ihrem Herzen habe sich ein Loch
geöffnet.
    Sie saß immer noch wie versteinert da, unfähig zu denken und
unfähig zu atmen. Der Wind fuhr durch ihre Haare, durch die Kiefernäste und die
Ahornblätter. Der Himmel war blau, die Bucht noch blauer, und die Sonne schien
warm auf den weißen Sand. Bria sah nichts davon und fühlte nichts davon.
    Sie zuckte
zusammen, als etwas Schweres in ihren Schoß fiel. Sie hob den Kopf und blickte
in Noreens Gesicht. Sie sah, daß sich Noreens Mund bewegte, doch es war, als
sei alles Leben aus der Welt gewichen.
    Dann
endlich erreichten sie Noreens Worte in einer Woge von Tönen, als habe der Wind
sie herbeigetragen. »Mama, sieh mal, was ich im Sand gefunden habe.«
    Bria hob den Gegenstand in
ihrem Schoß auf. »Ich glaube, es ist eine Art Pfeife.«
    »Es ist
eine Indianerpfeife aus Speckstein«, sagte Emma, ihre liebe Freundin Emma, die
Shay mit so großem Verlangen in den Augen angesehen hatte. Aber Bria wußte,
wie es war, wenn man dieses wilde, lodernde Verlangen nach ihm im Herzen hatte.
Sie wußte, wie es war, wenn man spürte, wie man willenlos wurde, wenn man ihn
ansah. »Die Pfeife könnte dem großen König Philip persönlich gehört haben«,
sagte Emma. »Philip war der Große Häuptling der Wampanoags, denen all dieses
Land gehörte, bevor die Siedler kamen und es ihnen wegnahmen.«
    »Ist das
nicht immer so?« sagte Shay.
    Diesmal blickte Emma ihm direkt
ins Gesicht und lächelte. »Zufällig wurde König Philip von einem Angehörigen
seiner eigenen Rasse aus dem Hinterhalt getötet. Die Geschichte würde Ihnen
gefallen, Mr. McKenna, denn sie handelt von Blut und Politik.«
    Emma erzählt die Geschichte von
König Philip, der von einem Indianer getötet wurde, dessen Bruder er mit dem
Tomahawk erschlagen hatte. Als Belohnung
erhielt dieser Mann Philips Hand, die er in einem Eimer voll Rum mit sich trug.
Noreen, die es seltsamerweise immer genoß, sich von grausamen Geschichten zu
Tode ängstigen zu lassen, hörte mit großen Augen und vor Aufregung zitternd

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